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Tote essen kein Fast Food

Titel: Tote essen kein Fast Food Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Baron
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Wide Web, das per Satellit quasi kosmischen Zugang zu Informationen versprach. Vielleicht auch zu welchen, die lange verschüttet waren.
    Tante Hedi war fast achtzig, als ihr das Zilpzalpnest (so heißt dieser Piepmatz wirklich) auf der Kiefer in ihrem Garten zum Verhängnis wurde. Aber sie war eine fortschrittliche Frau gewesen und hatte sich wegen ihres Vogelfimmels mit schlappen zweiundsiebzig Jahren noch in das Thema Internet eingearbeitet. „Echt cool von dir, Hedi“, sagte ich laut, als ich, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, auf meinem Bett den Laptop aufklappte. „Danke.“ Es gab einen funkgesteuerten Internet-Anschluss inklusive Flatrate im Haus, sodass ich mich nicht in eins der Fremdnetze einloggen musste, die garantiert auch in der jodhaltigen Sylter Luft herumschwirrten.
    „Bunker, List, Sylt“ gab ich bei Google ein, nachdem sich die Seite endlich aufgebaut hatte, und binnen Sekunden spuckte mir das World Wide Web eine Liste von 20.200 potenziellen Informationsquellen aus. Die Interessanteste war neben Wikipedia eine Website, auf deren Forum sich Bunkerfreaks aller Art über ihre neuesten, teils auf illegalem Weg erworbenen Erkenntnisse austauschten. Sie nannten sich „Der Doktor“ oder „Offiziersanwärter“ und ihr Lieblingsutensil schien der Klappspaten (KS) zu sein, mit dem sie sogenannte „Expeditionen“ zu den unterirdischen Objekten ihrer Begierde unternahmen. Dort stocherten sie dann verbotenerweise im Boden herum. Wonach eigentlich? Das wurde mir nicht ganz klar.
    Ihre Chat-Einträge waren nur teilweise zugänglich und ich spielte kurz mit dem Gedanken, mich unter Pseudonym – vielleicht „Bunker-Girl“ oder „Klappspaten-Susie“ – einzuloggen, traute mich dann aber doch nicht. Wer weiß, was das für Typen waren. Am Ende würde ich auf irgend so eine Neonazi-Seite geraten. Besten Dank. Aber ihre Einträge waren auch so recht aufschlussreich. „Wachhund“ zum Beispiel berichtete von der 1,80 Meter dicken Bodenplatte eines Hörnumer Bunkers: „Boah, ey!“ „No Risk No Fun“ hatte eine Karte vom Sylter Weststrand ins Netz gestellt, auf der fünf vermeintliche Bunkerstandorte eingetragen waren, die er entdeckt zu haben glaubte. Einer davon lag ganz in der Nähe von da, wo ich abgestürzt war.
    Der „Doktor“ schrieb: „Wenn du einen hast, dann hast du sie alle.“ Was meine Theorie bestätigte, dass sie durch unterirdische Gänge miteinander verbunden sein mussten. Abwechselnd schwadronierten sie über ihre Heldentaten beimAufspüren verfallener Gemäuer und Ruinen und über ihre Klappspaten-Aktionen. Das Ganze kam mir vor wie ein Abenteuerspielplatz für große Jungs. Ich schien weit und breit das einzige weibliche Wesen zu sein, das sich in diesen Sphären tummelte. Es sei denn, der „Doktor“ war in Wirklichkeit eine Frau.
    Immer wieder tauchte der Verweis auf ein ganz bestimmtes Buch auf: „Die Festung Sylt: Geschichte und Entwicklung der Insel Sylt unter militärischem Einfluss 1894–1945“ von einem gewissen Harald Voigt, einem pensionierten Lehrer, der bis zu seinem Tod im Jahr 2005 auf Sylt gelebt hatte. Das Ding stammte von 1992 und war natürlich vergriffen. Antiquarisch wurde es ab 178 Euro aufwärts gehandelt, wie ich nach diversen Recherchen feststellte, was leider den Rahmen meines Taschengelds um den Faktor 3,5 sprengte. Aber vielleicht würde es ja in der örtlichen Bibliothek zu finden sein.
    Gerade wollte ich meinen Forschungstrip zu den Bunkern schon beenden, als ich auf einen Eintrag stieß, der mich elektrisierte. Er bestand aus drei Fotos. „Eingang zum Bunker im Lister Urwald“, stand da. Und: „Der Zugang ist natürlich verboten, aber möglich. Jedenfalls war er das letzten November.“
    Zu sehen war auf den Schwarz-Weiß-Fotos eine schlichte rostige Metalltür in einer Graffiti-verschmierten Wand, nicht viel breiter als Tante Hedis Kellertür. Schräg davor geschraubt war eine breite Holzlatte, aber es sah aus, als sei die Tür dahinter einen Spalt weit offen. „Rein kommt ihr über …“
    Den Rest kriegte ich nicht mehr mit, denn in diesem Augenblick implodierte die Seite und die Ansage „NiedrigerBatteriestatus. Wechseln Sie sofort die Batterie oder stellen Sie auf externe Stromversorgung um, um Datenverlust zu verhindern“ schob sich in Polizeisirenenblau quer über den Bildschirm.
    „Scheiße, Scheiße, Scheiße.“ Musste das ausgerechnet jetzt sein? Bis ich mit meinen Krücken nach unten gekrochen wäre und das

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