Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
den Atem an, um keinen Ton zu verpassen. Das ist ja Abel, dachte sie fasziniert, wie wunderbar er singen kann. Liebe geht nicht nur durch den Magen – auch eine schöne Stimme kann betören.
Sie driftete dem Schlaf entgegen, wurde aber kurz vor dem Einschlummern durch lautstark klappende Türen im Stockwerk unter ihr wieder geweckt.
»Das heißt, du glaubst mir nicht!«, hörte sie Tatjana schreien. »Verstehe ich das richtig?«
»Bist du denn sicher, dass kein Missverständnis vorliegt?«, antwortete Gerald Remmertshausens sonore Stimme ruhig. »Du weißt schon, ein …«
»Missverständnis?«, fiel Tatjana ihm empört ins Wort. »Was gibt es denn da falsch zu verstehen? Die Sachlage ist doch wohl eindeutig.«
»Ich meinte auch nicht, dass du etwas falsch verstanden hast, sondern er «, erwiderte Gerald. »Schließlich bist du …«
»Ach ja? Ich?«, unterbrach sie ihn wieder. »Ich bin … was ?«
Ihr wisst vielleicht nicht, dass euer Fenster offen ist, dachte Pippa peinlich berührt und stand auf, um ihres zu schließen.
»Du weißt genau, was ich meine«, schoss Gerald zurück. »Jan-Alex, Pascal, dann Tisserand – und jetzt eben Achim Schwätzer. Er hat es mir selbst erzählt. Noch gestern Abend. Direkt danach.«
»Und du glaubst ihm?«, schrie Tatjana, mittlerweile völlig außer sich. »Du glaubst ihm eher als mir? Das ist mehr, als ich ertragen kann, Gerald! Mein eigener Mann glaubt mir nicht!« Sie brach ab und holte tief Luft.
Als sie wieder sprach, klang ihre Stimme ruhig und kalt. »Ich habe gelernt, mit allem allein fertig zu werden. Ich werde auch damit fertig. Genauso wie mit dir. Lass dich erst wieder blicken, wenn du dich entschieden hast, für mich einzutreten. Sonst bleib bei deinen verdammten Angelruten. Und jetzt raus, bevor ich mich vergesse.«
Mit der Hand am Fenstergriff stand Pippa da und lauschte erschrocken in die nun folgende Totenstille.
Kapitel 12
E in Klopfen an der Tür weckte Pippa am nächsten Morgen.
Ich hoffe, das wird nicht zur Gewohnheit, Kommissar Schmidt, dachte sie grimmig, und auch noch zwei Stunden früher als gestern. Schlaftrunken quälte sie sich aus dem Bett und öffnete. Ohne hinzusehen, drehte sie sich wieder um und tappte in Richtung Bad.
»Hoffentlich ist das Ei nicht wieder hart«, knurrte sie.
»So anspruchsvoll am frühen Morgen?«
Pippa erstarrte zur Salzsäule. Das war nicht Schmidts Stimme. Auch nicht die von Pascal. Das war …
Fassungslos fuhr sie herum. »Leo!« Das war alles, was sie herausbrachte.
Leonardo Gambetti betrat die Wohnung und schloss so lässig die Tür, als wäre es die normalste Sache der Welt, dass er nicht in Florenz, sondern in Chantilly-sur-Lac war.
»Wie ich sehe, bin ich nachts immer bei dir«, sagte er und deutete auf ihr Michelangelo-Nachthemd.
Das muss ein Alptraum sein, dachte sie, ein fürchterlicher Alptraum. Ich mache jetzt die Augen zu, und wenn ich sie wieder öffne, ist er weg. Sie zwinkerte, aber auch danach stand Leo immer noch mitten im Zimmer und strahlte sie an.
»Was willst du hier?«, fauchte sie.
Statt einer Antwort kam Leo mit ausgebreiteten Armen auf sie zu, und sie wich zurück, bis sie die Wand in ihrem Rücken spürte.
»Wage es nicht, Leo. Woher weißt du, dass ich hier bin?«
Ihr Noch-Gatte hob beide Hände und grinste. »Ede Glasbrenner hat eine verboten niedrige Rente.«
Deshalb der kryptische Anruf von Sven und Lisa, dachte Pippa. Es ging gar nicht um die Frankreich-Reise der beiden.
»Jetzt begreife ich auch, warum in der Transvaal alle verrückt spielen – deinetwegen!«
»Immerhin habe ich es geschafft, hier zu sein, bevor man dich warnt«, sagte er. »Wäre auch zu schade gewesen. Ich liebe Überraschungen.« Sorgfältig zupfte er eine imaginäre Fluse vom Ärmel seines Leinenhemdes. »Du könntest dich ruhig ein bisschen freuen. Ich bin die ganze Nacht durchgefahren, um dich zu sehen. Und du weißt, wie sehr ich lange Autofahrten hasse.«
»Hör auf damit«, gab sie ungeduldig zurück. »Wieso bist du hier, Leo?«
»Aber Schatz!« Er schüttelte amüsiert den Kopf. »Das sollte doch wohl klar sein. Ich will dich nach Hause holen. Florenz ist so leer ohne dich.«
»Wieso? Gibt es dort keine Frauen mehr, die du noch nicht mit deiner Zuneigung beglückt hast?«
Sein Lächeln verschwand. »Nun sei doch nicht so nachtragend. Müssen wir diese alten Kamellen immer wieder aufwärmen?«
Ich darf mich auf diese Diskussion nicht einlassen, beschwor sich Pippa, bloß
Weitere Kostenlose Bücher