Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)
Hier in Hopewell? Wie aufregend!«. Dann hielt sie inne und schaute ihn an. »Werden Sie denn auch Komparsen brauchen?«
»Also, Miss –«
»Mrs Victoria Godwin. Meinem Mann, dem Colonel, gehört das Rockslide Café . Falls Sie Catering benötigen, solange Sie in der Stadt sind.«
»Mrs Godwin.« Er nahm ihre Hand, schüttelte sie, ließ aber nicht gleich los. »Sie werden die Erste sein, an die ich mich wende, sobald wir Komparsen engagieren, glauben Sie mir.«
Sie schmolz dahin. »Vielen Dank! Um was für einen Film handelt es sich denn?«
Dieses Mal war sein Lächeln nicht aufgesetzt. »Einen Horrorfilm. Wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat!« Er lachte in sich hinein. »Sie werden ihn lieben.«
* * *
Sarah starrte Caitlyn eine Weile an. Sie fing an zu schwitzen, gleichzeitig zog sich ihr Brustkorb schmerzhaft zusammen. Sam hatte es fast zwei Jahre lang geschafft, das Geheimnis um sich und Josh zu hüten. Sie wusste erst seit wenigen Stunden davon, und sowohl Alan als jetzt auch Caitlyn hatten es ihr angesehen, als trüge sie ein Neonschild auf der Stirn.
Sie schloss die Augen, fühlte sich unendlich müde. Körperlich, seelisch und emotional ausgelaugt. Nein, das traf es nicht richtig. Was kam nach Erschöpfung? Ein Zusammenbruch.
Keine schlechte Idee. Sarah sackte nach vorne und legte den Kopf auf dem Küchentisch ab, wehrte sich nicht länger gegen ihre Gefühle, die prompt über sie herfielen wie Klapperschlangen, die man aus ihrem Nest aufgescheucht hatte. Eine Sturzflut aus Angst, Wut und Tränen und noch mehr Angst brach über sie herein. Sie zitterte am ganzen Körper, die Schultern hoben und senkten sich, der Kopf bebte auf der Tischplatte.
Caitlyns Stuhl kratzte über den Boden, dann kniete die FBI -Agentin auch schon neben Sarah, legte einen Arm um sie. »Himmel, es tut mir so leid! Ich habe es schon wieder getan. Mrs Durandt, Sarah, tut mir wirklich leid. Atmen sie tief durch! Gut so, das wird schon wieder.«
Sarah hatte beinahe ein schlechtes Gewissen, Caitlyn zu diesen Mitleidsbekundungen getrieben zu haben. Oder war die Reaktion nur gespielt? Caitlyn war damals mit Jack Logan zusammen hierhergekommen – der offensichtlich mehr über Sam wusste, als er irgendjemandem verraten wollte. Bis auf Alan.
Wenn Caitlyn Hal zu Recht verdächtigte, dann konnte Sarah selbst dem Mann nicht mehr trauen, den sie seit zwanzig Jahren kannte. Könnte Hal Sam hintergangen haben? Und sie? Aus reiner Geldgier?
Ihr Atem ging stoßweise. Sam hatte recht. Sie konnte niemandem trauen.
Es lag alles an ihr. Und bislang hatte sie jämmerlich versagt. Wie zum Teufel war es Sam bloß gelungen, in dieser Welt aus Lügen und Verrat nicht den Verstand zu verlieren?
Jetzt erst wurde ihr klar, wie unendlich viel er aufgegeben hatte und was es ihn gekostet hatte, das Richtige zu tun. Wie hätte sie an seiner Stelle gehandelt?
»Ich spreche jeden Tag mit Sam«, sagte Sarah und hob den Kopf. Caitlyn nahm ein Küchenhandtuch, das an der Tür hing, und Sarah wischte sich damit die Tränen aus dem Gesicht und putzte sich die Nase. »Es tut mir leid. Ich bin noch nie derartig vor jemandem zusammengebrochen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich gestern diese Leiche gefunden habe. Ich habe wirklich gedacht, es sei Sam. Dass ich vielleicht endlich ein wenig Frieden finden könnte, wenn ich ihn und Josh wiederhätte.«
Sarah starrte in das gelbe Blümchenmuster auf dem Baumwollhandtuch und hoffte, Caitlyn würde ihr das abkaufen. Die FBI -Agentin schwieg eine ganze Weile, ehe sie sich wieder auf ihren Stuhl setzte.
»Sam hat ihnen also erzählt, er habe mit Chief Waverly über Damian Wright gesprochen. Wann genau haben Sie mit ihm darüber geredet, Mrs Durandt?«
Caitlyn sprach nun mit sanfter Stimme und vermied beflissen jeglichen anklagenden Ton. Als sie aufstand und sich daranmachte, die Teller und Tassen abzuspülen, konnte sie die Blicke der FBI -Agentin im Rücken spüren.
»Wenn einer von uns beiden ohne den anderen unterwegs war, dann haben wir jeden Abend miteinander gesprochen. Am Telefon. Genauso muss es auch an jenem Abend gewesen sein, an dem Sam Hal informiert hat. Ist sicher irgendwo in den Akten vermerkt. Ich habe Ihnen das bestimmt schon erzählt. Ein Vater würde schließlich seiner Frau Bescheid sagen, wenn irgendein Perversling versucht, Fotos von ihrem gemeinsamen Kind zu machen, oder etwa nicht?«
Caitlyn schwieg. Sarah erkannte, dass sie ihr nur Raum gab, sich selbst zu belasten. Ihr leicht
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