Tote essen kein Fast Food
Polizei erledigen. Die sind sicher gleich da.“ Martin rieb sich unter seinen Brillengläsern die Augen. „Du wirst alles noch schlimmer machen. Sei doch bitte vernünftig.“
„Bis die kommen, kann viel passieren“, erklärte Svea kurz angebunden und streichelte Jasper über den Kopf.
„Du hast noch nicht mal eine Taschenlampe“, protestierte Martin. „Da unten ist es stockfinster.“
„Stimmt“, sagte Jan. „Aber ich hab eine.“ Er fing meinen erstaunten Blick auf. „Nur so eine Idee, falls euch inzwischen die Batterien ausgegangen sind.“ In der Tat hatte Tante Hedis Vorsintflut-Modell mittlerweile den Geist aufgegeben und Fridas Ersatz-Batterien hatten nicht gepasst.
Svea hörte gar nicht richtig zu. Geschickt knüpfte sie eine Schlinge in eines der Tau-Enden und drückte sie Martin in die Hand. „Ihr haltet das hier fest und ich seile mich ab.“ Sie ließ sich am Rand des Lochs nieder, ließ die Beine nach unten baumeln und blickte uns auffordernd an. „Na los, macht schon. Wer weiß … vielleicht ist sie verle…“
„Stopp“, sagte ich, bevor sie ihren Satz zu Ende bringen konnte. Ich konnte Svea unmöglich da reinklettern und womöglich ins offene Messer laufen lassen. Oder in den Lauf eines Gewehrs. „Da unten ist was faul. Das ist kein normaler Irrer, der sich da verbirgt. Er hat ein Gewehr.“ Fahrig wischte ich mir die Haare aus dem Gesicht. „Und er benutzt es auch“, schloss ich leise.
„Ein Gewehr?“ Forschend sah Svea mich an, Panik in den Augen und in der Stimme. „Das weißt du aber nicht erst seit eben gerade.“
„Nein“, gab ich zu. „Vorhin hab ich’s gesehen. Dort, wo ich Frida gefunden habe. Und als ich neulich zum ersten Mal da drin war, gab es einen Knall und etwas schleifte über den Boden oder an der Wand entlang. Ich dachte erst, ich hätte geträumt, aber Jasper hat es auch gehört. Seine Nackenhaare haben sich aufgestellt. Er hat leise geknurrt und am ganzen Körper gezittert.“
„Deshalb hast du so beharrlich nach den alten Bunkergeschichten gefragt“, sagte Martin. „Warum hast du das nicht gleich gesagt, statt mir von hinten durchs Knie all diese Fragen zu stellen?“
„Ich dachte, du würdest mich auslachen.“
„Tu ich nicht.“ Martin wurde sichtlich nervös. „Und jetzt ist Frida allein da drin.“
„Das ist eben die Frage“, sagte Jan leise. „Ob sie allein da drin ist. Da ist nämlich noch was …“
Entnervt rieb Martin sich die Stirn und setzte zweimal hintereinander seine Brille auf und ab. „Was denn noch? Muss man euch jeden Satz einzeln aus der Nase ziehen?“
Mit beiden Händen hatte Svea in wilder Entschlossenheit das Seil gepackt und sah aus, als würde sie in der nächsten Sekunde in den Schacht springen.
„Es gibt einen zweiten Eingang zu dieser Höhle. Jedenfalls glauben wir das. Fanny und ich haben ihn heute Nachmittag entdeckt. Beim Königshafen.“
„So ist es auch in Tante Hedis Bunkerbuch eingezeichnet“, unterbrach ich ihn.
„Tante Hedis Bunkerbuch???“
„Egal“, sagte ich. „Mitten auf der grünen Wiese tauchte jedenfalls plötzlich wie aus dem Nichts ein Mann auf. Das heißt, wir wissen nicht, ob es ein Mann war. Er hat eine Zigarette geraucht und ist dann Richtung Strand weggegangen.“
„Und dann?“ Martins rechte Hand umfasste angespannt die Schlinge.
„Dann haben wir uns das angesehen. Ich bin über eine Metallöse im Boden gestolpert, die in einer Betonplatte verankert war und sich als Schlüssel zu einer glitschigen Treppe entpuppte.“
„Ihr wart da drin?“, fragte Svea.
„Nein“, sagte ich und fasste nach Jans Hand. „Es war so … so … unheimlich.“
„Wusste Frida davon?“
„Nein. Auch nicht von den Geräuschen. Nur Jan, Jasper und ich wissen davon. Und der, der sich da unten verkriecht.“
Svea schlug sich die Hand vor den Mund. Ein ersticktes Geräusch wie von einem Tier in Todesangst drang durch ihre verkrampften Finger.
„Okay“, sagte Martin. „Neuer Plan. Jan und ich gehen runter. Jetzt. Ihr beiden ruft noch mal im Polizeirevier an und führt sie so schnell wie möglich zu dem zweiten Eingang.“
„Kommt nicht infrage“, sagte Svea. „Halt fest.“
Martin reagierte reflexartig und den Bruchteil einer Sekunde später hatte Svea sich wie Tarzan an einer Liane nach unten geschwungen. „Bring die Taschenlampe mit“, drang es nach einem stumpfen Plupp von ihren Sneakers nach oben. Ohne zu überlegen, riss ich sie Jan aus der Hand, stopfte sie in den
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