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Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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scharfen Blicken der öffentlichen Wächter entkommen sein, wie so manche, die man gelegentlich in den düsteren und geheimnisvolleren Regionen des East End antraf – ein Geheimnis selbst für die armseligsten Bewohner von Limehouse.
    Plötzlich nahm mein überempfindliches Bewusstsein eine Veränderung wahr. Der Leprakranke humpelte zur Tür hinaus und schloss sie hinter sich. Mein Blick wanderte instinktiv zur Couch, wo der Mann lag, der vorher meinen Verdacht geweckt hatte. Ich hätte schwören können, dass mich eiskalte, stählerne Augen drohend anfunkelten, ehe sie sich blitzschnell wieder schlossen. Ich trat mit einem Schritt näher und beugte mich über ihn. Etwas an seinem Gesicht schien mir unnatürlich zu sein – die gesunde Bronzetönung unter der Blässe.
    »Yun Shatu!«, rief ich. »Ein Spion ist im Haus!«
    Dann geschah alles mit verblüffender Geschwindigkeit. Der Mann auf der Couch sprang wie ein Raubtier in die Höhe, ein Revolver blitzte in seiner Hand. Ein sehniger Arm stieß mich zur Seite, als ich ihn zu packen versuchte, und eine scharfe befehlsgewohnte Stimme übertönte das Gewirr von Stimmen, das plötzlich den Raum erfüllte.
    »Hey! Du da! Bleib stehen!«
    Die Waffe in der Hand des Fremden war auf den Leprakranken gerichtet, der mit langen Schritten zur Eingangstür rannte!
    Ringsum herrschte blankes Chaos. Yun Shatu schnatterte lautstark auf Chinesisch, und die vier jungen Chinesen und Yussef Ali kamen von allen Seiten angerannt und hielten Messer in ihren Händen.
    All das erkannte ich mit unnatürlicher Klarheit, während ich mir das Gesicht des Fremden einprägte. Der fliehende Leprakranke machte keine Anstalten, stehen zu bleiben, doch ich sah, wie die Augen sich zu stählerner Entschlossenheit verengten, als er über den Lauf des Revolvers zielte – in seinen Gesichtszügen erkannte ich die grimmige Entschlossenheit zu töten. Der Leprakranke hatte die Tür nach draußen fast erreicht, aber der Tod würde zuschlagen, bevor er hindurchtreten konnte.
    Und dann, in dem Augenblick, als der Finger des Fremden sich um den Abzug spannte, warf ich mich nach vorne, und meine rechte Faust krachte gegen sein Kinn. Er ging wie von einem Hammer getroffen zu Boden. Der Revolver entlud sich wirkungslos in die Luft.
    In diesem Augenblick wurde mir in einem plötzlichen Moment der Klarheit, wie man ihn manchmal erlebt, bewusst, dass es sich bei dem Leprakranken um Ihn – den Mann hinter der Wand – handelte! Ich beugte mich über ihn. Er war zwar nicht völlig bewusstlos, aber mein gewaltiger Schlag hatte ihn kurzzeitig außer Gefecht gesetzt. Er bemühte sich aufzustehen, sichtbar benommen, aber ich stieß ihn unsanft wieder zu Boden, zerrte an dem falschen Bart, den er trug, und riss ihn ab. Ein schmales, gebräuntes Gesicht kam zum Vorschein. Nicht einmal der künstliche Schmutz und die Farbe konnten seine kräftigen Konturen kaschieren.
    Jetzt beugte sich Yussef Ali über ihn, den Dolch in der Hand, die Augen zu mörderischen Schlitzen verengt. Die braune, sehnige Hand hob sich – ich packte sie am Gelenk.
    »Nicht so schnell, du schwarzer Teufel! Was hast du vor?«
    »Das ist John Gordon«, zischte er, »der größte Feind des Meisters! Er muss sterben, verflucht sollst du sein!«
    John Gordon! Der Name kam mir irgendwie bekannt vor, und doch konnte ich nicht direkt eine Verbindung zur Londoner Polizei herstellen oder begreifen, was die Anwesenheit des Mannes in Yun Shatus Rauschgiftkneipe zu bedeuten hatte. Aber in einem Punkt stand mein Entschluss fest.
    »Du wirst ihn jedenfalls nicht töten. Aufstehen!« Mein letztes Kommando galt Gordon, der sich nach wie vor benommen mit meiner Hilfe aufrappelte.
    »Der Schlag hätte einen Stier fällen können«, sagte ich verblüfft, »ich wusste nicht, dass ich das in mir habe.«
    Der falsche Leprakranke war verschwunden. Yun Shatu stand da und starrte mich, die Hände in den weiten Ärmeln verborgen, reglos wie eine Statue an. Yussef Ali trat einen Schritt zurück, fluchte aggressiv vor sich hin und strich mit dem Daumen über die Schneide seines Dolchs, als ich Gordon aus dem Opiumraum und durch die unschuldig wirkende Bar führte, die ihn von der Straße trennte.
    Draußen auf der Straße sagte ich zu ihm: »Ich habe keine Ahnung, wer Sie sind oder was Sie hier suchen, aber Sie sehen, dass das ein äußerst ungesunder Ort für Sie ist. Hören Sie auf meinen Rat und lassen Sie sich hier nicht mehr blicken!«
    Als einzige Reaktion darauf warf er

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