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Tote essen kein Fast Food

Titel: Tote essen kein Fast Food Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Baron
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Bund meiner Jeans und rutschte hinter Svea her. Jan blieb nur noch, geistesgegenwärtig das Seil zu packen, damit mein Vater nicht mit in das Loch hineingezogen wurde.
    „Gib mal her.“ Sveas fordernder Ton ging mir trotz meines schlechten Gewissens auf den Keks. Wortlos reichte ich ihr Jans Taschenlampe. Ihr bläulicher Lichtkegel fuhr nervös in jede Ritze des Schachts auf der Suche nach etwas, das Frida hinterlassen haben könnte. Aber die einzigen Indizien menschlicher Anwesenheit, die wir fanden, waren eine leere PET-Flasche und der grüne Wollfaden, dessen eines Ende zur Spirale gekringelt unter der Deckenöffnung lag und von dort Richtung Gang führte. Als ich einen Schritt darauf zu machte, knisterte es unter meinem rechten Fuß. Ich bückte mich nach einem zerknüllten hellen Papierball mit einer durchsichtigen Plastikhülle drum herum. „RAUCHEN KANN TÖDLICH SEIN“, las ich, nachdem ich ihn glatt gestrichenhatte. Und „Chesterfield“. Sonst stand nichts darauf. Ich zerknüllte die leere Zigarettenpackung zwischen meinen Fingern und warf sie zurück neben die zu einem schwarzen Tarantelgerippe erstarrte Bananenschale auf dem Boden.
    „Hier ist nichts“, schrie Svea. „Wir gehen jetzt los.“
    „Polizei ist unterwegs“, rief Martin zurück. „Jan ist schon los zum Königshafen. Ich bleibe mit Jasper hier.“
    Wir waren etwa zehn Meter in den unterirdischen Gang vorgedrungen, als ich plötzlich stockte. Chesterfield … Wieso eigentlich Chesterfield? Die Kippen, die Jan und ich bisher an den einschlägigen Orten gefunden hatten, stammten von Zigaretten der Marke Nil. Beim Luftschutzraum im Lister Urwald hatten welche herumgelegen und bei der Falltür der alten Flakstellung auch. Und jetzt Chesterfield. Ich überlegte. Das konnte nur zwei Dinge bedeuten: Entweder es war der Person, mit der wir es hier zu tun hatten, egal, welche Marke sie rauchte. Oder es war mehr als eine, die hier unten ihren Geschäften nachging. Es sei denn, Frida hatte plötzlich mit dem Rauchen angefangen.
    „Was ist denn?“ Svea hatte gemerkt, dass ich ihr nicht mehr folgte, und drehte sich ungehalten zu mir um. Sie leuchtete mir mit der Taschenlampe in die Augen, sodass ich sie zukneifen musste. Abwehrend hielt ich beide Hände in ihre Richtung. „Nimm das weg. Das nervt.“
    „Wo bleibst du denn? Dieses Teil hier hat keine große Reichweite. Und wer weiß, wann die Batterie ihren Geist aufgibt. Bleib bitte dicht hinter mir.“ Der Lichtkegel kletterte an mir herunter und zitterte von meinen Turnschuhen an Sveas Sneakers vorbei wieder nach vorn. Bitte!, hatte sie gesagt. Immerhin.
    „Svea“, sagte ich zögernd. „Hier ist mehr als einer.“
    „Was?“ Wieder traf mich das gleißende Licht mitten ins Gesicht und ich musste meine Augen mit beiden Händen abschirmen, bis Svea gnädigerweise den Lichtstrahl an die Wand lenkte.
    „Hier unten muss außer Frida mehr als eine Person sein.“
    „Woher willst du das wissen?“
    „Die leere Zigarettenschachtel eben war ’ne Chesterfield. Und vor den Bunkereingängen am Königshafen und im Lister Urwald lagen nur Nil rum.“
    Svea schwieg und ließ ihren Scheinwerfer sinken, worauf am Boden ein scharf konturierter kreisrunder weißer Lichtpunkt erschien.
    „Hast du nicht gesagt, du hast einen Schuss gehört, als du neulich hier unten warst?“, sagte sie schließlich.
    „Ja, du meinst …“
    „Vielleicht bringen die sich ja gegenseitig um …“
    „Dachte ich auch schon. Aber da war keine Leiche. Jedenfalls nicht, als ich Frida vorhin …“ Die Worte erstarben auf meiner Zunge. Wie konnte ich bloß so taktlos sein. „Die Chesterfields waren definitiv nicht da, als ich hier rausgeklettert bin“, fuhr ich hektisch fort. „Die Schachtel muss später hier gelandet sein. Und frische Nils haben wir erst heute Nachmittag bei der Falltür gefunden.“
    „Es soll ja auch Nichtraucher geben“, sagte Svea sarkastisch. „Mit anderen Worten: Wir haben keine Ahnung, mit wie vielen Leuten wir es hier zu tun haben und was die hier unten treiben. Komm, weiter.“ Sie drehte sich um und setzte sich wieder in Bewegung, dem schwankenden Lichtkegel hinterher, der an Boden und Betonwänden entlanggeisterte.Wie schon vor ein paar Stunden verlor ich auf der Stelle jegliches Zeitgefühl. Nach wenigen Minuten bereits hatte ich den Eindruck, mich schon seit einer halben Ewigkeit hier längszutasten.
    „AUA.“ Ich war über einen dicken Feldstein gestolpert.
    „Pscht“, zischte Svea,

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