Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)
hatte noch nie einen Menschen umgebracht. Und er war nicht sicher, ob er die Nerven dafür besaß.
Seine Narbe juckte, und ihm lief der Schweiß in die Hose. Wenn er zwischen Sarahs Leben und Alans wählen müsste, dann wäre die Entscheidung leicht. Selbst wenn es seinen eigenen Tod bedeuten würde.
Aber was er wirklich brauchte, waren Antworten. Und Zeit. Zeit, um mit Sarah zu sprechen, ihr zu erklären, wo sie Josh finden konnte, wem sie trauen konnte – und wem nicht. »Die Cops haben dich vor zwei Jahren hierhergeführt, habe ich recht?«
Alan nickte. »Ich war derjenige, der Logan und Richland ausbezahlt hat, damals, als sie noch für Korsakov gearbeitet haben. Was glaubst du, wie wir all die Zeugen vor dem Prozess losgeworden sind? Aber du hast uns wirklich überrascht – Korsakov hätte niemals erwartet, dass du uns hintergehst. Ich auch nicht.«
»Und als ich dann Hal von diesem Kerl berichtet habe, der kleine Jungs fotografiert –«
»Hat er Logans Leute angerufen; und Logan hat mich angerufen. Dann habe ich Richland Geld gegeben, damit er dich schnappt. Hat mich nur hunderttausend gekostet. Günstig, wenn man an den Haufen Geld denkt, der mich jetzt erwartet. Doch dann ist Richland verschwunden, und der Plan ist geplatzt.« Alan zuckte mit den Achseln. »Nichts lief wie geplant, aber es hat sich trotzdem zu meinem Vorteil entwickelt. So wie immer.«
»Warum hat Damian Wright zugegeben, mich und Josh umgebracht zu haben?« Sam stellte die Frage, die ihn seit dieser grauenvollen, blutigen Nacht vor zwei Jahren quälte. »Und wie hast du es hingekriegt, dass er sämtliche Gnadengesuche verhindert und stattdessen auf schuldig plädiert hat?«
Alans Zähne blitzten im Mondlicht auf, weiß wie die eines Raubtiers. »Das war der einfachste Teil des Ganzen. Hat mich überhaupt nichts gekostet. Wie sich herausstellte, hatte Damian die ganze Zeit über damit gerechnet, irgendwann gefasst zu werden. Er träumte davon, dass seine Lebensgeschichte der nächste große Hollywood-Blockbuster wird. Wusste sogar, wer die Hauptrolle übernehmen sollte – Tom Cruise. Alles, was ich zu tun hatte, war also, ein paar Verträge fälschen, die ihm Tom Cruise als Star der Damian Wright Story garantierten. Laut Vertrag sollte die Produktion ein Jahr nach Damians Tod beginnen.« Alans Gelächter hallte durch die Nacht. »Mit einem Mal hatte Damian es richtig eilig, den Löffel abzugeben, konnte es gar nicht erwarten, damit der gute Tom ihn unsterblich machen würde.«
Dunkelheit senkte sich über sie. Zwei alte Freunde, die sich bei Vollmond unterhielten. Nur war einer von ihnen ein kaltherziger Killer, und der andere kämpfte um sein Leben.
»Die arme Sarah«, fuhr Alan fort. »Du hättest sie sehen sollen, nachdem Wright gestorben ist, ohne ihr zu verraten, wo er dich und den kleinen Josh begraben hat. Das hat sie beinahe gebrochen. Gut, dass ich dort war, um sie aufzufangen. Wir werden heiraten.«
»Den Teufel werdet ihr tun!«
»Wer sollte uns daran hindern? Ein toter Ehemann, auf den ein Kopfgeld ausgesetzt ist? Sobald du irgendetwas versuchst, wird Korsakov auf sie aufmerksam werden. Und du weißt, wozu er in der Lage ist; hast es mit eigenen Augen gesehen.«
Sam stieg Magensäure in die Kehle. Er wusste tatsächlich ganz genau, wozu der Russe fähig war. Über zwei Stunden lang hatte er mit ansehen und zuhören müssen, wie ein Mann geschrien und um Gnade gebettelt hatte. Als Antwort darauf hatte Korsakov ihm die Haut vom Gesicht gezogen und die Augen mit einem Lötkolben herausgebrannt.
»Du darfst nicht zulassen, dass er Sarah etwas antut«, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Bitte, wenn dir auch nur ein bisschen etwas an ihr liegt –«
Alans glucksendes Lachen war nicht die Reaktion, die er sich erhofft hatte. »Du dämlicher Scheißkerl. Bist du etwa tatsächlich ihretwegen zurückgekommen und nicht wegen des Geldes? Dann muss wohl die Hölle zugefroren sein, denn ich wäre jede Wette eingegangen, dass keine Frau dich jemals dazu bringen könnte, an irgendjemand anders als an dich selbst zu denken.« Er legte den Kopf schräg und starrte Sam fasziniert an, als wäre er ein fremdartiges Tier. »Dieser Ort hat dich weichgekocht, habe ich recht? Du bist auf den Traum hereingefallen. Ein ruhiges Leben mit einer guten Frau an deiner Seite, mit Menschen, die dich für etwas Besonderes halten, obwohl du nur ein übler Gauner bist. Und Sarah. Was würde sie wohl dazu sagen, wenn sie wüsste,
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