Total Recall
Bahnlinie – den großen Reibach machen. Dank Jimmy Carters Programmen zur Abmilderung der Ölkrise boomte in Denver das Energiegeschäft, und ein Immobilienkonsortium plante ein dreißigstöckiges Hochhaus auf unserem Grund und Boden. Wir wollten gerade die Papiere unterzeichnen, als Reagan Präsident wurde und die Inflation zum Stoppen brachte. Plötzlich hatten Energie und Immobilien einen völlig anderen Stellenwert. Das Projekt wurde begraben. »Das Wirtschaftswachstum lässt nach«, erklärte uns der Bauunternehmer, »das Geld ist nicht so leicht verfügbar wie gedacht. Die Exploration von Ölschiefer wurde eingestellt. Das Projekt lässt sich nicht verwirklichen.« Später, als das Baseballstadion Coors Field einen Block weiter gebaut wurde, kam unser Zahltag dann doch noch. Aber viele Jahre lang war das Grundstück in Denver ein ähnliches Luftschloss wie der Überschallflughafen, auf den Franco und ich Jahre zuvor gesetzt hatten. Auf dem Immobilienmarkt, auf dem man höhere Risiken eingeht, um größere Gewinne zu erzielen, waren Schwankungen völlig normal. Reagan tat das Richtige, indem er sich für steigende Zinssätze starkmachte, doch für uns war das eher ungünstig.
Die Immobiliengeschäfte, die sich unter der Regierung Reagan für mich auftaten, lagen näher an unserem Zuhause. Die Main Street in Santa Monica war, wie Al und ich das gehofft hatten, im Wandel begriffen. Die Alkoholiker und Obdachlosen wichen nach und nach kleinen Restaurants, Läden und ihren Kunden. Endlich sagten die Leute: »Gehen wir in die Main Street.« Im Süden hatte sich die Wiederbelebung allerdings noch nicht bis an die Grenze zwischen Santa Monica und Venice fortgesetzt, wo Al und ich einen Straßenblock mit unbebauten Grundstücken besaßen. Das Land gehörte zum alten Straßenbahnnetz der Red Cars, das in den vierziger Jahren die Innenstadt von Los Angeles mit Santa Monica und Venice Beach verband. Dieser Abschnitt war jetzt Niemandsland. Das letzte Gebäude am Ende der Main Street war eine Bar, das Oarhouse. Daneben befand sich ein Reformhaus, das von Leuten mit Turban betrieben wurde, und gegenüber eine kleine Synagoge und ein mit Brettern vernagelter Bau, der einem berühmten Komiker gehörte. Die Läden dort waren alle billig zu haben, viele waren von Religionsgemeinschaften und Sekten besetzt, unter anderem Scientology. Die Gegend war unglaublich heruntergekommen. Man sah keine Fußgänger und kaum Geschäfte in der Nähe. Wir wollten ein schönes, nicht allzu hohes Gebäude aus rotem Backstein bauen, das den gesamten Straßenblock einnahm. Läden auf Straßenniveau und Büros in den oberen Stockwerken sollten wie ein Magnet auf andere Investoren und Geschäftsleute wirken, die sich sagten: »Wow, wenn die so weit südlich bauen, dann sollten wir das vielleicht auch tun.«
Für uns war es ein großer Brocken, ein Projekt mit einem Volumen von 7 Millionen Dollar und einer Fläche von 3500 Quadratmeter. Das Kapital sollte aus dem Verkauf des Bürogebäudes kommen, das wir weiter oben in der Main Street renoviert und im letzten Jahr der Carter-Ära mit einem Gewinn von 1,5 Millionen Dollar verkauft hatten. Al und ich wollten das Risiko gering halten, indem wir dafür sorgten, dass das Gebäude vom ersten Tag an vollständig vermietet war. Zu diesem Zweck stellten wir eigens eine Diashow zusammen, mit der wir die kommenden herrlichen Zeiten des Viertels anpriesen. Auf diese Art erreichten wir unser Ziel.
Ich konnte das Viertel wirklich ziemlich gut einschätzen, weil ich mein Büro noch immer dort hatte. Oak Production (benannt nach meinem Spitznamen im Bodybuilding: »Austrian Oak« – die österreichische Eiche) hatte im Gebäude eines ehemaligen Gas-Unternehmens in Venice Eckräume im Dachgeschoss bezogen, nur eine Seitenstraße von der Main Street entfernt. Die hohen Räume hatten eine breite Fensterfront, weiß getünchte Backsteinwände und Oberlichter. Inspiriert vom Centre Pompidou in Paris hatte ich die Idee gehabt, die Rohre offen liegen zu lassen und rot und blau zu streichen. Das kam allgemein gut an. Das Büro war mit alten Eichenmöbeln eingerichtet, und der rote Teppich und das blaue L-förmige Sofa gegenüber meinem Schreibtisch gaben ihm einen gewissen patriotischen Touch. Zwischen den Arbeitsplätzen befanden sich Glaswände, sodass wir uns sehen konnten, und in einem abgetrennten Bereich hatten wir in Wandschränken die T-Shirts und Broschüren für den Arnold-Versandhandel.
Da das
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