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Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition)

Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition)

Titel: Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna K.
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nett, aber vom Putzen verstehen sie hier wohl nicht allzu viel«), hat gute Chancen auf einen Preisnachlass.
    Im Diamant waren wir natürlich nicht mit einem dicken Portemonnaie ausgestattet. Hier hieß es: zuhören und freundlich nicken, was das Zeug hält.
    Leider hatte es sich inzwischen herumgesprochen, dass schlechte Bewertungen auf Online-Portalen wenig beliebt sind bei den Hotels, und so kam es vor, dass ich die
Drohung, man werde schon wissen, was man bei Trip-Advisor zu berichten habe, tatsächlich mit einem Rabatt belohnte.
    Zugegeben: Es gibt in jedem Hotel Zimmer, in denen es riecht, nach Tabak oder Muff oder Kanalisation. Zimmer, die etwas älter sind, die noch die alten Möbel haben, die im unrenovierten Flügel liegen, die gar keinen Ausblick haben, die über dem Restaurant liegen. Man kennt diese Zimmer und wenn man an der Rezeption steht und genau weiß: »Heute muss ich diese Zimmer irgendwie loswerden«, läuft im Kopf ein kleines, gemeines Programm ab. Man überlegt sich, welcher Gast dieses Zimmer wohl am ehesten klaglos akzeptieren würde. Paare scheiden schon mal aus, da ist der Mann grundsätzlich beschwerdefreudig – jedenfalls mögen es Männer, sich vor ihren Frauen bei uns zu beschweren. Hotelrezeptionen sind einer der wenigen Orte, an denen sich Männer noch richtig aufplustern können. Hier darf der Mann noch laut, energisch und nach Belieben unsachlich und unverschämt sein und hinterher wird er dafür belohnt, mit einem besseren Zimmer oder einem anderen Upgrade.
    Meistens bekommen die Schüchternen die schlechten Zimmer, die, die so aussehen, als verreisten sie nur alle Schaltjahre mal. Das ist ungerecht, ich weiß. Ich habe mich auch dafür geschämt. Nur wer hat, dem wird gegeben  – heißt es nicht so? Im Hotel ist das eine goldene Regel.
    Erst recht gilt das für diejenigen Gäste, die in eine der VIP-Kategorien fallen. Jedes Hotel hat da seine ganz
eigene Skala. Im Diamant hatten wir insgesamt sieben Kategorien, VIP 1 bis VIP 7.
    VIPs bekommen Obstkörbe und Sekt umsonst, VIPs zahlen weniger für das gleiche Zimmer als normale Gäste. VIPs, das sind je nach Hotel weltbekannte amerikanische Schauspieler oder aber Dutzende Vorabendserien-Darsteller. Im Diamant kamen die VIPs vor allem aus den Chefetagen von Unternehmen, und ab und an verirrte sich auch mal ein Musical-Star nach Tempelhof. Ihre Büros riefen an, verhandelten mit dem Sales Management und vereinbarten Raten, von denen der Rentner oder das junge Paar um die dreißig nur träumen kann.
    Kommen VIPs, so die Hoffnung der Hoteliers, strahlt ein wenig von ihrem Glanz auf das Hotel ab. Niemand kann sagen, ob diese Rechnung aufgeht.
    Und welcher Glanz geht von VIPs aus, die jemand wie ich, die ich durchaus Klatschzeitschriften lese, niemals erkennen würde? Oder von solchen, die ich zwar erkenne, weil sie in einer ehemals erfolgreichen Band gesungen haben, und die es für VIP-gemäß halten, einem wortlos den Zimmerschlüssel auf den Tresen zu knallen, was wohl so viel bedeutet wie: »Vielen Dank, dass ich bei Ihnen übernachten durfte. Die Rechnung stellen Sie bitte an mein Management, die Adresse haben Sie ja. Einen schönen Tag noch!«
    So etwas blieb die große Ausnahme im Diamant, weil hier fast gar keine Prominenz verkehrte, was uns allerdings überhaupt nicht daran hinderte, bei jedem Einzelnen, der nur deswegen VIP war, weil er schon zum dritten Mal da war, intensiv darüber zu diskutieren, ob er nun
eher VIP 3 oder VIP 4 war. Das machte immerhin einen großen Unterschied: Gibt es die Mineralwasserflasche umsonst dazu oder nicht?

Die Visa-Affäre
    Gleich am ersten Tag war mir aufgefallen, dass die Kolleginnen am Empfang – außer meiner Kollegin Charlene und Frau Küttner gab es da noch zwei weitere, das Diamant leistete sich also den mit Abstand am besten besetzten Empfang ganz Berlins – sich sehr intensiv mit den Reservierungslisten beschäftigen. Charlene hantierte dabei mit drei verschiedenen Textmarkern und malte die ganze Liste an. Normalerweise werden in einem Hotel die Reservierungslisten für den nächsten Tag am Vorabend noch einmal überprüft: Wer bekommt voraussichtlich welches Zimmer, stimmen die Namen? Das ist eine Sache für eine Person und dauert vielleicht eine halbe Stunde für hundert Gäste. Hier fing man schon nachmittags um drei mit den Listen an.
    Als ich zaghaft fragte, was genau da gerade vonstattenging, reagierte die Kollegin am Textmarker, als hätte ich nach der Geheimnummer für

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