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Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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Stille: »Du, der du ein Schwein geworden bist, würdest du gerne wieder ein Mann sein?«
    Ich erschauderte. Die Stimme klang unmenschlich, kalt – ja mehr noch, man hatte den Eindruck als würde sie von lange nicht mehr benutzten Stimmbändern erzeugt – die Stimme, die ich in meinem Traum gehört hatte!
    »Ja«, erwiderte ich wie in Trance. »Ich würde gerne wieder ein Mann sein.«
    Eine Weile herrschte Stille, dann war die Stimme wieder zu vernehmen, diesmal mit einem bösartig flüsternden Unterton, begleitet von einem Geräusch, das klang, als würden Fledermäuse durch eine Höhle fliegen.
    »Ich werde dich wieder zu einem Mann machen, weil ich ein Freund aller gebrochenen Männer bin. Ich werde dafür nichts fordern, auch keine Dankbarkeit. Ich gebe dir ein Zeichen, um mein Versprechen und mein Gelöbnis zu besiegeln. Streck deine Hand durch die Trennwand.«
    Diese merkwürdigen, schwer verständlich artikulierten Worte verblüfften mich. Nachdem die unsichtbare Stimme ihren letzten Befehl wiederholte, trat ich vor und schob meine Hand durch einen Schlitz, der sich lautlos in der Wand geöffnet hatte. Ich spürte, wie ein eiserner Griff mein Handgelenk packte und etwas, das siebenmal kälter war als Eis, berührte die Innenfläche. Dann wurde losgelassen, und als ich meine Hand zurückzog, erblickte ich an der Daumenwurzel ein seltsames Symbol mit blauer Färbung – es sah aus wie ein Skorpion.
    Jetzt sprach die Stimme wieder, diesmal in einer zischelnden Sprache, die ich nicht verstand, und Hassim trat unterwürfig vor. Er griff um den Wandschirm herum und drehte sich dann zu mir. Er hielt jetzt einen Kelch mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit in Händen, den er mir mit einer ironischen Verbeugung überreichte. Ich nahm ihn zögernd entgegen.
    »Trinke und fürchte dich nicht«, sprach die unsichtbare Stimme. »Es ist nur ein ägyptischer Wein mit lebensspendenden Eigenschaften.«
    Also hob ich den Kelch und leerte ihn. Der Geschmack war nicht unangenehm, und schon während ich Hassim den Becher zurückgab, schien neues Leben und Kraft durch meine müden Venen zu fließen.
    »Bleibe in Yun Shatus Haus«, forderte die Stimme. »Du wirst Nahrung und ein Bett bekommen, bis du stark genug bist, um für deinen Unterhalt zu arbeiten. Du wirst kein Haschisch konsumieren und es auch nicht brauchen. Geh!«
    Wie betäubt folgte ich Hassim zurück durch die versteckte Klappe, kletterte die Treppen hinab und lief durch den dunklen Korridor zurück zur ersten Tür, die uns wieder in den Tempel der Träume brachte.
    Als wir aus dem Hinterzimmer in den Hauptraum der Träumer traten, wandte ich mich fragend zu dem Farbigen um.
    »Meister? Meister von was? Meister des Lebens?«
    Hassim lachte wild und spöttisch.
    »Meister des Verderbens!«
    Kapitel 4: Die Spinne und die Fliege
    Da war ein Tor, den Schlüssel fand ich nicht;
    ein Schleier auch, doch durch ihn drang kein Licht.
    Omar Khayyam
    Ich saß auf Yun Shatus Kissen und grübelte. Mein Verstand war dabei so klar, dass es mir neu und zugleich fremd vorkam. Überhaupt schienen mir all meine Empfindungen neu und fremd zu sein. Ich hatte das Gefühl, ich wäre aus einem ungeheuer langen Schlaf erwacht. Obwohl meine Gedanken träge flossen, verspürte ich das Gefühl, etwas habe die Spinnweben, die sie zäh und unbeweglich gemacht hatten, teilweise weggewischt.
    Ich strich mir mit der Hand über die Stirn und spürte ein Pochen. Ich war schwach und zittrig, aber irgendwie hungrig – nicht nach Rauschgift, sondern nach Nahrung. Was war in dem Becher gewesen, den ich in dem Raum der Geheimnisse ausgetrunken hatte? Und warum hatte der »Meister« aus all den Jammergestalten bei Yun Shatu gerade mich zur Rettung auserwählt?
    Und wer war dieser Meister überhaupt? Irgendwie klang das Wort auf unbestimmte Art vertraut – ich kämpfte um meine Erinnerung. Ja – ich hatte es vernommen, als ich halb wach auf den Pritschen oder auf dem Boden lag – gehört, wie Yun Shatu oder Hassim oder Yussef Ali, der Maure, das Wort zischelnd flüsterten. Es in ihren leisen Unterhaltungen aufgeschnappt, immer durchmischt mit Begriffen, die ich nicht verstand. War denn etwa nicht Yun Shatu der Meister des Tempels der Träume? Ich hatte wie die anderen Süchtigen geglaubt, der verwelkte Chinamann herrsche uneingeschränkt über dieses düstere Reich und Hassim und Yussef Ali wären seine Bediensteten. Und die vier jungen Chinesen, die mit Yun Shatu Opium rösteten – sie würden ebenso

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