Total Control (Das Labyrinth)
hatte, doch nie zuvor war sie von derart über m ächtigen E m pfindungen gepackt worden.
Nach einer W eile verebbten die W einkrä m pfe. Zum hundertsten m al rieb Sidney sich die A ugen; endlich waren keine neuen Tränen m ehr da, um die alten zu ersetzen. Ein paar Minuten später trug sie A m y ins Badez i mm er, wischte ihr das Gesicht ab und gab ihr einen Kuß.
»Es ist alles in Ordnung, Baby. Ma m i geht’s wieder gut. Nicht m ehr weinen!«
Nachdem auch A m y sich endlich beruhigt hatte, holte Sidney aus der Badewanne ein paar Spielsachen, m it denen sie sich beschäftigen konnte. In der Zwi s chenzeit kletterte Sidney rasch unter die Dusche, danach zog sie einen langen Rock und einen hochgeschlossenen Pullover an.
Pünktlich um neun Uhr klop f ten Sidneys Eltern an die Tür. A m ys Tasche war bereits gepackt, das kleine Mädchen zur Abreise bereit. Ge m einsam gingen sie hinaus zum W agen. Sidneys Vater trug A m ys Tasche. Ihre Mutter hatte A m y bei der Hand geno mm en.
Bill Patterson legte seiner Tochter den krä f tigen Arm um die Schultern. Seine eingesunkenen Augen und herabhängenden Schultern verrieten, wie schwer ihn die Tragödie getroffen hatte.
»Herr im Hi mm el, ich kann es i mm er noch nicht fassen, Liebling. Noch vor zwei Tagen habe ich m it Jason gesprochen. W i r wollten diesen W i nter zum Eis f ischen nach Minnesota fahren. Nur wir beide.«
»Ich weiß, Paps, er hat m i r davon erzählt. Er hat sich so darauf gefreut.«
W ährend ihr Vater A m ys Gepäck im W agen verstaute, gurtete Sidney ihre Tochter im Kindersitz an und drückte ihr den Teddy in die Hand. Danach u m ar m t e sie A m y innig und küßte sie zärtlich.
»Ich ko mm e bald nach, m ein kleines Püppchen. Versprochen.«
Sidney schloß die Tür. Ihre Mutter ergriff ihre Hand.
»Sidney, bitte ko m m m it uns. Du solltest jetzt nicht allein sein. Bitte.«
Sidney drückte die zierliche Hand ihrer Mutter. »Ich brauche ein wenig Zeit für m i ch allein, Ma m a. Ich m uß über alles nachdenken. Es dauert nicht lange. Einen Tag oder zwei, dann ko mm e ich nach.«
Ihre Mutter m usterte sie noch eine W eile, dann zog sie Sidney in eine inbrünstige U m ar m ung; die zerbrechliche Gestalt bebte am ganzen Leib. Schließlich stieg ihre Mutter ins Auto; ihr rundliches Gesicht war tränenversch m i ert.
Sidney sah zu, wie der W agen aus der Au ff ahrt rollte. Sie starrte auf den Rücksitz, wo ihre Tochter den geliebten Plüschbären u m kla mm erte und einen Dau m en fest in den kleinen Mund steckte. Ein paar Augenbli c ke später bog der W agen um die Kurve und war verschwunden.
Mit den trägen, unsicheren Bewegungen einer alten Frau schlich Sidney zurück zum Haus. Dabei fiel ihr etwas ein. Von neuer Energie er f üllt, rannte sie f ör m lich los.
Drinnen rief sie die Auskunft für Los Angeles und U m gebung an und ließ sich die Nu mm er von AllegraPort Technology geben. W ährend sie die Nu mm er wählte, überlegte sie, warum nie m and sich ge m eldet hatte, nachdem Jason nicht auftauchte. Auch auf dem Anrufbeantworter war keine Nachricht von AllegraPort hinterlassen worden. Eigentlich hätte sie aufgrund dieser Tatsache bereits Verdacht schöpfen m üssen, doch sie tat es nicht.
Nachdem sie m it drei verschiedenen Leuten der Fir m a gesprochen hatte, legte sie kraftlos den Hörer auf. Blicklos starrte sie an die Küchenwand.
Nie m and hatte Jason den Posten des Vizepräsidenten bei AllegraPort angeboten. Tatsächlich hatte m an dort noch nie von ihm gehört.
Abrupt setzte Sidney sich auf den Boden, zog die Knie an die Brust und weinte sich die Seele aus dem Leib. Jeder Verdacht, den sie da m als gehegt und später verworfen hatte, stieg wieder in ihr hoch. Das plötzliche W i ederauffla mm en drohte, sie der letzten Verbindung zur W i rklichkeit zu berauben, die sie noch verspürte. Mühsam quälte sie sich auf die Beine und steckte den Kopf unter den W asserhahn des Spülbeckens. Das kalte W asser belebte sie ein wenig. Sie wankte zum Tisch hinüber, wo sie das Gesicht in den Händen vergrub.
Jason hatte sie belogen. Soviel stand nun fest. Jason war tot. Auch das war unu m kehrbar. Die W ahrheit, so schien es, würde sie nie erfahren.
Bei diesem letzten Gedanken versiegten endlich die Tränen, und sie schaute aus dem Fenster in den Hinterhof. W ährend der letzten beiden Jahre hatten Jason und sie dort Blu m en, Sträucher und Bäu m e gepflanzt. Seite an Seite hatten sie auf ein ge m einsa m es Ziel
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