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Tote Maedchen schreiben keine Briefe

Tote Maedchen schreiben keine Briefe

Titel: Tote Maedchen schreiben keine Briefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Giles
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sagte ich.
    »Kein Problem«, erwiderte Jazz. »Wie geht es ihr?«
    Mein kurzes Lachen klang eher wie ein Schnauben. »Gemessen an was? Gemessen an Hungersnöten und Völkermord? Großartig, würde ich sagen. Gemessen an der gesellschaftlichen Definition von normal?«
    »Dieselbe alte Sunny«, bemerkte Jazz.
    Es war, als hätte sie mir eine Ladung eiskaltes Wasser ins Gesicht gekippt.
    »Und was weißt du schon davon?«, fragte ich.
    Jazz lächelte langsam und traurig. »Nichts, vermute ich.«
    »Jep, ganz genau.«
    Jazz seufzte und zuckte mit den Schultern. »Ich habe dich mit diesem Schlamassel allein gelassen. Ich kann nicht erahnen, was für eine Hölle du durchgemacht hast.« Sie sammelte das Besteck ein, legte es auf einen Teller und ging damit zur Küche. »Ich habe es verdient, die geballte Verbitterung abzubekommen, die sich bei dir aufgestaut hat.« Sie verschwand durch die Tür.
    Ich griff nach einigen Stielgläsern. Das war knapp gewesen. Ich musste sie in dem Glauben lassen, dass ich sie für Jazz hielt. Ich durfte nicht noch mal aus der Haut fahren. Jazz gefiel es, wenn ich wütend war. Diesem Mädchen vielleicht nicht. Das Verrückte war - ich wollte, dass sie mich mochte. Ich folgte ihr in die Küche. Dort stellte ich die Gläser vorsichtig auf die Theke. »Jazz, es war nicht so -«
    »Wage es bloß nicht, dich zu entschuldigen.« Ihre samtige Stimme klang ruhig und weich. Ich bemerkte, wie ich näher an sie heranrückte. Um der Stimme nahe zu sein.
    »Wir wissen beide, wie egoistisch ich bin. Ich laufe vor einer unangenehmen Situation genauso schnell davon wie Mom und Dad.«
    Sie ließ Wasser ins Spülbecken laufen und langte zielsicher in den Schrank, in dem Schwämme und Putzmittel aufbewahrt wurden. Sie drückte eine Ladung Spülmittel in den Wasserstrahl, drehte den Hahn auf eine höhere Temperatur und legte das Besteck ins Becken.
    Ich beobachtete fasziniert, mit welcher Anmut das Mädchen sich bewegte. Mir fiel auf, dass es den Wasserhahn mit der rechten Hand bediente. Jazz benutzte die linke Hand. Zumindest glaubte ich das.
    Nicht-Jazz stellte das Wasser ab und machte sich daran, das Besteck abzuwaschen. »Dad ist ein Trinker, Mom ist unzurechnungsfähig und ich bin ein Feigling.« Sie drehte sich zu mir um. Tränen glänzten in ihren Augen. »Es tut mir leid, Sunn.«
    »Was erwartest du von dir, Jazz? Schau dir doch den Genpool an.«
    »Dich scheint das nicht zu beeinträchtigen. Du bist hier.«
    »Wo sollte ich auch hin?«
    »Stimmt.« Jazz rannen Tränen über die Wangen. Sie wischte sie mit dem Unterarm weg und spülte die Gabeln mit klarem Wasser nach. »Ich bin ein egoistisches Miststück.«
    Ich schüttelte den Kopf. Linkshänder oder Rechtshänder, egal. Jazz hätte das jedenfalls nie, nie gesagt.
    Schweigend räumten wir die Küche fertig auf, dann erklärte Nicht-Jazz, sie sei müde und wolle ein wenig schlafen, während Mom sich ausruhte. Ich sagte ihr, das sei eine gute Idee, und ging in mein Zimmer.
    Mein Reich war ganz nach meinen Vorstellungen gestaltet. Nüchtern wie die Küche. Das eiserne Bettgestell des Doppelbetts ist weiß gestrichen, die Wände ebenfalls. Die weißen, durchscheinenden Vorhänge lassen Licht ins Zimmer, der Bettüberwurf ist aus weißem Chenille. Kein Schnickschnack, keine kitschigen bestickten Kissen. Keine Poster von Rockstars oder Fotos von Jungs. Vollgestopfte Bücherregale nehmen eine ganze Wand ein. Über dem Bett hängt ein gerahmtes Bild: die Schwarz- Weiß-Fotografie eines leeren Ruderboots. Die Ruder sind eingezogen und es treibt auf der glatten Wasseroberfläche, sein Bug zeigt in Richtung eines Sturms, der in der Ferne aufzieht.
    Auf dem Nachttisch stehen eine Lampe und mein Wecker. Der Schreibtisch besteht aus einer Tür, die auf Sägeböcken ruht - alles weiß gestrichen. Darauf liegen ein Buch über Leonardo da Vinci und ein Notizbuch, in dem ich seine Technik der Spiegelschrift übe. Neben dem Bett steht ein Schaukelstuhl und hinter einer Tür liegt das Bad, das mein Zimmer mit Jazz' Zimmer verbindet. Ich habe das gehasst, als Jazz noch hier lebte. Sie sperrte immer die Badtür zu meinem Zimmer ab, sodass ich auf dem Flur an ihrer Tür klopfen und betteln musste, damit sie mich ins Bad ließ. Das war ein Spiel für sie.
    Ich holte den Staubsauger heraus und saugte kreuz und quer über den Boden. Ich musste mir über die Situation klar werden, Ordnung in die Geschehnisse bringen.
    Im Februar hatte Ollie, unser Polizeichef, vor der Haustür

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