Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
zwangsläufig davon ausgegangen, dass die beiden früher auch dort gewohnt hatten. So viel zu mir als gewiefte Ermittlerin, dachte sie ironisch.
»Wirklich? Diese große Familie lebte in dem kleinen Haus?«, fragte Pippa vorsichtig weiter.
Das Mädchen schüttelte heftig den Kopf. »Nur Vater und Sohn.«
»Thierry Didier und nur ein Sohn? Wieso denn das? Ich dachte, er hat vier.«
»Nein, keiner von den Rüpeln.« Das Mädchen machte eine wegwerfende Handbewegung. »Obwohl – Eric hat seine guten Seiten, wenn er will. Und ein so schönes Lächeln. Aber er kann echt eklig sein.«
Bleib bei der Sache, Mädchen, dachte Pippa ungeduldig. »Ekliger als der Sohn, mit dem Thierry Didier in der Rue Cassoulet wohnte?«
Das Mädchen blickte sie erstaunt an. »Woher soll ich das wissen? Der war längst tot, als ich geboren wurde!«
»Tot? Das ist schrecklich. Ein Unfall?«
Wieder beugte sich das Mädchen weit über den Tisch. »Mord«, flüsterte sie eindringlich, »und meine Familie …«
»Weiß nichts darüber«, sagte ein vierschrötiger Mann mit Kochschürze barsch, der wie aus dem Nichts neben dem Tisch erschienen war.
Nachdenklich sah der Wirt Pippa durch das Fenster nach, die bei seinem Auftauchen resigniert nach der Rechnung verlangt hatte.
»Ein Wasser, ein Croque Monsieur«, murmelte er, »die war nicht nur wegen des Essens hier.« Er verzog unwillig das Gesicht und herrschte seine Tochter an: »Was ist das Teuerste auf der Karte?«
»Der Cinsault und das Cassoulet«, antwortete das Mädchen eingeschüchtert.
»Cassoulet. Das passt ja.« Der Wirt grinste. »Wenn die Frau noch einmal hier aufkreuzt, wirst du ihr genau das empfehlen. Mit allen Zutaten! Verstanden?«
»Aber du hast doch eben gesagt …«
Er hob die Hand, um sie zu unterbrechen. »Eben hast du nur getratscht. Ab jetzt verkaufst du die Informationen.«
Pippa redete sich gar nicht erst ein, sie würde den Pavillon rein zufällig ansteuern. Sie suchte jemanden, mit dem sie ihre neuesten Erkenntnisse besprechen konnte, und Alexandre schien ihr nicht nur aus diesem Grunde ein geeigneter Gesprächspartner zu sein.
Auf dem Weg dorthin kam sie am Minigolfplatz vorbei, wo die Kiemenkerle gerade eine Spielrunde beginnen wollten. Sie ließ sich nicht lange bitten, als Hotte rief: »Kommen Sie, Pippa! Sissi und Lothar spendieren eine Runde, als Dankeschön für die Glückwünsche zu ihrer Hochzeit.«
Er deutete mit dem Daumen auf das junge Ehepaar, das sich verliebt anlächelte. In Lothar erkannte Pippa den Jogger, den sie am Morgen zusammen mit den drei Anglern auf dem Damm gesehen hatte.
Sie nahm den Schläger, den Wolfgang Schmidt ihr in die Hand drückte, und hörte aufmerksam zu, als Sissi sachkundig erklärte, wie man den Schläger hielt und sicher einlochte.
»So wie du ausholst, müsstest du eine hervorragende Fliegenfischerin sein, Schatz«, rief Lothar sichtlich stolz.
»Dann kauf Schatz mal schnell eine Fliegenklatsche«, stichelte Achim Schwätzer prompt, ohne damit allerdings die erhoffte Reaktion bei den beiden Frischverheirateten zu erreichen.
Stattdessen antwortete Tatjana Remmertshausen: »Die darf aber nicht zu klein sein, damit man mit ihr auch größeres Ungeziefer erschlagen kann.« Sie warf Schwätzer einen vielsagenden Blick zu.
»Etwa von der Größe, die du für deinen Mann gebrauchen könntest«, ätzte dieser zurück, »damit du endlich freie Bahn hast?« Er trat nah an sie heran und fügte halblaut hinzu: »Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Fliegenklatschen werfen, liebe Tatti.«
»Kleiner ist gerne auch mal gemeiner.« Tatjana musterte ihn abschätzend von oben bis unten. »Das trifft nicht nur für deine Drohungen zu, Achim. Aber was will man von einem Schwätzer auch anderes erwarten?«
Alle Achtung, dachte Pippa, diese spitze Zunge könnte es sogar mit Karin Wittig aufnehmen. Nur ist Achim Schwätzer nicht der passende Gegner. Sie sollte damit lieber mal ihren Mann aus der Reserve locken.
Pippa sah sich um, aber niemand außer ihr hatte dem Schlagabtausch der beiden Beachtung geschenkt, denn alle waren mit dem Spiel beschäftigt. Ihr fiel auf, dass Gerald Remmertshausen der einzige der Kiemenkerle war, der nicht zum Minigolf erschienen war – dafür sah sie Pascal, Lisette und Ferdinand kommen, dicht gefolgt von Alexandre Tisserand. Dieser trug seine Malutensilien unter dem Arm und kam wie zufällig vom Pavillon herbeigeschlendert. Er nickte Pippa zu und blieb etwas abseits stehen.
»Schön, dass
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