Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
in Fyrabuskes Krematorium.
»Nein, mein Junge, so geht das nicht«, sagte Kuhala. »Mein Job ist ein bisschen gefährlich, und manchmal wird es so hart, dass auch du in Schwierigkeiten gerätst. Aber von jetzt an werde ich dich immer zu Raatikainen bringen, wenn es eng zu werden droht. Dann kannst du im Schatten der Pflaumenbäume an einem Markknochen lutschen, während ich uns das Geld für die Napffüllungen verdiene. Was hältst du davon?«
Der Hund ließ sich den Vorschlag durch den Kopf gehen und war erst bereit rauszugehen, als Kuhala aus dem Hängeschrank über der Spüle einen getrockneten Schweinerüssel zum Vorschein brachte.
Als sie aus dem Haus traten, wurden Jeri aus einem vorübergleitenden Touristenbus wohlwollende Blicke zugeworfen.
Kuhala schaltete sein Handy ein und tippte den PIN-Code. Er hatte während seiner morgendlichen Verrichtungen sechs Anrufe und zwei SMS erhalten. Der hartnäckige Journalist der Familienillustrierten gab nicht auf, zwei Nummern waren unbekannt, und bevor Kuhala das Telefon wieder eingesteckt hatte, klingelte es so laut, dass er es beinahe fallen gelassen hätte.
Die Menge an technischen Kleingeräten sowie deren Kompliziertheit und Einfallsreichtum hatte im Lauf seines Lebens solche Ausmaße angenommen, dass er manchmal Lust hatte, allein deswegen die Handschuhe an den Nagel zu hängen. Sogar er, der als junger Bursche noch an den jungfräulichen Ufern der Hinterwaldgemeinde Havuvaara Barsche genarrt hatte, stand jetzt hier mitten in den Abgasen und befummelte ein Mobiltelefon, als wäre es eine Gebetskette. Was bedeutete GSM 900/1800/1900 m VGA-Kamera mit Zoom 4 ×, GPRS (Kategorie 10), MMS, WAP 1,2,1, 180 Grad Photocall, 4069 Farben? Was, um Himmels willen?
Wofür brauchte man den E6000EX-Hygienetrimmer? Schob man sich den über Nacht so tief dort rein, wo er auch hingehört?
Der Anrufer war Ratsku.
Er hatte sich nach Eero Meltaus erkundigt. Der Mann war Ende der Neunzigerjahre wegen undurchsichtiger finanzieller Transaktionen aus der Geschäftsführung einer Firma entlassen worden, die in Tikkakoski elektronische Komponenten herstellte. Die Staatsanwaltschaft hatte damals einen Prozess in Erwägung gezogen, dann aber doch Abstand davon genommen. Danach war die Laufbahn des Mannes mühsamer zu rekonstruieren gewesen, aber allem Anschein nach hatte er sich behaupten können. Wie waren sonst die neue Wohnung, das Boot am Päijänne und der zwei Jahre alte Zweieinhalb-Liter-Audi zu erklären?
»Woher weißt du so genau über seinen Besitz Bescheid?«
»Meltaus ist es gelungen, den Fiskus reinzulegen und es so aussehen zu lassen, als würde sich sein Importgeschäft wirklich lohnen.«
»Wieso? Warum sollte es sich denn nicht lohnen?«
»Die Firma ist winzig. Du musst schon verdammt viele Flaschen Parfum verkaufen, bis du an richtiges Geld kommst.«
»Parfum ist teuer«, meinte Kuhala.
»In Finnland werden keine teuren Parfums verkauft. Außerdem vertritt der Mann ganz sonderbare Marken. Aber jetzt kommt das Wichtigste: Die Polizei hat ihn vorletztes Jahr im Frühling wegen einer Drogengeschichte observiert.« Raatikainen machte eine Pause, um Kuhala Zeit zu geben, sich von der Überraschung zu erholen. Jeri markierte das Hundepinkelverbotsschild mit einem flüssigen Gruß. Dem Hund war heiß, und er wusste nicht, was der neue Tag bei seinem neuen Herrchen bringen würde.
»Keine Beweise, nichts«, fuhr Ratsku fort. »Der Mann ist ein zu großer Fisch, um sich schnappen zu lassen, oder er ist ein kleiner Fisch und weiß, wie er seine Spuren verwischt. Wahrscheinlich ist aber, dass er auf eigene Rechnung nach dem Lonely-Rider-Modell operiert. Über seine Abenteuer ist nicht viel in die Szene durchgesickert.«
»Verdammt noch mal, woher …«
»Es ist nicht wichtig, woher die Informationen stammen, sondern wie sie zu deinen Geschichten passen. Hab ich dich denn gefragt, wo du den Namen von Meltaus her hast?«
»Nein. Ich kann es dir trotzdem verraten. In Antikainens Garage gab es ein primitives Geheimfach, darin lag ein Notizbuch, und in dem standen die Namen von Make Honka alias der Gefräßige und Eero Meltaus samt Adresse«, berichtete Kuhala.
Am anderen Ende der Leitung ertönte ein Pfiff. Raatikainen erinnerte an seine Theorie von dem Schwund konfiszierter Drogen und meinte, Meltaus könnte ein guter Köder sein.
»Das habe ich auch schon gedacht. Apropos Köder. Je länger ich mit dem Kerl sprach, desto mehr Risse bekam sein Image vom harmlosen
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