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Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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suchende Blicke um sich. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und ging mit schnellen, nach wie vor etwas unsicheren Schritten auf der Straße davon.
    Kapitel 6: Das Mädchen aus dem Traum
    Aus letztem düster’m Thule fand
    Ich jüngst erst her in dieses Land.
    Edgar Allan Poe
    Draußen vor meinem Zimmer waren leise Schritte zu hören. Der Knauf drehte sich vorsichtig, dann öffnete die Tür sich langsam. Ich sprang keuchend auf. Rote Lippen, halb geöffnet, dunkle Augen wie tiefe Seen des Wunders, eine Fülle glänzenden Haars – so stand das Mädchen aus meinen Träumen in der dunklen Türöffnung!
    Sie trat ein und schloss mit einer geschmeidigen halben Drehung die Tür hinter sich. Ich sprang auf und streckte ihr die Hände entgegen, erstarrte aber in meiner Bewegung, als sie einen Finger an die Lippen legte.
    »Du darfst nicht laut sprechen«, flüsterte sie fast. »Er hat nicht gesagt, dass ich nicht zu dir kommen darf. Aber trotzdem ...«
    Ihre Stimme war weich und musikalisch mit einem Hauch von Akzent, den ich ganz reizend fand. Was das Mädchen selbst anging, so deutete jede Bewegung, jeder Ton auf den Orient. Sie war ein duftender Hauch aus dem Osten, vom nachtschwarzen Haar, das sich hoch über ihrer Alabasterstirn türmte, bis hinunter zu den kleinen Füßen, die in spitzen Pantoffeln mit hohen Absätzen steckten, verkörperte sie das höchste Ideal asiatischer Lieblichkeit. Ein Effekt, den die englische Bluse und der Rock, die sie trug, eher noch verstärkte.
    »Du bist schön«, sagte ich wie benommen. »Wer bist du?«
    »Ich bin Zuleika«, antwortete sie mit einem scheuen Lächeln. »Ich – es freut mich, dass du mich magst. Ich bin froh, dass mit deinen Haschischträumen Schluss ist.«
    Seltsam, dass ein so schmächtiges Ding mein Herz so wild schlagen ließ.
    »Das verdanke ich alles dir, Zuleika«, sagte ich mit heiserer Stimme. »Hätte ich nicht jede Stunde, seit du mich aus der Gosse geholt hast, von dir geträumt, wäre ich nicht stark genug gewesen, auf die Befreiung von meinem Fluch zu hoffen.«
    Sie errötete, und ihre weißen Finger schlangen sich nervös ineinander. »Du verlässt morgen England?«, fragte sie plötzlich.
    »Ja. Hassim ist noch nicht mit meinem Ticket zurück.« Ich zögerte plötzlich, erinnerte mich daran, dass mir Stillschweigen befohlen worden war.
    »Ja, ich weiß, ich weiß!«, flüsterte sie schnell. Ihre Augen weiteten sich dabei. »Und John Gordon ist hier gewesen! Er hat dich gesehen!«
    »Ja!«
    Sie trat mit einer schnellen, fließenden Bewegung auf mich zu. »Du sollst dich als jemand anderer ausgeben! Hör zu, Gordon darf dich dabei unter keinen Umständen sehen! Er würde dich erkennen, ganz egal, wie gut deine Maske ist! Er ist ein schrecklicher Mann!«
    »Ich begreife nicht«, sagte ich völlig verwirrt. »Wie hat der Meister meine Haschischsucht gebrochen? Wer ist dieser Gordon und warum kommt er hierher? Weshalb verkleidet der Meister sich als Leprakranker – und wer ist er überhaupt? Und am wichtigsten, weshalb soll ich mich für einen Mann ausgeben, den ich noch nie gesehen und von dem ich noch nie gehört habe?«
    »Ich darf nicht – ich traue mich nicht, es dir zu sagen!«, flüsterte sie und ihr Gesicht wurde bleich. »Ich ...«
    Irgendwo im Haus war der schwache Klang eines chinesischen Gongs zu hören. Das Mädchen zuckte zusammen wie eine verschreckte Gazelle.
    »Ich muss gehen! Er verlangt nach mir!«
    Sie öffnete die Tür, huschte hinaus, blieb kurz stehen und elektrisierte mich mit ihrem leidenschaftlichen Ruf: »Oh, sei vorsichtig, sei sehr vorsichtig, Sahib!«
    Dann war sie verschwunden.
    Kapitel 7: Der Mann mit dem Totenschädel
    Welche Kett’ und Hammer fand
    in welch’ Esse den Verstand?
    Welcher Amboss, welche Welt
    Deine Todesschrecken hält?
    William Blake
    Nachdem mich meine schöne und so geheimnisvolle Besucherin verlassen hatte, saß ich eine Weile in Gedanken versunken da und versuchte, dem Rätsel auf den Grund zu kommen. Ein paar Erklärungsversuche hatte ich bald parat: Yun Shatu, der Opium-Lord, könnte der Agent oder Diener einer Organisation oder eines einzelnen Auftraggebers sein. Es ging nicht lediglich darum, Rauschgiftsüchtige im Tempel der Träume zu versorgen. Nein, gebraucht wurden Mitarbeiter aus allen Klassen der Gesellschaft. Mit anderen Worten, ich sollte mich einer Gruppe von Opiumschmugglern anschließen, die in gigantischem Ausmaß tätig war. Gordon hatte diesen Fall ohne Zweifel untersucht, und allein

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