Toskanische Verführung (German Edition)
einen verbissenen, stummen Ringkampf verstrickt. Im Flur hörte sie aufgeregte Stimmen. Flannerys getrübter Blick konnte nicht erkennen, wer ihr Retter war, der da im dunklen Zimmer mit dem Teufel rang, der sie zu ermorden versucht hatte. Sie stemmte sich in einem erneuten, schwachen Versuch, sich zu befreien, gegen ihre Fesseln, aber dieses Mal waren die Knoten zu fest geknüpft. Sie gab auf, verfolgte mit vom Schmerz verschleierten Augen den Fortgang des Kampfes. Ihr Peiniger hatte sich aus der Umschlingung des anderen befreien können. Er hielt wohl immer noch das Messer umklammert und hieb damit nach ihrem Retter. Der wich aus, taumelte schwer gegen das Bett und sprang hastig beiseite, als der andere ihn erneut wild attackierte.
»Pass auf«, krächzte sie. »Er will dich ...« Im gleichen Moment vollendete der Teufel eine Finte, die ihren Retter in die Enge trieb, und hob das Messer, um dem anderen die Kehle aufzuschlitzen. Er stieß einen triumphierenden Laut aus, trat einen Schritt vor, um seinem Stoß mehr Kraft zu verleihen, und sein Fuß trat auf das Glas, das Flannery zu Boden gefallen war. Es rollte weg, er schwankte, riss die Arme hoch und fiel gegen den anderen Mann, der ihn in der Parodie einer leidenschaftlichen Umarmung umklammerte.
Durch das gesplitterte Fenster schoben sich zwei andere Männer. Sie zögerten nicht lange, sprangen dem ersten zur Seite und halfen ihm, den Verrückten zu überwältigen. »Ich habe eine Pistole«, sagte einer der beiden. Flannery erkannte Dawkins' Stimme.
»Nicht nötig«, keuchte ihr Retter, ebenso heiser und tonlos wie ihr Peiniger. »Flavio, pack mit an, wir müssen ihn binden. Tun Sie ihm nicht unnötig weh, Dawkins. Hugo ist krank.«
Flannery seufzte tief und flüsterte: »Alessandro.«
Ihr Retter hob den Kopf, seine Augen dunkle Schatten in einem helleren Umriss. »Andrew, machen Sie Licht«, sagte er etwas lauter. »Gardner, sind Sie in Ordnung?«
Flannery lachte zittrig und begann vor Erleichterung zu weinen.
31
Als das Licht endlich anging, hatte Alessandro nur Augen für Flannery. Dawkins und Flavio war es gelungen, Hugo zu fesseln. Er war halb betäubt von einem Schlag, den Dawkins ihm mit dem Pistolengriff verpasst hatte, und wehrte sich nur noch schwach. Er murmelte und lachte, schlug nach ihren Händen wie jemand, der Mücken verjagt.
Flannery lag ausgestreckt und gefesselt auf ihrem Bett, in die Reste eines zerfetzten, blutigen Lakens verstrickt. Sie blutete aus einer Unzahl von Schnitten, ihr Gesicht war zerschlagen, ein Auge beinahe vollkommen zugeschwollen, die Lippen zerbissen und blutig. Sie sah ihn fassungslos an, dann verzog sich ihr Gesicht und sie begann zu weinen. Alessandro stürzte mit einem Fluch zu ihr hin, zerrte an den Fesseln, aber die Knoten waren so fest zugezogen, dass seine Fingernägel abbrachen. Alles, was er denken konnte, war: Mein Fluch. Immer wieder mein Fluch!
Dawkins, der ruhige, besonnene Dawkins, reichte ihm ein Messer und zog dann die Tagesdecke über Flannery, um ihre Blöße zu bedecken. Sie dankte ihm mit einem schwachen Nicken und versuchte, zu sprechen, was ihr offensichtlich Schmerzen bereitete. Alessandro zerschnitt die Handfesseln und gab Dawkins das Messer für die Stoffstreifen, die ihre Fußgelenke ans Bett fixierten. »Flannery«, sagte er und suchte nach Worten. »Ich habe nicht gewusst, was er plant. Ich hätte sofort zu dir kommen müssen.« Seine Hand bewegte sich zitternd über ihrem Gesicht, der blutigen Schulter, wagte nicht, sie zu berühren, um ihr nicht noch mehr Schmerzen zu bereiten. Mein Fluch!
Sie sah ihn an, die ausgestandene Angst, die Schmerzen und der Schock trübten ihren Blick. Sie hob das Kinn, sog scharf die Luft ein, ihr Körper spannte sich an und erschlaffte wieder.
»Das Bein könnte gebrochen sein, fürchte ich«, hörte er Dawkins ruhig sagen. »Wir sollten einen Arzt ...«
»Dr. Collani ist unterwegs«, erwiderte Alessandro. Er hatte Flannerys geschwollene Hand ergriffen und streichelte sie hilflos und zärtlich. »Alles wird gut, Flannery. Ich verspreche es dir.«
Sie lächelte verzerrt, ihr Blick suchte sein Gesicht. »Ich dachte, du ...«, flüsterte sie. Sie wandte das Gesicht zur Seite, sah sich um, und jetzt erst bemerkte er die Würgemale an ihrem Hals. Ihr Blick fand Hugo, der schlaff wie eine Puppe neben dem Stuhl lehnte. Sein Kopf hob sich, als hätte sie ihn gerufen, und er grinste sie an. Er hatte jeden Anschein von Vernunft und klarem Verstand weit hinter
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