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Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markku Ropponen
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Gischt, die über das Blech des Renaults kam, prasselte und wütete dermaßen, dass sich die Sichtweite auf einen Meter verkürzte und der Hund es für das Beste hielt, auf Kuhalas Schoß Zuflucht zu suchen. Kuhala streichelte Jeris Kopf und erläuterte ihm die Hauptursachen der Klimaerwärmung und deren Folgen auf der nördlichen Erdhalbkugel. »Darüber gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse. Die Medien versuchen die Leute zu beruhigen und reden nur von der Verschiebung des Nadelwaldgürtels und einiger Pflanzen nach Norden. Aber meiner Generation und deiner Hundegeneration wird das Schlimmste erspart bleiben, auch wenn es in diesem Moment nicht danach aussieht. Nach uns die Sintflut. Da kann man nichts machen, die Gletscher schmelzen, und die Einwohner Jyväskyläs müssen am Jüngsten Tag auf die Hügel steigen, auf den Harju und den Laajavuori, auf Nykänens Sprungschanze. Da hängen sie dann und schreien.«
    Jeri leckte Kuhalas Handgelenk, das Schreckensszenario langweilte den Hund. Kuhala erwischte eine Zecke am Ohransatz, die sie gemeinsam begutachteten. »Die Zecke wird die Sintflut überleben. Wenn ich die hier aus dem Fenster werfe, lauert da drüben unter der Bank bald eine Gesellschaft von fünfhundert Zecken. Eine Zecke muss man lebendig verbrennen … verdammtes Handy, Kuhala.«
    Er setzte Jeri auf den Beifahrersitz. Die Stimme der Anruferin war im Brausen des Regens schwer zu verstehen.
    »Der Kuhala, der die Privatdetektei hat?«
    »Genau der.«
    »Ermitteln Sie im Mord an Helena Jokela? Ich hab Sie am Tatort gesehen, als die Frau gefunden wurde. Kann sein, dass ich etwas weiß, das Sie interessiert. Ich wohne in der Nähe der Brücke, im ersten Reihenendhaus. Was rauscht da so?«
    »Ein lokaler Taifun. Bei Ihnen etwa nicht?«, gab Kuhala zurück, während er die Zecke in den glühenden Miniaturscheiterhaufen des Zigarettenanzünders fallen ließ. »Sollten Sie nicht der Polizei melden, was Sie wissen?«
    Die Frau sagte, das habe sie getan, aber da sie nie wieder etwas gehört habe, gehe sie davon aus, dass die Polizei ihrer Aussage keinen Wert beimesse. »Da der öffentliche Sektor mir kein Gehör schenkt, probiere ich es mal bei einem Privaten, habe ich mir gedacht.«
    Sie nannte ihren Namen und ihre Adresse. Kuhala versprach, noch am selben Abend vorbeizukommen. Er ließ Jeri am streichholzkopfgroßen verkohlten Überrest der Zecke schnuppern, bevor er sie aus dem Fensterspalt fallen ließ. Der Regen hatte aufgehört, die Luft war frisch, die boshafte Wolke trieb über den Jyväsjärvi-See davon und brütete neue Gemeinheiten aus.

21
    17. Juni In der Yliopistonkatu liefen die Kanäle über, wo sich die Bäche kreuzten, rotierte Kleinmüll in schäumenden Strudeln, bis ein größerer Gegenstand im Strom angeschossen kam und alles Kleine mitriss. Man hörte ein Feuerwehrauto jaulen, nur wenige Leute trauten sich schon aus dem Haus, diejenigen, die sich in Geschäften untergestellt hatten, standen regungslos in den Schaufenstern, in Gedanken vertieft, als bräuchten sie Ermunterung, um sich wieder in Bewegung setzen zu können.
    Der Furor des Regens hatte von den Hängen des Stadtwaldhügels kleine schlammige Muren auf die Bürgersteige gespült, ein Bretterhaufen, der vom Dach eines Rohbaus gerutscht war, lag kreuz und quer auf dem Asphalt. Kuhala wich dem Feuerwehrauto aus und fragte sich, welche Erklärungen die Meteorologen sich ausdenken würden, oder ob sich ein Ehrengreis, der sein ganzes Leben in der Stadt verbracht hatte, am nächsten Tag in der Zeitung zu dem Statement aufschwingen würde, solche Endzeitvorzeichen habe es zeit seines Lebens noch nicht gegeben.
    Im Hinterhof des Bootsverleihers Karhunen hätte es für ein Kanu durchaus Verwendung gegeben. Das Wasser bahnte sich seinen Weg in die Keller, eine Frau in Gummistiefeln trabte an Kuhala vorbei, sie trug einen Kartoffelsack, der unten durchgeweicht war. Kuhala krempelte die Hosen hoch und bot seine Hilfe an, aber die Frau musterte ihn so misstrauisch, als hätte er die Unwetterwolke angeschleppt.
    Karhunen wohnte im obersten Stock, und es dauerte eine Weile, bis sich die Tür einen Spaltbreit öffnete. Während des Wartens gelang es Kuhala nur mit Mühe, die aufgekommene Panik aus dem Gesicht zu vertreiben. Im Treppenhaus war es ziemlich dunkel, Karhunen griff sich an seine von Boxershorts verhüllten Kostbarkeiten und sah aus, als sei er beim Mittagsschlaf überrascht worden. Er erkannte Kuhala nicht auf Anhieb und wollte die

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