Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition)
Von wegen Diskretion, wir sollten noch mal mit ihr sprechen«, murrte Viviane. » Aber so schlimm ist es gar nicht, morgen Abend hätte man es sowieso erfahren. Haben Sie auf Ihrem Ausflug noch andere Informationen sammeln können, Willy?«
» Ich habe auch nachgedacht. Ich glaube, wir sollten die Sache mit der Katze nicht außer Acht lassen.«
» Perfekt. Ich ernenne Sie zum Chefermittler im Fall Katze. Das wird der Fall Ihres Lebens.«
Willy biss sich auf die Lippen und holte sich einen Nachtisch. Er kam zurück und schälte seine Orange, ohne den Kopf zu heben. Viviane war verlegen. Sie hatte ihren Lieutenant ganz dumm beleidigt und wusste nicht, wie sie es wieder geraderücken sollte.
Eine näselnde Stimme aus den Lautsprechern half ihr aus der Klemme, und die Stimme von Animateur-Koko rief alle Chéris zum Themenabend auf: » Und das Thema, meine lieben Freunde, ist das Paar!«
» Da gehen wir hin, ja, das wird lustig!« Der Lieutenant hatte genug geschmollt, er war wieder er selbst geworden und sagte diese Worte freudig, ohne eine Spur von Ironie, ohne unterschwelligen Ton. Da die Kommissarin schwieg, ergänzte er: » Sie können Ihre Zeit doch nicht damit verbringen, einen Flunsch zu ziehen. Das wird Ihnen guttun. Das bringt Sie auf andere Gedanken.«
» Ich werde hingehen, Willy, aber nur im Rahmen der Ermittlungen.«
Vielleicht könnte sie Blicke erhaschen, Annäherungsversuche ausmachen. Ihr drängte sich wieder das Bild von Königin und den nackten Kokos auf. Um es endlich aus ihrem Kopf zu vertreiben, drehte sie eine Runde am Nachtisch-Buffet und entschied sich nach langem Zögern für eine schöne Portion Erdbeerkuchen. Er hatte doch gesagt, man solle Obst essen, oder?
Später kam Cruyff, um Viviane abzuholen, und schleppte sie mit derselben Begeisterung ins Amphitheater, wie ein Kind, das auf die Kirmes geht.
» Trennen wir uns«, befahl sie ihm, als sie das Amphitheater betraten. » Dann sind wir unauffälliger.« Die Kommissarin wollte nicht öffentlich mit ihm gesehen werden, ganz abgesehen davon, dass bei einem solchen Thema alle möglichen Vertraulichkeiten seinerseits zu befürchten waren.
Der Lieutenant setzte sich auf eine der vordersten Stufen, sie blieb auf der letzten sitzen, dort, wo niemand hinkommen würde. Man würde » das Paar« ohne sie feiern.
Animateur-Koko trat ganz in Weiß gekleidet auf der Bühne nach vorn– es fehlten nur noch die Pailletten. Je eleganter er sich gab, desto vulgärer würde er wohl werden. » Gibt es etwas Schöneres als ein Paar?«, rief er aus, alleine mitten auf der Bühne. » Gibt es etwas Magischeres als zwei Blicke, die sich treffen, zwei Seelen, die im Einklang erzittern, zwei Körper, die sich entdecken?« Nach einem suggestiven Beckenschwung fuhr er fort: » Herzlich willkommen allen Paaren, die heute Abend da sind. Fasst euch bei der Hand und stellt euch hinter mich!«
Ein Großteil der Menge kam seiner Aufforderung fröhlich nach. Viviane war niedergeschlagen und machte sich auf ihrer Bank ganz klein. Unter solchen Individuen sollte sie die Urlauberin mimen!
Animateur-Koko sprach weiter: » Oh, da sehe ich auf den Stufen welche, die dieses Glück noch nicht kennen. Vergessene Herzen, gebrochene Herzen– der Esprit-Club wird dort helfen, wo Hilfe am nötigsten ist. Ihr, die Verschreckten, ihr, die ihr euch dort oben versteckt, zeigt euch! Ich will zehn Männer, zehn Frauen, alle, auf die ich zeige, inklusive Viviane, die sich beim Ausgang versteckt, los, wir warten auf euch. Wenn euch auf dem Weg hierher jemand gefällt, dann wählt ihn für den Abend aus. Sonst tue ich es für euch.«
Der Albtraum begann. Von missgünstigen Blicken begleitet, stieg sie die Stufen hinab, und wurde dabei von einer großen Dunkelhaarigen mit aggressiven Brüsten angerempelt und überholt, die sich Willy schnappen wollte, ehe jemand anders ihr zuvorkäme. Als Viviane auf die Bühne trat, war sie noch immer solo, genau wie zwei Männer und eine weitere Frau.
Animateur-Koko jubelte, das war seine glorreiche Viertelstunde. » Ah, vier Unbelehrbare! Dann werde ich den Amor spielen müssen. In diesem Beutel habe ich vier Pfeile. Zwei mit rosa Federn, zwei mit roten Federn, nehmt euch einen, ohne zu schauen. Dann geht jeder zu seinem Zwillingspfeil.«
Viviane hielt einen rosa Pfeil in die Höhe. Sie fühlte alle spöttischen Blicke auf sich ruhen. Selbst den von Willy, der seine Dunkelhaarige an der Hand hielt. Er würde ihr versprechen müssen, niemals
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