Toskanische Verführung (German Edition)
schreien«, flüsterte eine Stimme in ihr Ohr. »Ganz ruhig.«
Flannery wehrte sich nicht. Sie zwang ihren Atem zur Ruhe und nickte. Die Hand vor ihrem Mund entfernte sich. »Sehr gut«, flüsterte der Mann.
»Hu...«, sie musste neu ansetzen, weil ihre Stimme versagte, »Hugo?« Es gab keinen Hugo. Hugo war eine Einbildung, eine Schimäre, eine Lüge. »Alessandro.«
Sein Atem strich über ihre Wange. Der Eindringling war so groß wie Alessandro. Sie hob die Hand, berührte sein Haar. Weich wie Gefieder. Sie strich über seine Schultern, die breit waren, kräftig. »Sandro«, sagte sie. »Du hast mich so erschreckt. Was ist los? Einbrecher im Haus?« Sie lachte.
Er umfasste ihre Taille und hob sie scheinbar mühelos hoch. Sie hielt den Atem an. Nach wenigen Schritten stießen ihre Beine gegen etwas Hartes, dann landete sie nicht besonders sanft auf ihrem Bett. Der Mann ... Alessandro hielt ihre Handgelenke fest und drückte sie gegen die Matratze. Flannery bekam Angst. »Sprich mit mir«, forderte sie streng, aber ihre Stimme zitterte. »Was soll das, Sandro? Was hast du ...« Etwas Weiches legte sich über ihr Gesicht, Finger zwängten ihre Zähne auseinander, etwas füllte ihren Mund, erstickte ihre Stimme. Stoff? Ein Knebel? Sie versuchte zu schreien, aber der Stoff erstickte sie beinahe. Sie bäumte sich auf. Der schwere Körper hielt sie unten. Sie trat und wand sich, bekam eine Hand frei und schlug nach ihm, traf, hörte ihn den Atem ausstoßen. Ehe sie noch einmal zuschlagen konnte, traf eine Hand hart ihre Wange, ließ Blitze vor ihren Augen entstehen und ihr Ohr klingeln. Sie japste, und während sie noch versuchte, wieder einen klaren Kopf zu bekommen, wurden ihre Handgelenke mit einem festen Griff über ihren Kopf gezogen und mit etwas Nachgiebigem - Stoff? - am Bettgestell festgebunden.
Flannery hörte auf zu zappeln und konzentrierte sich. Was war das für eine Nummer? Was kam jetzt? Wollte er sie vergewaltigen, schlagen, demütigen ... war das Alessandro? Oder vielleicht wirklich jemand Fremdes, ein Einbrecher?
Sie hörte, wie er durch das Zimmer ging. Er bewegte sich leise und trotz der Dunkelheit vollkommen sicher. Er kannte den Raum. Das war kein Fremder.
Flannery konnte nicht schreien, das verhinderte der Knebel, der zu fest saß, um ihn einfach auszuspucken. Anscheinend hatte der Kerl ihn festgebunden, sie hatte es nicht bemerkt. Sie hatte sich übertölpeln lassen wie ein kleines Mädchen.
Mit einem dumpfen, lauten Stöhnen begann sie sich gegen die Fessel an ihren Handgelenken zu stemmen. Ihre Füße waren noch frei, sie konnte versuchen, sich vom Bett fallen zu lassen, vielleicht würde das den Knoten lockern. Die Fessel zog sich stramm, es tat weh.
Ein Licht blendete sie. Starkes Licht, schmerzhaft. Eine LED-Taschenlampe, bläulich, hell wie ein Scheinwerfer. Sie stöhnte und schloss die Augen.
Schritte, etwas wurde auf dem Nachttisch abgestellt. Hände machten sich an ihren Knöcheln zu schaffen, fesselten sie wie ihre Handgelenke ans Bettgestell. Sie blinzelte durch die Wimpern und erhaschte einen Blick auf den Mann, der im Streiflicht neben dem Bett stand. Groß, düster. Ein Gesicht wie eine Teufelsmaske, verzerrt, höhnisch, böse. Das ihr zugewandte Auge wie eine leblose Glasmurmel, kalt und seelenlos. Sie kannte das Gesicht, sie hatte es schon einmal im Licht eines Feuerzeugs gesehen. Alessandro. Und doch nicht Alessandro. Es war wie die Geschichte von Jekyll und Hyde, als hätte eine dunkle, böse, finstere Seite von ihm Besitz ergriffen und in einen Fremden verwandelt. Er beugte sich vor, er hatte etwas in der Hand. Sie kannte auch die Hand, gepflegt, sorgfältig manikürt, schlank und elegant. Es war Alessandros Hand. Und sie hielt ein kleines, bösartig scharf aussehendes Messer.
Ihr Schrei war ein ersticktes Jammern. Das Messer fuhr auf sie zu, tanzte höhnisch vor ihren Augen und senkte sich dann über das Laken, das sie immer noch um den Leib gewickelt trug, auch wenn es inzwischen aufklaffte und sie kaum noch vor seinem Blick schützte. Die Klinge schnitt den Stoff entzwei wie Papier und ritzte ihre Haut am Bauch. Sie spürte einen kleinen kalten Biss und fühlte, wie Blut aus der Verletzung perlte. Wieder der Versuch zu schreien, der in einem erstickenden Hustenanfall endete.
»Du hast mich belogen«, flüsterte er. Es war das erste Wort, das er an sie richtete, seit er sie an der Tür abgefangen hatte. »Mir hast du deine Liebe vorgeheuchelt, aber du fickst diesen
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