Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition)
erzählt habe. Im Jahr darauf habe ich Spritzen-Kiki kennengelernt, die ihren Urlaub im Club verbracht hat. Wir haben uns gefallen. Und weil sie Krankenschwester war, hat King sie eingestellt. So sind wir Koko und Kiki geworden.«
» Man hat mir erzählt, Sie seien entlassen worden.«
» Oh nein, King hat mir nur angekündigt, dass ich gefeuert werden sollte, aber ich hatte Glück, er ist genau danach gestorben. Bleibt nur zu wissen, was Königin entscheiden wird, sie hat noch nichts bestätigt. Ich hoffe, dass ich mit ihr auch so viel Glück haben werde.«
Er hatte das sehr ruhig gesagt, ohne ein Lächeln. Das musste schwarzer Humor sein. An der Wand hingen einige Fotos. Auf einem erkannte Viviane Schraubenzieher- und Küchen-Koko, die neben Clown-Koko standen und Kerzen auf einem Kuchen ausbliesen.
» Sind Sie befreundet, Sie drei?«
» Ja, und das gefiel King nicht. Er mochte es nicht, wenn wir Kokos zu sehr unser eigenes Ding machten. Die einzigen Freunde, die wir aus seiner Sicht haben durften, waren die vierhundert Chéris.« Clown-Koko fluchte. Er hatte sich mit seiner großen Nadel gestochen. Ein Blutstropfen quoll an seinem Zeigefinger hervor, er lutschte daran und runzelte die Brauen. » Sehen Sie, was mir passiert, wenn ich nur von ihm rede? Sogar nach seinem Tod geht er mir noch auf den Senkel, der Kerl.«
» Warum wollte King Sie eigentlich feuern?«
» Er hat mir vorgeworfen, dass ich immer dieselben Witze mache. Ein blödsinniger Vorwurf. Das ist es ja genau, was das Publikum zum Totlachen findet. Der Chéri weiß, was jetzt kommen wird und erwartet den Witz umso aufgeregter. Sie kennen vielleicht die Theorie des Komischen von Bergson…« Er schaute zufrieden auf sein Werk. » So, das wär’s. Soll ich Ihnen nicht den anderen auch noch annähen? Geht aufs Haus.«
Viviane bedankte sich und zog den anderen Schuh aus.
Clown-Koko fädelte einen neuen Faden durch das Nadelöhr der Ahle. » Das ist es, was für uns Kokos so lästig ist. Wir sollen für die Chéris die Helden spielen, aber es gibt bei Helden eine Transzendenz, die unsere menschliche Seite nicht erfüllen kann. Menschliches, Allzumenschliches, verstehen Sie, was ich meine?«
Viviane deutete ein bestätigendes Nicken an, Clown-Koko schien erfreut.
» Ach, das tut gut, eine Chérie kennenzulernen, die Nietzsche gelesen hat«, seufzte er, während er durch das Leder stach.
Viviane sah ihm bewundernd bei der Arbeit zu. Beinahe hätte sie darüber ihre Ermittlungen vergessen. Aber ihre berufliche Gewissenhaftigkeit gewann wieder Oberhand.
» Erinnern Sie noch daran, was Sie nach Ihrer Unterredung mit King gemacht haben?«
» Ein paar Chéris haben mich an die Bar geschleppt und mir Drinks spendiert. Nach einer Stunde sind Königin und Animateur-Koko mich holen gekommen. King hatte sie geschickt, aber als wir im Amphitheater ankamen, war es, als hätte er sich in Luft aufgelöst. Also habe ich mit Schraubenzieher-Koko und zwei Chéries Boule gespielt. Weil auf dem Boule-Feld gerade ein Wettkampf stattfand, haben wir auf der Wiese der zona privada gespielt, bei der Treppe. Später hat Animateur-Koko mich gebeten, Witze vorzubereiten, die wir am Abend unter dem gehängten König erzählen wollten. Mir ist nichts eingefallen, da bin ich zu Küchen-Koko gegangen. Der ist witzig, er hat Talent für Wortspiele.«
» Waren Sie die ganze Zeit zusammen?«
» Ja, bis auf zwei Minuten, in denen ich hierher zurückgekommen bin, um einen Notizblock zu holen, damit ich Ideen aufschreiben kann.«
» Und Ihr Boule-Spiel, um wie viel Uhr war das?«
» Kurz nach 18 Uhr. Um 19 Uhr bin ich zu Küchen-Koko in die Küche gegangen.« Er gab Viviane die Sandalen zurück und brachte sie zur Tür.
Sie unternahm einen letzten Versuch: » Als Sie gegangen sind, haben Sie da den Henker gesehen?«
» Nein, aber ich habe erst Carlo, dann Cristo hochgehen sehen.«
Da Viviane nicht zu begreifen schien, fügte er mit einem donnernden Lachen erklärend hinzu: » Monte-Carlo und Montecristo.«
Viviane lächelte höflich und ließ ihn dort stehen, während er noch hinterherrief: » Und Limar! Und Video!«
Diese Unterhaltung hatte die Kommissarin verwirrt. Clown-Koko war sympathisch, fast zu sympathisch. Er hatte auf Durchsichtigkeit gesetzt, aber sie misstraute durchsichtigen Verdächtigen. Jeder normale Mensch hatte etwas zu verbergen.
Ihrer eigenen Courage folgend, machte sich die Kommissarin auf zum Bauch-Beine-Po-Kurs. Ungefähr zehn Leute waren gekommen,
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