Total Recall
stürzen. Im Leben der Kennedys hatten Attentate eine tragische Rolle gespielt, und sie waren daher sehr waffenkritisch eingestellt. Was also hatte ich auf einem Empfang der NRA zu suchen?
Daran dachte ich in diesem Moment aber nicht. Andernfalls wäre ich vernünftig genug gewesen, nicht zu dieser Veranstaltung zu gehen. Dort angekommen, wurden mir sogleich allerlei Fragen gestellt. Ob ich als angeheirateter Kennedy die NRA unterstützte? Wie stand ich zu automatischen Waffen? Was hielt ich von den sogenannten »Saturday Night Specials«, also Billigwaffen? Was hielt ich von Scharfschützengewehren? Von Munition, die die kugelsicheren Westen von Polizisten durchschlägt? Ich hatte keine Antworten parat. Ich war Mitglied der NRA, weil ich das verfassungsmäßige Recht, Waffen zu tragen, befürwortete, aber ich hatte mich nicht auf all diese Fragen vorbereitet. Man fragte mich sogar nach meinem Besuch des republikanischen Parteitags. Ob das ein Akt der Auflehnung gegenüber der Familie Kennedy sei? In Wahrheit machte das keinem der Kennedys etwas aus, erst recht nicht Sargent und Eunice, die für ihre Aktivitäten die Unterstützung beider Parteien brauchten und auch republikanische Abgeordnete zu sich nach Hause einluden. Doch mir wurde klar, dass die NRA ein Problem für mich war, und ich verließ den Brunch noch vor der ersten Rede, damit meine Anwesenheit dort nicht zum Thema wurde. Mit meinem Besuch des Parteitags hatte ich George Bush unterstützen wollen, und mir war es lieber, wenn die Journalisten darüber schrieben als über Waffen.
Ich musste mir über meine Rolle erst noch klarwerden. Ich war noch nicht daran gewöhnt, als Ehemann von Maria derart unter Beobachtung zu stehen. Die Aufmerksamkeit, die ich als ein Mitglied des Kennedy-Klans erhielt, übertraf den üblichen Medienrummel, der um einen Schauspieler veranstaltet wird, und das bekam ich hier zum ersten Mal negativ zu spüren. Ich blieb auf dem Republikanischen Parteitag, sagte aber die Termine des Unterstützerteams mit den Delegationen aus den Bundesstaaten ab.
Der Wahlkampf in jenem Herbst zwischen George Bush und Michael Dukakis spitzte sich auf die Frage zu, ob die Amerikaner den von Reagan vorgegebenen Kurs guthießen oder nicht. Kurz vor der Wahl lud mich der Vizepräsident ein, ihn auf seiner Tour zu begleiten. »Würden Sie nächste Woche mit mir auf Wahlkampf gehen?«, fragte er am Telefon. »Ich würde Sie furchtbar gern auf einigen Veranstaltungen vorstellen.« Bush lag in den Meinungsumfragen mittlerweile klar vor Dukakis. Meine Aufgabe sollte es sein, die Leute noch einmal zu mobilisieren, um dafür zu sorgen, dass der positive Trend nicht abriss. Ich sagte zu, denn einen Flug in einer »Air Force Two« wollte ich mir nicht entgehen lassen.
Ein paar Tage vor der Wahl besuchten wir Ohio, Illinois und New Jersey. Peggy Noonan saß mit im Flugzeug und half in den letzten Tagen des Wahlkampfs nach Kräften. Sie war eine ausgezeichnete Redenschreiberin, die auch viele von Reagans wichtigen Reden verfasst hatte. Von ihr stammte zudem die beeindruckende Dankesrede, die ich Bush in New Orleans anlässlich seiner Nominierung hatte halten hören. Besonders gut gefiel mir der Teil, in dem Bush erklärte, warum er Präsident Reagans Nachfolger werden müsse: »Im Jahr 1940, als ich noch ein Junge war, sagte Franklin Roosevelt, man solle die Pferde nicht mitten im Fluss wechseln. Meine Freunde, heute bewegt sich die Welt noch schneller, und nach zwei großartigen Amtszeiten wird nun ein Schnitt stattfinden. Aber wenn man die Pferde schon mitten im Fluss wechseln muss, ist es da nicht vernünftig, dass man auf eins setzt, das in dieselbe Richtung unterwegs ist?« In dieser Rede erklärte Bush seinen Wählern auch: »Lesen Sie es mir von den Lippen ab: Keine neuen Steuern!« Dieses Versprechen sollte ihm zwar später noch Ärger einhandeln, aber die Worte waren sehr eindrucksvoll. Am Tag nach jener Rede schossen seine Umfragewerte nach oben. Er hatte Führungsstärke bewiesen. Er hatte Entschlossenheit gezeigt. In Amerika war klar, dass dies unser nächster Präsident war.
Das erste Ziel unserer Tour war Columbus, wo mein Freund und Geschäftspartner Jim Lorimer eine Wahlveranstaltung mit fünftausend Bürgern organisiert hatte, auf einem Platz neben dem Hauptsitz seines Unternehmens Nationwide Insurance. Es war ein herrlicher Tag, sonnig und kühl, und die Angestellten des Versicherungsunternehmens durften zu der Veranstaltung gehen, damit der
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