Toskanische Verführung (German Edition)
nachzudenken.
»Zwecklos. Er ist seinem Herrchen treu ergeben.« Phil lachte leise. »Er hat eine interessante Vergangenheit, der treue Sekretär. Du solltest ihn mal unter Alkohol setzen und erzählen lassen.«
Sie nickte geistesabwesend. »Mach ich, Papa Bär.«
Bis zum Haus schwiegen sie, dann seufzte Flannery und gab Phil einen Kuss. »Ich bleibe hier«, sagte sie. »Es gibt noch ein paar Dinge, die ich erledigen muss. Bis zum Wochenende.«
»Ich hole dich ab«, versprach er und streichelte ihr über die Wange. »Pass auf dich auf.«
29
Alessandro lauschte dem Flüstern seiner dunklen Hälfte. Gebannt, mit zitternden Händen, in Schweiß gebadet wie im Fieberwahn.
Er saß auf der Terrasse und versuchte, Ruhe für die Nacht zu finden, einen Weg in den Schlaf, der ihn so hartnäckig floh, als das Flüstern ihn aus seiner gedankenleeren Versunkenheit riss.
»Sie hintergeht uns. Sie ist falsch und hinterlistig, eine Schlange in Gestalt der Eva.«
Alessandro beugte sich vor. Die Dunkelheit, aus der die Stimme drang, war tief und erschien ihm wie ein bodenloser Abgrund.
»Was redest du da?«, fragte er.
»Ich habe sie beobachtet«, kam die Antwort. »Sie hat mit dem alten Mann geturtelt, sie haben sich berührt und geküsst. Sie treibt ihr Spiel mit uns. Wir sollten sie dafür bestrafen.«
Alessandro verschränkte die Hände, um ihr Zittern zu beruhigen. »Hugo, du redest irre«, sagte er betont ruhig. »Du meinst Flannery, oder? Ist es nicht ganz und gar ihre Sache, mit wem sie flirtet?«
Das tonlose Lachen war schrecklich. »Flirtet?«, wiederholte Hugo. »Du blinder Narr. Ich weiß doch, dass du sie begehrst. Aber der alte Mann ist das lohnendere Opfer für die Schlange. Er ist ihr hörig. Sie bezahlt ihn mit ihrem Körper. Ich habe sie gesehen! Händchen halten. Küsschen geben, Koseworte flüstern. Du weißt, was sie treiben, wenn sie allein sind - wie sie ihn umschlingt mit ihren wolllüstigen Armen, ihn ansieht mit diesen aufreizenden Augen, ihn küsst mit den Lippen wie dunkle Kirschen, so verlockend, so verdorben …«
Alessandro sagte scharf: »Halt deinen Mund! Sie ist nicht dein Mädchen, Hugo. Das alles geht dich nichts an.« Er lachte, aber es klang in seinen eigenen Ohren gezwungen. »Abgesehen davon denke ich nicht, dass sie und Phil Lamont ein Liebespaar sind.«
»Natürlich nicht«, zischelte die heisere Flüsterstimme. »Du befleckst das Wort ›Liebe‹, wenn du es auf eine solche schmutzige Verbindung anwendest. Der alte Bock und die junge Hure …«
»Hugo!« Alessandro hatte sich halb aus dem Sessel erhoben. »Du wirst, solange du in diesem Haus wohnst, meine Gäste nicht mit unflätigen Schimpfworten belegen. Geh zu Bett. Du bist betrunken.«
Das Flüstern verstummte und Alessandro dachte, dass Hugo gegangen sei, als die Stimme sich erneut vernehmen ließ: »Wir müssen sie bestrafen. Sie darf nicht von hier fortgehen und mit dem alten Mann über uns lachen. Wenn du es nicht tust, mein feiger Bruder, dann werde ich es übernehmen.«
Alessandro sprang auf und stürmte in den Garten, auf die Stimme zu, aber im Schatten verbarg sich kein Menschen, nur Leere und Dunkelheit. Er glaubte, hastige Schritte über den Kies laufen zu hören, eine Tür, die aufging und sich wieder schloss.
Er stand unschlüssig da, seine Hände öffneten und schlossen sich nervös. »Hugo?«, rief er halblaut. Niemand antwortete. Er stieß den Atem aus und ging mit schnellen Schritten zum Haus zurück.
Das warme Licht der Lampe auf seinem Schreibtisch vertrieb einen Teil der Schatten, aber seine Nerven zitterten immer noch wie angeschlagene Saiten. Er zögerte vor einem niedrigen Schränkchen, dann beugte er sich entschlossen vor und holte die Flasche Whisky hervor, die er für Ruggieros seltene Besuche hier verwahrte. Er goss sich eine doppelte Portion ein und stürzte sie in einem Zug hinunter, bevor er sich nachschenkte.
Der ungewohnte Alkohol benebelte seine Sinne beinahe augenblicklich. Alessandro ließ sich in seinen Schreibtischsessel fallen und griff nach einem Moment des Nachdenkens zum Telefon. Er wählte und wartete.
Nach dem zehnten Klingeln wurde abgehoben und eine verschlafen klingende Stimme sagte: »Ja?«
»Ruggiero«, sagte Alessandro, »ich brauche dich. Dringend.«
Der Arzt antwortete nicht gleich, aber als er sich erneut meldete, klang er wach und konzentriert. »Was ist los?«
»Hugo«, sagte Alessandro. Er trank das Glas leer, stellte es hart ab und fuhr fort: »Er dreht durch.
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