Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
und bückte sich, um an seinen Turnschuhen herumzufummeln. Kuhala musste ihm helfen, dabei rutschte dem Jungen der Ball unter dem Arm heraus. Jeri erkannte, dass seine Chance gekommen war. Er stieß den Ball auf dem Rasen vor sich her, was den Jungen vor Begeisterung zum Jauchzen brachte und Kuhala mit Stolz über seine Initiative am Ufer des Tierheims erfüllte. Jeri trickste das Teppichklopfgestell aus, ließ den Sandkasten aussteigen und umdribbelte die Verteidigersträucher, bis er zu dem Jungen zurückkam und stehen blieb. Sein Maul stand lachend offen, die Zähne blitzten auf, der Schwanz wedelte, und die Rhabarberohren lagen am Kopf an. Kaarlo sah den Jungen begeistert an und legte ihm die kleine Hand auf den Kopf. »Toller Hund.«
Jeri war damit einverstanden, ins Tor zu gehen. Kuhala und Kaarlo spielten sich den Ball zu und gaben scharfe Torschüsse ab, aber der Hund schnappte sich alle Bälle, ob pfeilgerade oder angeschnitten oder direkt in den Winkel, und geriet dabei schließlich so sehr in Fahrt, dass er den Ball gar nicht mehr hergeben wollte, sondern sich an ihn klammerte und ein Bluesknurren ausstieß.
Kuhala musste ihn beruhigen. Dann gab er dem Jungen den Ball.
»Bist du nicht der Piva… Pri…«
»Privatdetektiv. Genau. Schwieriges Wort, aber du lernst das schon.«
»Privatdetektiv.«
»Na also, du kannst es ja!«
»Da warn solche Onkels mit Motorrädern hier, die haben nach dir gefragt.«
»Wann war das?«
»Vor der Kinderstunde.«
Der Junge sah Kuhala ernst an und bohrte in der Nase, die Hose war an den Knien geflickt und voller Erde und nassem Gras. Er hob drei Finger, um zu zeigen, wie viele Motorräder in den Hof gefahren waren, und rannte hinter die Sträucher am Rand des Rasens. »Hier ist noch ein Abdruck. Guck mal, wie tief der ist. Der Dreck ist bis ins Gebüsch geflogen. Ich hab ihnen gesagt, du arbeitest wahrscheinlich. Die waren eigentlich ganz nett, die Onkels, auch wenn die Motorräder so laut geknattert haben, dass man nicht so gut gehört hat. Wenn ich groß bin, hab ich auch so eins. Die haben gesagt, sie kommen ein andermal wieder.«
Mit flatternden Lippen machte der Junge ein Motorgeräusch, dann rannte er mit dem Ball unterm Arm auf den Asphalt im Hof und gab Gas. Mitten auf dem Kanaldeckel blieb er plötzlich stehen und rief Kuhala zu: »Ich muss jetzt gehen. Spielen wir irgendwann wieder? Die Onkels haben irgendeinen Zettel für dich an die Tür gehängt. Tschüs!«
Der Wind hatte die Nachricht abgerissen und in den Wilden Wein geschleudert. Zwischen den nassen Blättern war sie durchweicht und fast unleserlich geworden. Kuhala konnte immerhin einen Totenschädel und ein Kreuz erkennen, deren Abschreckungskraft vom Erfindungsreichtum her kaum ausreichend zu nennen war.
22
17. Juni Es war bereits spät am Abend, als Kuhala mit Jeri vor der Tür der Frau stand, die in der Nähe der Brücke wohnte. Das frisch frisierte Gartengrundstück fiel zum Ufer hin ab und erfreute den Betrachter durch hübsche Studentenblumen- und Stiefmütterchenbeete. Bei der Randsteinplatzierung war auf den Schönheitsbegriff des Mittelstands gesetzt worden, offenbar nach Lektüre mindestens eines Artikels in einer Gartenzeitschrift. Vom Carport her hörte man männliches Lachen, das gemütliche Kratzen einer Harke ließ Jeri die Ohren spitzen.
Kuhala überkam auf einmal eine solche Müdigkeit, dass er hoffte, die Frau würde bleiben, wo sie war.
»Lacht ihr nur, Jungs, aber wenn die Menschheit einst mit den elementaren Fragen konfrontiert wird, werdet ihr auch ernste Gesichter machen.«
Kuhala kannte die Stimme, nun war er derjenige, der die Ohren spitzte. Er ging näher heran und schaute auf die Rampe zum Carport hinunter. Dort standen drei Männer. Sie waren alle über sechzig, einer trug eine Mütze, der zweite stützte sich auf einen Spaten, und der dritte stemmte die Hände in die Hüften, wobei er mit schwerem Eisen beschlagene Wörter ausstieß, die dem Sommerabend die ganze Anmut zu rauben drohten. »All dieser Wohlstand ist vergänglich. Nichts als Illusion. Es tut weh, sich der Wahrheit zu stellen.«
»Dir tut es auch weh.«
»Ist auch nicht verboten. Ich sag ja bloß.«
Auch das Thema kam Kuhala allmählich bekannt vor. Der mit der Mütze und der mit dem Spaten hatten im Verlauf der Geschichte dieser Häuserreihe so viele Ergüsse des Mannes abbekommen, dass sie fähig waren, die Botschaft entgegenzunehmen, ohne sich provozieren zu lassen. Es hätte ja auch nichts
Weitere Kostenlose Bücher