Tote Kehren Nicht Zurück
uns geht, um unsere Lebensumstände, erscheinen sie mitleidslos. Sie umgeben sich mit Regeln und Gesetzen und handeln nach Vorschriften, die kein Mensch mehr durchblickt.«
»Das ist bei der Polizeiarbeit heutzutage auch nicht mehr viel anders«, entgegnete Markby. Der Chief Constable schnaubte abfällig.
»Das müssen Sie mir nicht sagen, Superintendent. Tun Sie einfach Ihr Bestes, in Ordnung?«
Er wollte nicht über die Maßen dienstlich und herzlos erscheinen, und so wählte Markby seine nächsten Worte mit Bedacht.
»Wir werden dieser Sache auf den Grund gehen, Carla, und ich hoffe sehr, dass wir dir nicht zu viel Stress und Aufregung bereiten müssen. Doch ein gewisses Maß ist unvermeidlich … Ich … und meine Beamten, wir müssen Fragen stellen, einige davon sehr persönlich. Jede Morduntersuchung beinhaltet ein Eindringen ins Privatleben, das den Betroffenen grausam erscheinen mag.«
»Ein Mord ist an und für sich schon ein grausames Eindringen in das Privatleben, meinst du nicht?«
Das brachte ihn vorübergehend aus dem Konzept, und er konnte nur schweigend nicken. Sie ging zum Kartentisch und beugte sich vor, um eine Zigarette aus einer kleinen Messingdose zu nehmen. Mit der offenen Dose in der Hand drehte sie sich zu ihm um.
»Möchtest du auch eine?« Markby schüttelte den Kopf.
»Danke. Ich habe seit fünfzehn Jahren nicht mehr geraucht.« Sie stellte die Dose auf den Tisch zurück und zündete sich ihre eigene Zigarette an. Sie nahm einen Zug, dann sagte sie:
»Andrew wollte immer, dass ich damit aufhöre. Ich habe es eingeschränkt, aber im Augenblick ist mir egal, was mit meinen Lungen passiert. Hattest du nie Lust auf eine Zigarette, Alan, auch nach fünfzehn Jahren nicht? Bei deiner Arbeit gibt es doch sicher viele stressige Augenblicke?« Markby war an einer ehrlichen Antwort gelegen.
»Ja. Manchmal würde ich gerne eine Zigarette rauchen. Aber das Gefühl war nie so stark, dass ich nachgegeben und mir eine angesteckt hätte. Sagen wir mal so, ich habe mich daran gewöhnt, nicht zu rauchen. Ich will nicht wieder damit anfangen.« Sie sank in einen gepolsterten Lehnsessel und bedeutete ihm, den Sessel gegenüber zu nehmen.
»Ich habe den kleinen Ambulanzwagen wegfahren sehen. Haben sie … haben sie ihn mitgenommen?«
»Ja.«
»Wird es eine Autopsie geben? Was frage ich, natürlich wird es eine geben. Bitte entschuldige, wenn ich eine Menge dummes Zeug rede. Ich bin ganz durcheinander. Wird man ihn … ich meine, bevor sein Leichnam zu uns zurückkommt zum Begräbnis, wird man ihn wieder sauber machen?«
»Keine Sorge, sie sind sehr gründlich.« Markby zögerte.
»Soll ich vielleicht später noch einmal vorbeikommen, Carla?« Sie schüttelte entschieden den Kopf.
»Nein, ich will reden. Ich brauche jemanden zum Reden. Das bringt mich von meiner Sorge um Luke ab.«
»Euer Sohn?« Markby hob die Augenbrauen.
»Wieso, was ist mit ihm?«
»Nichts, nur dass er mit dem Wagen von Cambridge hierher unterwegs ist. Man hat ihm nicht gesagt, dass sein Vater ermordet wurde. Er weiß nur, dass es einen Unfall gegeben hat. Ich hoffe sehr, er fährt vorsichtig und riskiert nicht Kopf und Kragen oder verliert gar noch den Führerschein. Ich bin erst beruhigt, wenn er heil und wohlbehalten hier angekommen ist. Der arme Junge, es wird sicher ganz schrecklich für ihn sein, wenn er erfährt, dass sein Vater …« Sie beugte sich über die Armlehne des Sessels und drückte ihre halb gerauchte Zigarette aus.
»Verdammte Migräne«, sagte sie.
»Immer noch?«
»Nicht im Augenblick, nein. Aber gestern Nacht hatte ich einen Anfall. Ich war über Mittag in der Stadt, ich meine in London, zu einem Geschäftsessen. Wir haben über eine neue Sendereihe gesprochen. Die letzte lief gut, aber wir wollen die alte Formel nicht wiederholen …« Sie brach ab und schnitt eine Grimasse.
»Das gibt es doch nicht, ich rede immer noch über das Geschäft, obwohl draußen … bin ich vielleicht schon so festgefahren, dass ich nicht mehr …?«
»Nein, nicht festgefahren«, beschwichtigte Markby sie.
»Meredith hat deine letzte Serie verfolgt und mir erzählt, wie gut sie ihr gefallen hat.«
»Danke. Unaufgefordertes Lob ist immer willkommen. Die Sache ist die, jemand hatte das Essen schon vorbestellt, und alles war gut, bis der Nachtisch kam, und wie sich herausstellte, war es Mousse au Chocolat. Schokolade ist eines der Lebensmittel, die meine Migräne hervorrufen, und ich meide sie,
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