Toskanische Verführung (German Edition)
Schultern vor unterdrücktem Gelächter bebten. »Dawkins«, sagte sie mühsam beherrscht, »ich reise ab und lasse Sie als Sündenbock zurück, wenn Sie mir nicht augenblicklich verraten, was dieser Zirkus hier soll.«
»Sie werden den Grafen morgen zu einem Ball begleiten«, sagte Dawkins und ging in die Hocke, um die Schuhe einzusammeln. »Diese passen Ihnen?«
»Ja«, erwiderte Flannery geistesabwesend. »Ein Ball? Ich? Wieso?«
Der Sekretär blickte auf, unverhohlenes Amüsement in seiner Miene. »Er kann ja schlecht mit mir gehen.« Er grinste breit. »Oder mit Maddalena.«
Flannery ließ ihre protestierend erhobenen Hände sinken. »Gehen Sie raus«, sagte sie matt. »Ich möchte mich wieder wie ein normaler Mensch fühlen.« Das Kleid, so leicht es auch auf der Haut lag, schien plötzlich Tonnen zu wiegen. Deshalb hatte er sie also gefragt, ob sie tanzen könne.
Dawkins schloss leise die Tür hinter sich und Flannery sank in einen Sessel, betrachtete ihre Hände mit den praktisch kurzgeschnittenen Nägeln und fuhr sich durch die Haare. Was gefiel ihm nicht an ihrer Frisur? Sie spitzte pikiert die Lippen. Dann stand sie auf und begann, sich aus der Ballrobe zu schälen.
Als sie in Unterwäsche dastand und nach ihrem T-Shirt angelte, beschlich sie das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden. Sie richtete sich auf und sah zur Tür, die fest geschlossen war. Eine Bewegung, die sie im Augenwinkel wahrnahm, ließ sie zum Fenster herumfahren. Dawkins hatte den Vorhang geschlossen, bevor er ging, aber ein Spalt stand offen und in der Dunkelheit glaubte sie, ein Gesicht gesehen zu haben, das sich an die Scheibe presste.
Sie zog hastig das T-Shirt über den Kopf und stürmte zum Fenster, riss es auf. Kühle Luft strich über ihre bloßen Arme und die Härchen darauf richteten sich auf. Die Zypressen rauschten leise mit dem Meer im Duett. Nichts bewegte sich, kein Geräusch deutete darauf hin, dass sich jemand entfernte. Sie hatte sich den Beobachter wohl nur eingebildet. Oder?
Flannery schloss das Fenster, zog den Vorhang dicht davor und stieg in ihre Jeans. Ihre Hände zitterten. Sie musste etwas essen. Sie brauchte ein Glas Wein. Nein, noch besser: einen Brandy. Welch verrücktes Haus, was für ein vollkommen durchgeknallter Hausherr ...
12
Mit einem zweiten Glas des ausgezeichneten Brandys und einer Kanne Kaffee zog sie sich wieder zur ihrer Nachtschicht in die Bibliothek zurück. Wieder stand eine frische Rose auf ihrem Schreibtisch und verströmte einen süßen Duft. Rot, dieses Mal. Flannery schob sie mit einem kleinen, unbehaglichen Gefühl beiseite, damit sie das Glas nicht versehentlich umwarf, und blickte zu Hugos Arbeitszimmer. Ob er der Rosenkavalier war? Das Zimmer war dunkel, er schien nicht da zu sein.
Flannery trank Kaffee und blätterte durch ihre Aufzeichnungen. Dann griff sie kurz entschlossen nach ihrem Smartphone und wählte Kendals Nummer.
Nach dem fünften Klingeln meldete sich eine leise Stimme: »Ja?«
»Kendal, Flannery.«
»Flann? Alles in Ordnung?«
Sie zögerte. »Ja«, sagte sie dann. »Nein. Kenny, gibt es eine Möglichkeit, jemanden als Ersatz für mich zu schicken?«
Er schwieg eine Weile, sie konnte ihn förmlich denken hören. »Flann«, sagte er dann, »Ich wäre dir dankbar, wenn du den Job fertig machst. Was ist denn los?«
Flannery seufzte. »Der Hausherr ist ein wenig exzentrisch. Ich bin nicht sicher, ob ich das hier aushalte.«
»Hm.« Er räusperte sich. Sie konnte sich seine Miene vorstellen, die gerunzelte Stirn, die Geste, mit der er sich die Augen unter der Brille rieb. Kendal war ein feiner Kerl und er hatte es nicht leicht. Bardsley's & Carrington besaßen einen exzellenten Ruf, aber dennoch waren in den letzten Jahren die Geschäfte nicht allzu gut gelaufen. Zwei festangestellte Gutachter waren im letzten Jahr entlassen worden und Flannery arbeitete für ein geringeres Honorar als früher - sie mochte die Arbeit und sie wollte Kendal nicht im Stich lassen.
»Ich kann dich nicht zwingen«, sagte Kendal müde. »Es ist nur so, dass dieser Auftrag wirklich wichtig für uns ist. Wenn ich Phil Lamont sage, dass du die Brocken hingeschmissen hast, treibt ihn das Helmsworth in die Arme, der versucht schon lange, ihn zu ködern.«
Kendals schärfster Konkurrent. Flannery verzog das Gesicht. Phil würde das nicht tun, um ihretwillen nicht, aber das konnte und wollte sie Kendal nicht sagen. »Ich halte durch«, sagte sie. »Mach dir keine Sorgen, Kenny. Ich
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