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Total verhext

Total verhext

Titel: Total verhext Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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etwas zu finden, das mehr harte Realität barg als Zwergenbrot.
    Später gingen sie und der oberste Zwerg fort, um ein Gespräch unter vier Augen zu führen.
    Sie teilte den anderen beiden Hexen nicht mit, welches Thema sie erörtert hatten, und weder Nanny noch Magrat wagten es, sie danach zu fragen. Derzeit flog Oma etwa zwei Meter vor ihnen.
    Gelegentlich murmelte sie etwas, das wie »Feen!« und »Übungen!« klang.
    Selbst Magrat, die über weitaus weniger Erfahrung verfügte, fühlte Gennua nun, auf die gleiche Weise wie ein Barometer, das auf den Luftdruck reagiert. In Gennua erwachten Geschichten zum Leben. In Gennua sorgte jemand dafür, daß Träume Wirklichkeit wurden.
    Erinnern Sie sich an einige Ihrer Träume?
    Gennua erstreckte sich im Delta des Flusses Vieux, der Quelle für den Reichtum der Stadt. Und Gennua konnte durchaus als reich bezeichnet werden. Einst war hier die Flußmündung und ihr Verkehr auf eine Weise kontrolliert worden, die nur deshalb nicht Piraterie genannt werden durfte, weil die lokale Regierung diese Maßnahmen durchführte – deshalb gab es überhaupt nichts an ihnen auszusetzen. Die nahen Sümpfe und Seen lieferten Ingredienzen für eine Küche, die weltberühmt hätte sein können, wenn das Reisen auf der Scheibenwelt beliebter gewesen wäre.
    Nun, Gennua war reich, träge und unbedroht. Früher hatten die Bewohner einen großen Teil ihrer Zeit jenen für Stadtstaaten typischen bürgerlichen Aktivitäten gewidmet. Um nur ein Beispiel zu nennen: Einst hatte sich Gennua die größte Filiale der Assassinengilde außerhalb von Ankh-Morpork geleistet, und ihre Mitglieder waren so beschäftigt gewesen, daß man monatelang auf die Durchführung eines Auftrags warten mußte. 17
    Schon seit Jahren gab es keine Assassinen mehr in der Stadt. Selbst Schakale konnten etwas verabscheuen.
    Gennua war wie ein Schock. Aus der Ferne betrachtet wirkte die Metropole wie ein komplexer weißer Kristall, der aus dem Grün und Braun des Sumpfes wuchs.
    Bei geringerer Distanz bot sich den Augen des Beobachters folgendes dar. Zuerst sah er einen Außenring aus kleinen Gebäuden, darin einen inneren Ring aus großen, eindrucksvollen weißen Häusern. In der Mitte erhob sich ein Palast. Er war groß und hübsch, und mit seinen vielen Türmchen wirkte er wie ein nach Maß angefertigtes Spielzeugschloß. All die dünnen Türme schienen dazu bestimmt zu sein, gefangene Prinzessinnen aufzunehmen. Magrat schauderte. Doch dann dachte sie an den Zauberstab. Als gute Fee trug sie Verantwortung.
    »Erinnert mich an eine weitere Geschichte der Schwarzen Aliss«, sagte Oma Wetterwachs. »Sie sperrte ein Mädchen mit langen Zöpfen in einen solchen Turm. Hieß Rumpelschtilltzchen oder so.«
    »Aber die Eingesperrte konnte sich befreien«, erwiderte Magrat. »Ja, es kann nicht schaden, das Haar offen zu tragen und es herabzulassen«, meinte Nanny.
    »Ha!« schnaufte Oma. »Folkloristische Mythen.«
    Sie näherten sich der Stadtmauer. »Es stehen Wächter am Tor«, stellte Magrat fest. »Fliegen wir einfach über sie hinweg.«
    Oma Wetterwachs blickte aus zusammengekniffenen Augen zum höchsten Turm. »Nein. Wir landen und gehen zu Fuß. Um niemand zu beunruhigen.«
    »Da drüben gibt’s einen geeigneten Landeplatz.« Magrat streckte die Hand aus. »Dort ist alles hübsch grün und flach.«
     
    Oma schritt versuchsweise auf und ab. Ihre Stiefel quietschten, und Wasser quoll aus ihnen hervor.
    »Um es noch einmal zu wiederholen: Es tut mir leid«, sagte Magrat. »Es sah flach aus.«
    »Das ist bei Wasser häufig der Fall.« Nanny saß auf einem Baumstumpf und wrang ihr Kleid aus.
    »Selbst du konntest nicht erkennen, daß uns hier Wasser erwartet«, entgegnete Magrat. »Mit all den Algen und so sieht es wie Gras aus.«
    »Mir scheint, hier können Land und Wasser nicht entscheiden, was sie sein wollen«, sagte Nanny und ließ ihren Blick über die feuchte Landschaft schweifen.
    Hier und dort wuchsen Bäume. Sie wirkten fremdartig und irgendwie düster, schienen noch während des Wachstums zu vermodern. An jenen Stellen, wo sich das Wasser zeigte, war es tintenartig schwarz. Gelegentlich stiegen große Blasen auf und zerplatzten an der Oberfläche, als litte der Sumpf an Verdauungsstörungen. Irgendwo in der Ferne strömte der Fluß – und vielleicht auch hier, dicht unter dem Boden, der bei jedem Schritt erzitterte.
    Nanny blinzelte.
    »Seltsam«, sagte sie.
    »Was?« fragte Oma.
    »Etwas hat sich … bewegt«,

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