Total Control (Das Labyrinth)
n zende W ohnzi mm er begab, wo Sidney sie in einem ständig wachsenden Haufen Spielzeug wühlen hörte, der seit dem vorigen Jahr eine Ecke des Rau m es füllte. Sidney öffnete den Schr a nk und holte auto m atisch zwei Kaffeebecher heraus. Auf halbem W eg zur Kaffee m aschine hielt sie inne. Ein paar Sekunden stand sie da und schwankte leise hin und her und biß sich dab e i fest auf die Lippe, bis der Drang zu schreien nachließ. Sie f ühlte sich, als hätte sie je m and in der Mitte durchgeschnitten. Sie stellte einen Becher zurück und trug ihren Kaffee sowie eine Schüssel heißen Haferschleim zu dem kleinen Küchentisch aus Kiefernholz hinüber.
Sie schaute zum W ohnzi mm er. »A m y. A m y, Liebling, Zeit fürs Frühstück.« Sidneys Sti mm e war kaum lauter als ein Flüstern. Ihre Kehle brannte entsetzlich. Der gesa m t e Körper schien sich in einen einzigen, gewaltigen Sch m erz verwandelt zu haben.
Das kleine Mädchen stür m t e durch die Tür. A m ys Nor m algeschwindigkeit entsprach der Höchstgeschwindigkeit anderer Kinder. In den Händen trug sie einen Plüschtiger und einen Bilderrah m en. Mit leuchtenden Augen rannte sie auf ihre Mutter zu. Das noch leicht feuchte H aar war oben glatt, an den Enden wellte es sich bereits ein wenig.
Als A m y das Foto von Jason hochhielt, stand Sidney plötzlich der Verstand still. Erst letzten Monat war es au f geno mm en worden. Er hatte draußen im Garten gearbeitet. A m y hatte sich an ihn herangeschlichen und ihn m it dem Gartenschlauch naßgespritzt. Letztlich war Tochter auf Vater geendet, in einem rot, orange und gelb schi mm ernden Laubhaufen.
»Daddy ? « A m ys Gesicht verriet Besorgnis.
W eil Jason drei Tage wegbleiben wollte, hatte Sidney sich bereits darauf eingestellt, ihrer Tochter Jasons Abwesenheit erklären zu m üssen. Großer Gott! Nun erschienen drei Tage wie drei Sekunden. W ährend sie dem kleinen Gesichtchen zulächelte, stählte sie sich.
»Daddy ist fort, m ein Liebling«, begann sie, unfähig, das Zittern in ihrer Sti mm e zu unterdrücken. »Jetzt sind nur wir beide da, ja? Bist du hungrig? W illst du was essen ? «
»Mein Daddy? Daddy arbeitet ? « beharrte A m y, die m it dem pu mm eligen Zeigefinger auf das Foto deutete.
Sidney hob ihre Tochter auf den Schoß. »A m y, weißt du, wer dich heute abholen ko mm t ? «
Erwartungsvoll blickte A m y ihre Mutter an.
»Gra m ps und Mi m i .«
Der Mund des Kindes bildete ein großes Oval, dann brach ein strahlendes Lächeln hervor. Begeistert nickte sie und blies einen Kuß in Richtung des Kühlschranks, auf dem ein Bild ihrer Großeltern haftete. »Ga m ps, Mi m i .«
Vorsichtig nahm sie A m y das Foto von Jason aus der Hand. Gleichzeitig zog sie die Schüssel m it Ha f erschleim heran.
»Jetzt m ußt du aber essen, bevor du gehst, ja? Da sind Ahornsirup und Butter drin, das m agst du doch so gern.«
»Ich. Ich!« A m y kletterte aus Sidneys Schoß auf ihren Sessel. Behutsam hantierte sie m it dem Löffel herum und tauchte ihn gierig in den Haferbrei.
Sidney seufzte und hielt sich die Hand vor die Augen. Sie versuchte, sich zu beherrschen, dennoch drang ein tiefes Schluchzen aus ihrer Kehle. Schließlich flüchtete sie aus dem Raum und nahm das Foto m it. S i e lief über die Treppe hinauf ins Schla f zi mm er, stellte das Foto ins oberste Regal f ach, warf sich aufs Bett und erstickte ihr Schluchzen m it dem Kissen.
Ganze fünf Minuten verstrichen; unver m indert dauerte der Ausbruch an. Für gewöhnlich ver m ochte Sidney den Aufenthaltsort ihrer Tochter m it der Genauigkeit eines Radars zu besti mm en, dies m al jedoch be m erkte sie das kleine Mädchen erst, als sie die winzige Hand an ihrer Schulter zerren fühlte. Schließlich legte A m y sich neben ihre Mutter und vergrub das Gesichtchen an ihrer Seite.
A m y erblickte die Tränen und rief: »Oh, Ma m i weint, Ma m i weint!«, als sie die feuchten W angen betastete. Sie nahm das Gesicht ihrer Mutter in die Händchen und brach ebenfalls in Tränen aus, während sie angestrengt versuchte, die W orte hervorzubringen. »Ma m i traurig ? « Die nassen Gesichter berührten sich, Tränen ver m ischten sich. Dann richtete Sidney sich auf, u m ar m t e ihre Tochter und wiegte sie auf der weichen Matratze hin und her. Ein Rest Haferschleim klebte an A m ys Mund, die Augen waren gerötet und halb geschlossen. Sidney verwünschte sich im stillen dafür, daß sie zusa mm engebrochen war und ihre Tochter zum W einen gebracht
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