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Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markku Ropponen
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sich hatte zuschulden kommen lassen. Dann ist er plötzlich verschwunden, um in einem verlassenen Wohnblock in Savipelto in die Luft zu fliegen.«
    Raatikainen verstand nichts von Kuhalas Serienfeuerbericht. Sie sahen einander an und schauten auf das schwer mitgenommene Bild. Jeri leerte mit langer Zunge den Wassernapf, den Raatikainen neben die Eingangstreppe gestellt hatte.
    »Harald Madsen«, sagte Kuhala.
    »Alias Patachon«, erwiderte Raatikainen.
    »Das passt alles nicht in die Schablone«, sprach Kuhala weiter, faltete das Stück Zeitung zusammen und steckte es ins Portemonnaie.
    »Ganz und gar nicht, wenn man dich hört und sieht.«
    Jeri witterte die ernste Wendung, die eingetreten war, er beruhigte sich, ließ sich nieder und spuckte die letzten Reste Zeitungsbrei aus. Durch das Toben war er erhitzt, aber man sah ihm an, dass er für den Erfolg der Privatdetektei zu allem bereit war.

20
    17. Juni In den frühen Nachmittagsstunden trieb die Hitze das Quecksilber auf zwei Striche über dreißig Grad, nicht der geringste Luftzug sorgte für Erleichterung, und das reichte, um den Übermut der Leute aus Jyväskylä und der Camper von anderswo, die das Strandleben nicht gewohnt waren, lahmzulegen. Die Leute lagen reglos und triefend vor Schutzfaktorcreme bei ihren sonnenanbeterischen Andachtsübungen, auf dem Gesicht ein leicht leidender und halb schläfriger Ausdruck, als wollten sie gleichzeitig herausfinden, warum ihnen so viele Tage des Lebens wie eine Last erschienen. Hin und wieder hörte man das Kreischen eines Kindes oder das Zischen beim Öffnen einer Getränkedose. Auf der Anhöhe parkte ein Wohnmobil, auf dessen Dach ein dicker Mann balancierte. Mit der Haltung eines Goldwäschers hielt er eine Satellitenschüssel in beiden Händen.
    Ein Eichhörnchen mit ausgedünntem Schwanz erstarrte auf dem Ast, an dem schon seit mehr als einer Woche der Flugechsendrachen hing.
    Kuhala ging mit dem Hund hinter den Hütten am Zaun entlang und verließ das Gelände durch ein kleines Tor. Von hier waren es nicht mehr als zweihundert Meter bis zu der Stelle, an der jemand versucht hatte, ihn mit einem Eisdorn umzubringen. Alles war innerhalb eines relativ kleinen Radius passiert. Man sah von hier aus auch Eero Jokelas Domizil am anderen Ufer und das Stück einer Stirnwand von Vikmans Haus, die einen halben Kilometer entfernt über die Hecke hinausragte. Was hätte es zu bedeuten, wenn tatsächlich auch Antikainens Passat in dieser Umgebung gesehen worden war?
    »Geh hier ein bisschen planschen! Am Badestrand kann ich dich nicht ins Wasser lassen. Man hat euch Kreaturen ja aller Rechte beraubt«, sagte Kuhala zu Jeri, der keine zweite Aufforderung brauchte, sondern sich sofort in die Fluten stürzte.
    Kuhala bückte sich, um sich den Kopf zu befeuchten, und verzog das Gesicht – nicht so sehr, weil ihm die Hitze zu schaffen machte, sondern weil ihn die Explosion in Savipelto samt anschließendem Flug dermaßen durchgeschüttelt hatte, dass es ihm vorkam, als wären seine Muskeln mit dem Gummiknüppel gelockert worden. In seinem Alter zogen sich Genesungsprozesse in die Länge, und zusätzlich beunruhigte ihn die Frage, ob der Knall womöglich eine psychische oder physische Belastung zur Folge hätte, die sich über Jahre hinzog.
    Jemand hatte ein frommes Flugblatt auf die Bank am Wegrand gelegt, über dem See flimmerte die Luft, am Rand des Schilfgürtels aber, wo die Libellen in ihrem eckigen Tanz auf und ab flogen, stand sie still. Jeri spauzte und prustete. »Das Leben ist das Tor zur Ewigkeit, das Leben in Gott der Schlüssel zur Himmelspforte.« Jemand hatte unter das Zitat geschrieben: »Iss nicht so viel Torte.« Kuhala legte das Blatt auf die Bank zurück.
    Der Volvo des Bootsverleihers war vor dem Gebäude nicht zu sehen, auch über diesem Geschäft lag Ermattung. Allerdings hatte der Mann anstelle des verblichenen Make Honka einen neuen Angestellten aufgetrieben, der Kuhala bei genauerer Betrachtung irgendwie bekannt vorkam. Er war zwischen zwanzig und dreißig und bronzebraun gebrannt. Auf seiner Nase schuppte sich die Haut. Er strahlte die Art von Ruhe aus, die nicht von der Hitze verursacht wurde, sondern die ein Mensch, wenn überhaupt, im Erbgut hat. Das Leben bringt einem das nicht bei, denn das Leben ist von Natur aus unruhig.
    Zu dieser Art von Ruhe gehörte es auch, dass er Kuhala zulächelte und den Hund bereits als Freund gewann, bevor sie sich noch richtig miteinander bekannt gemacht

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