Toskanische Verführung (German Edition)
will herkommen?« Ihre Gedanken tanzten Tango. Sie hatte Phil schon lange nicht mehr persönlich getroffen. Natürlich telefonierten sie miteinander oder schrieben sich Mails, aber nachdem er Witwer geworden war, hatte er sich in sein Anwesen auf Martha's Vineyard zurückgezogen. Sie hatte ihn mehrmals dort besucht, aber ihr letztes Treffen lag nun schon fast ein Jahr zurück.
»Er ist in Europa«, erwiderte Alessandro und hielt ihr die Tür zu seinem Arbeitszimmer auf. »Und er möchte vorbeikommen, wenn es uns passt. Ich würde ihn gerne zum Essen einladen, dann können Sie ihm die Bibliothek zeigen und eine Einschätzung abgeben. Wann wäre es Ihnen recht?«
Flannery schüttelte den Kopf und lächelte. »Jederzeit«, sagte sie warm. »Phil ist mir jederzeit von Herzen willkommen.« Sie bemerkte den verwunderten, misstrauischen Blick, der sie traf, und ihr Lächeln wurde sarkastisch. »Er ist ein sehr guter Kunde«, sagte sie mit honigsüßer Stimme.
»Hm«, machte der Graf und griff zum Telefon. »Verbinden Sie mich mit Lamont, Dawkins«, bellte er und legte den Hörer wieder auf. Er faltete die Hände und starrte Flannery an. Sie kam nicht umhin, das teure Schimmern seines dunkelgrünen Kaschmirpullovers zu bewundern, der hervorragend zu seiner Augenfarbe passte. So ein Bild von einem Mann - und so eine Mogelpackung! Sie seufzte und setzte sich in den Besuchersessel vor dem Schreibtisch.
»Erzählen Sie mir von Lamont«, forderte Alessandro sie so schroff wie immer auf.
Flannery legte in einer unbewussten Nachahmung seiner Geste die Hände zusammen. »Er ist einer der reichsten Männer der USA«, sagte sie und trennte im Kopf hastig die Fakten, die sie ihm servieren wollte von denen, die sie ihm lieber verschwieg. »Seit einigen Jahren verwitwet, hat keine offiziellen Kinder. Er sammelt Bücher und Kunst, das allerdings eher erratisch.« Sie lächelte. Phils verrückte Kunstsammlung - sie glich dem Sammelsurium eines begeisterten Kindes. Es gab auch durchaus einige wertvolle Stücke darin, aber die Hauptsache hing und stand in Phils Haus herum, weil er den Künstler mochte oder Gefallen an einem Bild oder einer Skulptur gefunden hatte - ganz gleich, was Experten davon hielten. Sie hatte immer gefunden, dass das die einzig vernünftige Art war, Kunst zu lieben und zu sammeln, aber Phil und sie waren in der Hinsicht wohl eher Außenseiter als Mainstream.
»Was grinsen sie so?«, fuhr die Stimme des Grafen in ihre Erinnerungen. Flannery sortierte ihre Gesichtsmuskeln zu einer konzentrierten Miene. »Er hat sein Geld hauptsächlich mit Immobilien und Aktiengeschäften gemacht«, fuhr sie fort. »Phil ist ein gerissener, ausgekochter Geschäftsmann mit einem unglaublich guten Riecher. Privat ist er umgänglich und offen und sehr loyal.«
Alessandro setzte zu einer weiteren Frage an, aber das Telefon unterbrach ihn zu Flannerys Erleichterung. Sie hatte keine Lust, sich über Phil und ihr Verhältnis zu ihm ausquetschen zu lassen. Das ging außer ihrer Familie niemanden etwas an.
Alessandro meldete sich und sprach dann eine Weile mit Phil Lamont. Flannery stellte amüsiert und angewidert zugleich fest, dass der Graf durchaus über ausgezeichnete Manieren und einen geschliffenen Umgangston verfügte, wenn er es darauf anlegte. Sie lauschte mit halbem Ohr und dachte an Phil. Jetzt erst wurde ihr klar, wie sehr sie ihn vermisste, seine ruhige Art, seine tiefe Stimme ... sie lächelte in sich hinein. Er war in Italien, er würde zum Essen kommen.
»Gardner?«, drang Alessandros Stimme scharf durch den Schutzschirm ihrer Geistesabwesenheit. Sie blickte auf und sah, dass er ihr das Telefon entgegenhielt. Flannery griff danach und sagte: »Ja?«, wobei ihr Magen einen erwartungsvollen kleinen Tanz aufführte.
»Flann, mein Liebes«, klang Phils sonorer Bass in ihr Ohr. »Hat er dir gesagt, dass ich komme?«
»Ja, Phil. Ich freue mich sehr. Wir haben uns so lange nicht gesehen.« Sie bemerkte, dass Alessandro ihr einen befremdeten Blick zuwarf und lächelte zuckersüß zurück.
»Ich habe mit Carson gesprochen.«
Flannery runzelte die Stirn. »Oh«, sagte sie. »Bist du deswegen hergekommen?«
Er lachte, tief und rollend. »Nein, nein. Keine Sorge, ich fange nicht plötzlich an, dich zu bemuttern. Es interessiert mich aber, den Besitzer der Bibliothek einmal kennen zu lernen.« In seiner Stimme klang eine sanfte Drohung mit. Flannery lächelte in sich hinein. Wehe, wenn er meinem Mädchen etwas Böses will - das
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