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Tote essen keinen Döner

Titel: Tote essen keinen Döner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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gesehen habe«, rufe ich.
    Die einundzwanzig SkinhäädInnen – drei Frauen sind nämlich auch dabei – sind mittlerweile so sturzbesoffen, dass sie nicht mal merken würden, wenn sie ihre eigene Wohnung abfackeln würden.
    Die vielen leeren Bierflaschen reichen aus, um innerhalb von Sekunden alle Scheiben zu zertrümmern.
    Durch die kaputten Fenster sehe ich, dass die da drin genauso besoffen sind wie die hier draußen. Nicht mal der Stammtisch stammelt mehr!
    Verängstigt steckt der Redner von der RNU, offenbar der Einzige, der noch halbwegs stehen kann, seinen Kopf durchs Fenster, ohne es aufmachen zu müssen, und stottert völlig verwirrt:
    »Was ist denn nun passiert? Das sind doch unsere eigenen Leute?«
    »Dein Gelaber ist bei denen wohl nicht so gut ankommen«, fällt der Wirt ihm jetzt auch noch in den Rücken. »Und ihr Penner werdet mir alle Scheiben bezahlen«, schimpft er nach draußen.
    Igorr nimmt mit der leeren Bierdose Maß und trifft den RN U-Heini schon beim ersten Wurf voll am Kopf!
    »Jetzt bin ich rrrichtig stolz«, lallt er.

|132| Die Wahrsagerin
    Ich habe mich nach zwei Tagen von der Spontan-Demo mit meinen neuen Fascho-Kumpels immer noch nicht richtig erholt und liege wieder auf dem Sofa. Es klingelt an der Tür. Wer immer das auch sein mag, dieser Besucher ist mir jetzt schon äußerst unsympathisch, weil er mich genau in dem Moment belästigt, wo außer mir niemand da ist, um die Tür zu öffnen.
    Wohl oder übel quäle ich mich vom Sofa rüber zur Wohnungstür und versuche, durch den Spion zu sehen, ob dieses seltsame Wesen vor der Tür männlicher oder weiblicher Natur ist. Selbst nach längerer Betrachtung kann ich es beim besten Willen immer noch nicht richtig einschätzen und mache die Tür auf. Die Kreatur hat sich in viele verschiedene hässliche grelle Stoffe gehüllt und trägt billige Klunker an allen Fingern.
    Aber was Männer angeht, scheint die Ruhestörerin einen ausgesprochen guten Geschmack zu haben – denn sie säuselt mit komischem Akzent:
    »Ich dir sagen dein Zukunft, schöner Mann!«
    »Was für eine Zukunft denn, ich bin doch verheiratet!«
    Plötzlich schnappt sie meine Hand. Ich nenne diese Person gezwungenermaßen ›sie‹, weil in der deutschen Sprache, wo selbst Stühle, Tische und Teppiche ein Geschlecht haben müssen, damit man überhaupt einen Satz bilden |133| kann, dieses mit Ketten behangene, eigenartige Geschöpf auch irgendein Geschlecht haben muss.
    »Ich sehe in dein Hand, du seit dreißig Jahren verheiratet und du haben fünf Kinder, schöner Mann.«
    »Du Schlaumeier, das kann doch jeder sagen. Bei einem Türken fünf Kinder zu erraten, ist nicht besonders schwierig.«
    »Und du viel unglucklich!«
    »Auch kein Wunder bei einer so langen Ehe!«
    »Du heißen Osman Engin, hubscher Mann!«
    »Steht doch groß genug auf der Klingel.«
    »Nix da, auf Klingel stehen nur Engin.«
    »Na und, wie soll ein Türke denn sonst heißen? Entweder Ali, Mehmet oder Osman.«
    »Du lassen mich rein in Wohnung. Ich viel Geld sehen für dich.«
    »Hören Sie, gute Frau, auf solche billigen Tricks falle ich nicht rein. Ich weiß leider nur zu gut, wie wenig ich in Halle 4 verdiene. Den Spruch mit dem Geld heben Sie sich lieber für meine Frau auf. Die glaubt an den Weihnachtsmann, also kommen Sie morgen wieder, tschüss.«
    »Ich kann sagen, was deine Frau denken über dich!«
    Dieses Angebot kann ich natürlich nicht mehr ablehnen:
    »Kommen Sie doch bitte kurz rein und nehmen Sie hier auf dem Sofa Platz.«
    Bei jedem Schritt klirrt der billige Schmuck an ihr.
    Sie lässt sich sofort aufs Sofa fallen und verkündet:
    »Ich Roma!«
    »Sie kommen aus Italien? Ich war noch nie dort.«
    »Nein, ich Roma!«
    |134| »Und ich bin Istanbul! Wie geht es Ihnen, Frau Roma?«
    »Danke, gut, Herr Istanbul.«
    »Frau Roma, sagen Sie es endlich, was denkt meine Frau über mich?«
    »Du gerade hier eingezogen!«
    »Toll, wie Sie diese Großbaustelle hier bemerkt haben, ist wirklich sagenhaft. Sie sind echt eine klasse Hellseherin.«
    »Und du echt blöd!«
    »Jetzt sagen Sie doch endlich, was meine Frau über mich denkt.«
    »Du erst mal legen paar Scheine auf Tisch, du Geizkragen.«
    »Für Geld würde meine Frau sofort selber erzählen, was sie über mich denkt!«
    »Stimmt, sie erzählen, aber nix erzählen Wahrheit!«
    »Ja gut, wie viel wollen Sie denn haben?«
    »Komsi komsa, 20   Euro für Anfang is gut.«
    20   Euro? Ich tue so, als hätte ich sie nicht gehört.
    »Du

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