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Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)

Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)

Titel: Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Flipo
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Kindern gesprochen? Wie sind die so?«
    » Wie reiche Blagen so sind, Commissaire, studieren irgendwas zum Schein. Der Ältere, Pierre-Paul, ist fünfundzwanzig, er macht einen Master in Kulturvermittlung und geht bald für ein Praktikum nach Brest. Die Tochter, Laurette, zweiundzwanzig, lässt sich gerade zur Pressereferentin ausbilden. Wenn Sie mich fragen– Papa wird ihnen ihr Leben lang unter die Arme greifen.«
    » Und Papa, wovon lebt der so?«
    » Hat reich angefangen: Sein Vater ist vor einigen Jahren gestorben, seine Mutter ist schon länger tot. Sie haben ihm die große Wohnung im zweiten Stock hinterlassen, zwei kleine Dreizimmerwohnungen im fünften und drei Dienstbotenzimmer. Von den Mieteinnahmen, die er dafür bekommt, kann er gut leben. Der Vater des Vaters war auch ein großer Baudelaire-Kenner und hat ihm einen großen Teil seiner jetzigen Sammlung vererbt. Seine Kinder machen sich nichts daraus, worüber Saint-Croÿ ziemlich enttäuscht ist.«
    » Ein alter Knacker, dem unsere Zeit über den Kopf gewachsen ist?«
    » Nein, gar nicht. Ziemlich modern sogar. Kennt sich mit Internet aus, ist gut ausgerüstet, hat einen guten Scanner und ausgefeilte Programme für Schriftanalysen. Die braucht er, um die Autografen zu untersuchen. Ein Dokument, das durch seine Hände gegangen ist, gewinnt an Wert. Er kauft und verkauft übers Netz, wenn es sein muss, fährt er irgendwohin, er macht gute Geschäfte. Nur was Baudelaire betrifft, da kauft er zwar ein, verkauft aber nie etwas weiter.«
    » Sonst nichts?«
    » Doch, eine lustige Sache, die ich Ihnen bei der roten Ampel zeige.«
    Die nächste Ampel würde grün sein, die Kommissarin fuhr langsamer, sie wollte diese lustige Sache sehen. An der roten Ampel streckte Monot ihr ein Foto hin: die nackte, herrlich nackte Joa, nur mit einer Kette und Ohrringen aus Metall und Stein bekleidet, ein Bein in der Luft, wie zu einem Entrechat.
    » Saint-Croÿ hat geschlafen. Während ich gewartet habe, dass die Kinder nach Hause kommen, habe ich in ihren Zimmern herumgeschnüffelt. Das habe ich in einer Schublade gefunden.«
    Viviane sah sich den Körper, prächtig und schwarz, lange an, ein wenig eifersüchtig: Dieses Mädchen war so schön wie ein Gedicht. Aber ihr Blick war nicht matt, sondern frech, spöttisch. Monot säuselte fröhlich:
    » Nackt war die Liebste, nur mit Schmuck behangen -
    Sie kennt mein Herz – von Kettenklang umwunden …«
    » Warum sagen Sie das, Monot?«
    » Das ist der Anfang eines Gedichts von Baudelaire. Eines seiner bekanntesten.«
    Die Kommissarin machte ein saures Gesicht. Dem hatte sie nichts mehr hinzuzufügen. Monot hatte sie mit diesen beiden Versen aus dem Konzept gebracht.
    » Ach, so ein Zeug hat Baudelaire geschrieben? Und das Foto haben Sie bei Pierre-Paul, dem Sohn, gefunden?«
    » Nein, nein, Commissaire, bei der kleinen Laurette!«
    » Na so was, Joa und die Tochter von Saint-Croÿ! Wie die Welt sich verändert! Nun, ob Baudelaire hin oder her, das Gedicht ist nicht verloren für die Welt!«
    Der Lieutenant konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Nach kurzem Zögern sagte er: » Was ich Ihnen noch sagen wollte: Rosa steht Ihnen sehr gut.«
    Zum Glück wurde es schon dunkel, denn Viviane konnte das Rosa plötzlich auf ihren Wangen fühlen.
    Der Saal im Ministerium war übervoll, eine junge schlanke Frau mit kurzem aschblonden Haar nahm sie ziemlich kühl in Empfang. Noch bevor die graue Maus ihren verkniffenen Mund öffnen konnte, wusste Viviane, dass sie sie ihr ganzes Leben hassen würde.
    » Ich bin Priscilla Smet, vom Innenministerium. Wir haben telefoniert.«
    Die Pressetante musterte sie zufrieden von den Hufen zu den Hörnern, wie ein Viehhändler, der gerade Vieh erstanden hatte.
    » Lieutenant, Ihr Look ist perfekt. Das passt sehr gut zu Ihrem Teint, dieses himmelblaue Hemd mit dem schwarzen Jackett. Sie auch, Commissaire «, schob sie mit einem fiesen Lächeln hinterher, » Sie haben sich an mein Briefing gehalten, das ist genau, was ich wollte: nicht zu elegant, als Kontrast.«
    Vivianes Gedanke dazu war, dass sie dieses Luder noch nicht genug hasste.
    » Kommen Sie, es geht gleich los«, meinte die Pressetante.
    Als ob es ohne Viviane oder Monot losgehen könnte! Diese kleine Smet erinnerte an einen Zirkusdirektor. Wo sie auch vorbeikam, musste sie Leute einlassen, hinauslassen, zurechtweisen, um Applaus bitten. Ob sie wusste, was eine Kriminalkommissarin überhaupt war? Viviane nahm sich vor, mit dem Allmächtigen

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