Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
ja Markus in dieser Detailgenauigkeit erst einmal nicht erzählen. Ich picke mir stattdessen Einzelteile heraus und lasse ihn sich sein eigenes Bild machen.
Doch nun, da er mir inzwischen etwas zu viel in Sachen Rike nachbohrt, wechsele ich schnell das Thema und frage, ob es denn in Sachen Gruber-Mord etwas Neues gäbe.
Nach wie vor ist unumstritten, dass Jochen Gruber mit seinem eigenen Jagdgewehr erschossen wurde und es eher nach einer ungeplanten Tat aussieht. Da Maik Fichtenau es nicht war, werden meine erzürnten Hundefreunde schnell zu Hauptverdächtigen.
Markus fügt allerdings hinzu, dass Egon, das Herrchen des toten Bummo, für die Tatzeit ein Alibi habe, eine ordentlich gestempelte Schicht in der Druckerei Ullrich in Laubach.
Mit Irmgard Böhning, der Vorsitzenden der «Hunde-Engel», habe er bisher noch nicht persönlich sprechen können, da sie laut einer Kollegin bis gestern Nacht in Rumänien gewesen sei, um Straßenhunde zu retten. Zur Tatzeit sei sie aber noch in Deutschland gewesen. Ich biete Markus an, den Besuch im Tierheim zu übernehmen.
«Willst du dich nicht lieber erst einmal etwas erholen nach der Sache mit deinem Vater?»
Heldenhaft wie ein wahrer Mann, wie ein echter Beißer, wie ein nicht müde zu kriegender Mega-Cop schüttle ich den Kopf und sage nur kurz und einsilbig:
«Geht schon.»
In Ober-Lais, einem weiteren Stadtteilchen von Nidda, hat es sich Irmgard Böhning zur Lebensaufgabe gemacht, alle Hunde dieser Welt zu retten. Dafür reist sie unermüdlich alle paar Wochen durch Osteuropa, fahndet nach verwahrlosten Hunden, importiert sie nach Deutschland, versorgt sie dann hier, um sie am Ende mit Hilfe des Internets an Hundeliebhaber zu vermitteln.
Doch an diesem letzten Punkt hapert es noch ein wenig.
Nicht dass es zu wenig Interessenten gäbe, nein, nein, eine Vermittlung scheitert fast immer an den Anforderungskriterien, die die «Hunde-Engel» anlegen. Es scheint jedenfalls leichter zu sein, ein Kind zu adoptieren, als bei Irmgard einen gepeinigten Hund vermittelt zu bekommen.
Tatsächlich waren bisher nicht allzu viele Interessenten bereit, ihren Beruf aufzugeben, um dem betreuten Tier genügend Zeit widmen zu können. Dem Neuankömmling auf Kosten des Kinderzimmers einen eigenen Raum herrichten zu müssen, lässt viele außerdem zögerlich werden.
Aber mit Kindern hat man ohnehin kaum eine Chance. Das Kind an sich ist für Irmgard der natürliche Feind des Hundes, und so wird sie auch nicht müde, immer und immer wieder zu betonen, wie «grausam» Kinder sein könnten. Gerne erzählt sie in diesem Zusammenhang die Geschichte, wie 1978 ein dreijähriger Junge aus Herne einen kleinen Chihuahua aus dem Auto auf die Autobahn warf, weil er auf der Raststätte kein Eis bekam.
Nicht selten führt sie daher in ihrem Hundeheim mit den Kindern der potenziellen Hundebesitzer selbst entwickelte psychologische «Wesenstests» durch.
Im Hof des Heims hat sie zur freundlichen Begrüßung aller Gäste Plakate von misshandelten Hunden aufgestellt. Unter einem der Bilder steht: «Dieses Ohr hat ein 11 -jähriger Junge abgeschnitten. Stellen Sie sich mal vor, wie groß das Geschrei wäre, wenn das jemand mit IHREM Kind machen würde!»
Sollte es tatsächlich einmal zu dem seltenen Fall kommen, dass eines der Tiere vermittelt werden kann, muss sich der neue Besitzer natürlich auf regelmäßige unangemeldete Hausbesuche einstellen. Zu Beginn nicht selten dreimal die Woche. Wenn da auch nur der leiseste Zweifel bei Irmgard aufkommen sollte, packt sie den betreffenden Hund, ohne zu zögern, wieder in ihren Kofferraum und verschwindet.
Da ihre Ansprüche nun einmal so hoch sind, versorgt sie aufgrund des Platzmangels im Ober-Laiser Hundeheim bei sich zu Hause privat weitere neun Hunde.
Ein bisschen ist sie wie eine dieser Frauen, die einer Putzfrau nach der anderen kündigen, da das Staubwischen ohnehin niemand anders auch nur annähernd so gründlich hinbekommt wie sie selbst.
Ich klopfe also nach Betrachten der wonnigen Begrüßungsbilder vorsichtig an eine der Scheunentüren, in denen die Hunde untergebracht sind.
«Wuff, wuff», macht es da gleich.
Am anderen Ende der Scheune ist Irmgard Böhning mit zwei schon etwas ermattet wirkenden jungen Eltern im Gespräch, die ein ungefähr einjähriges quengelndes Kind an der Hand halten. Ich höre Satzfetzen wie «Rollo braucht hundertprozentige Fürsorge, ich wiederhole, HUNDERT prozentige Fürsorge» oder «Neeee, das geht
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