Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)
selbst in dem Spiegelbild, wie sie mit der großen Waffe in der Hand dastand, das Gesicht so angsterfüllt wie nie zuvor. Daneben Sam, auch er wirkte absolut verzweifelt und verloren.
Was für ein Paar sie abgaben!
»Keine Zeit mehr zum Verhandeln«, unterbrach Logan ihre Gedanken. »Sam, Sie verschwinden, treffen mich später wieder hier und führen mich zum Geld.«
»Nicht hier«, sagte Sam, dem der Pakt mit dem Teufel ganz offensichtlich zutiefst zuwider war. »Oben, in der Hütte des Colonels.« Er nahm Sarahs Hand fest in seine.
»Nein. Sie bleibt hier«, befahl Logan mit scharfem Unterton. »Woher weiß ich sonst, ob Sie sich an Ihren Teil der Abmachung halten?«
Sam ging mit geballten Fäusten auf ihn zu, doch Sarah trat zwischen die beiden Männer, legte Sam beide Hände auf die Brust. »Er hat recht. Ich sollte hierbleiben.« Sie drehte den Kopf und warf Logan einen strengen Blick zu. »Damit wir sicher sein können, dass er und Alan niemandem verraten, wo Josh sich aufhält.«
Logan nickte mit überlegenem Grinsen. Sie hob ihre Pistole und zielte direkt zwischen seine Augen. »Sam ist vielleicht nicht in der Lage, jemanden kaltblütig zu erschießen, Agent Logan. Aber wagen Sie es bloß nicht, mit dem Leben meines Sohnes zu spielen! Wenn Sie ein falsches Spiel mit uns treiben, werde ich, ohne zu zögern, abdrücken.«
Der knallharte Tonfall ihrer Stimme überraschte sie selbst – der Colonel wäre stolz auf sie gewesen. Sarah wurde jedoch ganz schlecht bei dem Gedanken, dass ihr vielleicht keine andere Wahl bliebe, als ein Leben auszulöschen. Logan schluckte schwer, die Augenwinkel zuckten.
Dann nickte er. »Abgemacht.«
»Geh, Sam! Sofort!«
Sam starrte Logan wütend an, schüttelte den Kopf, gab dann aber nach. »Heute Abend«, versprach er ihr mit einem flüchtigen Kuss auf die Stirn. Dann riss er die Tür auf und rannte in die Nacht hinaus.
Sarah zögerte, dann lief sie ihm nach. Sie musste es ihm sagen – nur für den Fall –, musste die Worte ein letztes Mal sagen.
Er war jedoch schon im Nebel verschwunden. Fort.
Hinter ihr raschelte es. Der Leuchtkegel einer Taschenlampe tanzte durch den weißen Dunst.
»Lassen Sie die Waffe fallen. Sofort!« Eine Frau tauchte neben ihr auf, ein aus den Schatten und Schwaden heraufbeschworener Geist. Da Sarah nicht sofort reagierte, trat die Frau noch einen Schritt auf sie zu, bis auch die Waffe zu sehen war, die auf Sarahs Brust zielte. Es war Caitlyn Tierney, die eines von Hals kakifarbenen Uniformhemden anhatte. »Fallen lassen, Mrs Durandt!«
Sarah konnte sie nicht länger hinhalten. Jetzt tauchte auch Hal aus dem Dunstschleier vor ihr auf, ebenfalls mit gezogener Waffe. »Sarah. Gib mir die Pistole!«
Er kam langsam auf sie zu, aus der entgegengesetzten Richtung wie Caitlyn. Außerhalb ihrer Schusslinie, erkannte Sarah. Du lieber Himmel, dachten die beiden tatsächlich, von ihr ging eine Gefahr aus?
Sie bückte sich und legte Sams Pistole auf der feuchten Erde ab, zuckte dann davor zurück, als wäre die Waffe eine giftige Schlange. Hal streckte ein Bein aus und kickte sie weg, sodass sie auf Caitlyn zuschlitterte.
»Keine Bewegung, Hände hoch!«, rief Caitlyn, die Waffe auf Sarahs Herz gerichtet.
Sarah fuhr bei ihrem Ton zusammen, verharrte erschrocken mit halb erhobener Hand. Hal kam im Halbkreis um sie herum gelaufen und tastete sie ab. Als er Logans Pistole aus ihrem Hosenbund nahm, zuckte sie zusammen. »Ich kann das alles erklären.«
»Das wäre gut«, sagte er. Seine Stimme klang kühl, ohne die Zuneigung, die sie sonst jedes Mal heraushörte, wenn er mit ihr sprach. »Aber in der Zwischenzeit werde ich dir sicherheitshalber mal Handschellen anlegen. Und du solltest jetzt wirklich besser nichts mehr ohne einen Anwalt sagen.«
Sarah hatte das Gefühl, sämtliche Energie flösse aus ihr heraus. Hal zog ihr die Arme hinter den Rücken. Sie bekam einen trockenen Mund. Irgendwie musste sie doch aus dieser Sache herauskommen. Als der kalte Stahl der Handschellen in ihre Haut schnitt, zuckte sie zusammen. Erst jetzt ließ Caitlyn die Waffe sinken und trat näher heran.
»Wer ist sonst noch hier?«, fragte Hal.
»Niemand. Nur ich.« Sie durfte ihnen nichts von Sam erzählen. Musste ihm Zeit verschaffen, egal wie.
Caitlyn trat vor und spähte mit gezückter Waffe in die Hütte. »Nur Sie, ja?«
»Hi, Caitlyn«, rief Logan ihr mit fröhlicher Stimme entgegen. »Würde es Ihnen was ausmachen, mich loszubinden, Liebes? Ich bekomme
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