Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
Frauen, die er nicht beeindruckt«, flüsterte Sissi Pippa zu.
»Bei dieser verdammten Schwüle kann man keine großen Fänge erwarten«, schnappte Achim Schwätzer und knallte Besteck neben die Teller, um zu demonstrieren, dass er Wichtigeres zu tun hatte, als sich weiter zu unterhalten.
»Wo ist denn Tatjana eigentlich?«, fragte Pippa. »Ich vermisse sie hier.«
»Ihr anfängliches Interesse am Angeln hat sich wohl wieder gelegt«, antwortete Gerald Remmertshausen ärgerlich. »Keine Ahnung, wo sie steckt.«
Pippa überlegte für einen kurzen Moment, ob sie ihm von dem nächtlichen Bad im Lac Chantilly erzählen sollte, aber Gerald wandte ihr brüsk den Rücken zu und signalisierte, dass er nicht zum Plaudern aufgelegt war.
Dann eben nicht, dachte Pippa und zog Sissi ein paar Schritte zur Seite. »Rate mal, wie ich die letzte Nacht verbracht habe«, sagte sie und berichtete ihr ausführlich von den Stunden mit Tatjana und Cateline. Als sie zum frühmorgendlichen gemütlichen Beisammensein in ihrer Wohnung kam, rief Sissi: »Blinkerbabys mit Blanquette, und ich schlafe in seliger Ahnungslosigkeit, unglaublich! Das nächste Mal möchte ich geweckt werden! Warum soll ich einsam und allein in meinem Bett liegen, wenn Lothar ins Lager geht, um zu maulen?«
»Versprochen!« Pippa hob zwei Finger zum Schwur, dabei fiel ihr Blick auf Alexandre Tisserand und Vinzenz Beringer.
Die beiden Männer standen abseits der anderen am Paradiesbach. Vinzenz hielt seine Angel ins Wasser, und Alexandre arbeitete an seiner Staffelei. Sie waren nicht nur jeder in seine Tätigkeit, sondern auch in ein ruhiges Gespräch vertieft und vermittelten ein Bild freundschaftlicher Gelassenheit und echten Einverständnisses.
»Erwachsene Männer«, sagte Pippa und seufzte.
Sissi nickte. »Die beiden haben sich wirklich gesucht und gefunden.«
»Es gibt eben Gott sei Dank nicht nur Achim«, gab Pippa trocken zurück, »es gibt auch richtige … Angler.«
Bei Vinzenz’ Anblick erinnerte sich Pippa, dass sie Sissi eine Frage stellen wollte. »Du hast mir während unserer ersten Angelstunde erzählt, Vinzenz’ Schlüsse aus eurer Recherche im Angelshop hätten dich stutzig gemacht. Wie hast du das genau gemeint?«
Sissi überlegte einen Moment und sagte dann: »Ich arbeite als Reiseleiterin für Busreisen. Mein Französisch stammt aus Dutzenden von Seniorenfahrten nach Paris. Ich habe die Sprache also nicht en détail studiert, aber ich komme durch. Bei dem Gespräch im Angelladen habe ich durchaus verstanden, um was es ging.« Sie runzelte nachdenklich die Stirn. »Deshalb wundere ich mich, wie viel und vor allem welche Informationen Vinzenz daraus entnommen hat. Ich habe nur herausgehört, dass die Dorfbewohner sich wünschen, dass die Didier-Jungs endlich von der Straße kommen, und dass Jean Didier das Gegenteil seiner jüngeren Brüder war: sanft und verträumt. Er liebte Musik, spielte selbst Gitarre, sang im Chor. Ein Künstlertyp. Alle mochten ihn und hätten ihm gegönnt, dass er einmal das Vent Fou übernimmt. Das war meiner Ansicht nach alles. Mehr haben die Verkäufer nicht gesagt.«
»Mehr nicht?«, fragte Pippa verblüfft.
»Mehr nicht.«
»Vielleicht haben die Kiemenkerle Vinzenz noch einiges gesteckt.«
»Nichts, was ich nicht auch gehört habe. Außerdem war dazu keine Gelegenheit«, erwiderte Sissi bestimmt. »Du hast uns doch selbst auf dem Damm getroffen, als wir das neue Angelzeug ins Lager geschleppt haben. Wir sind gleichzeitig mit dir dort angekommen.« Sie machte eine Pause und sprach leiser weiter: »Ich denke eher, dass unser Professor Beringer eine allzu blühende Phantasie hat. Das passiert wohl, wenn man Bücher schreibt.«
»Vinzenz schreibt Bücher?«
»Das wusstest du nicht? Er schreibt historische Jugendbücher und ist ein berühmter Sprachwissenschaftler. Selbst das Fernsehen zieht ihn regelmäßig als Experten zu Rate. Er kann gut erklären: kurz und knapp und auf den Punkt.« Sie zuckte mit den Schultern. »Nur bei Jean Didier nicht.«
Ehe sie weiterreden konnten, rief Bruno zu Tisch. Alle versammelten sich um die reich gedeckte Tafel, nur Tisserand nahm davon keine Notiz und malte konzentriert weiter.
Abel bemerkte Pippas Blick zu Alexandre und fragte: »Sollen wir ihm etwas bringen?«
»Gute Idee.«
Pippa belud einen Teller mit Fisch und Salaten und ging zu dem Maler hinüber, Abel folgte mit Wein, Wasser und Gläsern. Alexandre bedankte sich für die Aufmerksamkeit, legte den Pinsel
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