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Tote gehen nicht

Tote gehen nicht

Titel: Tote gehen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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Füße, die in Highheels steckten, und schob es Richtung Flur. Er schloss die Glastür hinter ihm und fuhr sich durchs Haar.
    Grund war ein etwas zu klein geratener, aber gut aussehender Vierziger in lässiger, teurer Kleidung, einem rosafarbenen Polohemd von Ralph Lauren und einer dunkelgrauen Twill-Hose von Brax. Seine Füße waren groß und braun und nackt. So wie seine Hände. So wie sein Gesicht. Seine Haare, deren Farbe von Pfeffer zu Salz wechselte, hatten die von vielen Frauen geliebten Wellen. Eine Vorliebe, die Sonja nicht teilte.
    Er breitete die Arme aus und bemühte sich um jugendlichen Charme. »Jetzt habe ich alle Zeit der Welt für Sie, Madame. Bitte nehmen Sie Platz, wo immer Sie möchten. Einen Latte oder lieber einen Cappuccino?« Er zwinkerte ihr zu. »Oder ein Schlückchen Prosecco?«
    »Einfach nur einen normalen Kaffee«, bestellte Sonja. »Und Hauptkommissarin reicht völlig.«
    »Ihr Wunsch ist mir Befehl.« Grund entfernte sich und klapperte in der offenen Küche herum, die mit Sonjas Kochecke im Forsthaus am Ende der Stromleitung nicht zu vergleichen war. Dort herrschte ein bunt zusammengewürfeltes Chaos, hier präsentierte sich ein Realität gewordenes Bild aus einem Möbelkatalog. Der Herd stand als silbern glänzender Block mitten im Raum, über ihm eine silberne Abzugshaube, die einer Raketenabschussrampe glich. Die Wände waren mit hochglänzend weißen Einbauschränken zugebaut, der Boden war weiß gefliest. Auf den ebenfalls weißen Arbeitsplatten rings herum stand nichts außer einer silbernen Espressomaschine.
    Sonja setzte sich unbeholfen auf eine Ecke des voluminösen Sofas hinter den baumstammlangen Tisch, auf dem eine Ray-Ban, eine Packung Lucky Strike und ein silbernes Feuerzeug lagen.
    Stammte die Kippe in Einruhr am Ende der Notfalltreppe nicht auch von einer Lucky Strike? Sarah Neroth rauchte auch Lucky Strike. Sonjas Gespür für Tabak war seit ihrer Rauchentwöhnung ziemlich differenziert. Es würde ihr gefallen, diesen Fall oder einen anderen allein mithilfe einer Zigarette zu lösen, die den Täter überführte.
    Grund servierte in viereckigen Tassen. Sonja trank ihren Kaffee, der stark und schwarz wie die Hölle war, während im Bad der Föhn rauschte. Sonja fuhr sich mit einer Hand durch ihre Locken und versuchte sie mit ein paar Handgriffen in Form zu bringen.
    Grund setzte sich nicht neben sie, sondern stellte sich breitbeinig ans Fenster und drehte ihr den Rücken zu. Die Hände in den Hosentaschen, wippte er auf den Fersen vor und zurück.
    »Herr Grund, ich bin hier, um Ihnen zu sagen, dass Ihre Stieftochter Helena Finn vorgestern ermordet wurde und gestern ...«
    Grunds nackte Ferse quietschte auf dem Parkett, als er herumfuhr. »Was reden Sie da!«
    »Sie ist in einem Hotel in der Eifel ermordet worden. Mein Beileid.«
    Grund rang die Hände, stampfte mit dem Fuß auf und wandte sich wieder der grandiosen Aussicht auf St. Gereon zu. »Nein! Das darf nicht wahr sein! Helena mit ihrer verdammten Wanderei! Wie oft habe ich ihr gesagt, wie gefährlich das ist. So ganz allein im Wald.«
    »Es ist nicht im Wald passiert«, sagte Sonja.
    »Wer war das? Wer tut so etwas?« Er starrte Sonja an, schüttelte den Kopf ein paar Mal, ging im Raum hin und her. »Helena war so ein liebes Mädel ... Meine kleine, süße Helena ...? Wurde sie etwa verge...?«
    Sonja schüttelte den Kopf.
    »Was denn?«
    »Sie wurde erstickt.«
    »Mein Gott!«, er schüttelte seine Wellen. »Wer macht so etwas?«
    »Das herauszufinden, bin ich hergekommen«, sagte Sonja und stellte ihre Tasse ab. Sie fragte sich, ob Anna Grund ihren Mann nicht doch vor ihrem Tod über den Mord an Helena informiert hatte, denn er wirkte merkwürdig gefasst. Oder zumindest so, als sei das keine Neuigkeit für ihn, was er da gerade erfuhr. Und sie wunderte sich noch mehr darüber, dass Grund nicht nach dem Orts- oder Hotelnamen fragte. Aber vielleicht war er auch nur konfus.
    »Ihre Frau ...«
    Grund drehte sich um und verzog die Stirn zu einer zerklüfteten Bergkette. »Weiß sie schon davon?«
    Sonja nickte und berichtete von ihrem Anruf bei Anna Grund bis zur Identifikation im Hotel. »Hat sie Sie nicht angerufen?«
    »Nein, verdammt!« Er trat mit dem nackten Fuß gegen das Sofa.
    »Herr Grund, wo waren Sie vorgestern Nacht. In der Nacht vom 12. auf den 13. Mai?«
    »Sie machen Witze!« Er lachte und breitete die Arme aus. »Ich? Im Betrieb natürlich. Bis kurz vor Mitternacht. Wo ich fast jede Nacht bin.

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