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Tote Maedchen schreiben keine Briefe

Tote Maedchen schreiben keine Briefe

Titel: Tote Maedchen schreiben keine Briefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Giles
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T-Shirt und Turnschuhe an und ging um halb zwölf die Treppe nach unten. Mom und Dad schritten im Wohnzimmer auf und ab. Das Zimmer war so sauber, wie ich es noch nie gesehen hatte. Der Boden glänzte, frisch poliert mit Zitronenöl, und die abgenutzte Couch war gebürstet worden, damit sie eine respektable Erscheinung machte. Die Kissen, Überwürfe und Zeitungsstapel waren verschwunden und der Fernseher in der Ecke war ausgeschaltet. Gegenüber stand der Ohrensessel und der ganze Raum wirkte größer und heller, obwohl die Vorhänge fest zugezogen waren. In der Luft lag der Duft von Knoblauch, Zwiebeln, Braten und frischem Brot.
    Das Oval aus geätztem Glas in der Haustür blitzte vor Sauberkeit, die Beistelltische waren abgestaubt und die Bilder an den Wänden gerade gerückt. Fotos von Jazz, als Dreijährige im Tutu, als Siebenjährige in ihrer Pfadfinderuniform, mit sechzehn als Cheerleaderin und als Achtzehnjährige in einem Abendkleid aus Satin bei der Krönung zur Homecoming Queen. Es gab auch ein paar Bilder von mir. Die meisten waren Babyfotos. Eines zeigt mich mit vier Jahren neben der achtjährigen Jazz. Sie war für den Kirchenbesuch herausgeputzt und trug einen entzückenden Karorock und eine makellose weiße Bluse. Lächelnd. Ich stand daneben, mein Gesicht wutverzerrt, in einem Blümchenkleid. Ich erinnerte mich an den Tag: Ein Kleid war schon schlimm genug, aber ein püppchenhaftes Kleinmädchenkleid mit rosa Blümchen? Das ging gar nicht. Warum durfte ich keinen coolen Karorock tragen mit der noch cooleren riesigen goldenen Sicherheitsnadel, die ihn vorn zusammenhielt? Mom und Dad nannten das Foto das »Engel-und-Teufel-Porträt«.
    »Warum bist du nicht angezogen?«, fragte Dad.
    »Wie bitte? Bin ich etwa nackt?« Ich ging durch das Esszimmer in die Küche und schnappte mir eine Dose Cola, während ich den Blick durch den Raum schweifen ließ. Die Brownies standen auf der Küchentheke, die Kartoffeln köchelten auf dem Herd und die Servierteller standen gestapelt bereit. Ich schüttelte den Kopf. Mom hatte Oma Wilsons Porzellan hervorgeholt.
    Auf dem Weg zurück ins Wohnzimmer riss ich die Lasche der Coladose auf und ließ mich in den Ohrensessel fallen.
    »Sunny, du weißt, dass ich es hasse, wenn du eine schlaue Bemerkung fallen lässt und dann einfach aus dem Zimmer gehst. Das ist feige.«
    »Jep, klar, Dad. Und in eine Whiskeyflasche zu kriechen ist heldenhaft. Danke für die Belehrung.«
    »Sunny, sprich nicht so mit deinem Vater«, mischte sich Mom zerstreut und wenig geistreich ein. Sozusagen ein Verhaltenskorrekturversuch ihres Autopiloten. Sie stand am Fenster und beobachtete die Auffahrt durch einen schmalen Spalt zwischen den Vorhängen. Die Finger hatte sie verkrampft ineinandergeschlungen.
    »Das will ich nicht gehört haben«, sagte Dad. »Ich möchte den heutigen Tag nicht mit Streitereien verderben. Antworte mir: Warum bist du nicht angezogen?«
    »Ich bin angezogen.«
    »Du siehst aus, als wolltest du zum Pflügen auf den Acker.«
    »Ich dachte, wir erwarten Jazz und keine königliche Hoheit. Warum ist es so wichtig, was ich anhabe?«
    Dad rieb seine Hände an den Knien. »Warum musst du immer so schwierig sein? Du warst schon immer so. Du kannst einfach -«
    Ich unterbrach ihn. »Was soll ich sagen, ich habe alle schlechten Gene abbekommen.« Ich nahm einen Schluck Cola. »Setz dich, Mom. Der Bus ist noch nicht mal angekommen.«
    »Doch, ist er. Dan hat am Busbahnhof angerufen. Der Bus kam früher an.« Abrupt legte sie die Hände auf den Mund. »Dan! Da kommt ein Taxi. Sie ist da!«
    Ich hörte das knirschende Geräusch der Reifen auf dem Weg aus Muschelsplit und mir drehte es den Magen um.
    Dad sprang auf die Füße und ging mit großen Schritten zur Haustür. Er öffnete und blickte Mom an. Sie wich vom Fenster zurück und ging auf Abstand zur Tür. Er zuckte mit den Schultern, stieß die Fliegengittertür auf und trat auf die Veranda. Ich blieb sitzen, stellte die Dose aber auf dem Boden ab.
    Ein Aufschrei war zu hören: »Dad, ach, ich bin so froh, dass du hier bist.«
    Von Dad kam keine Antwort. Leichtfüßige Schritte sprangen die Holzstufen hoch. Die Tür ging auf, eine große Reisetasche landete mit einem dumpfen Schlag auf dem Boden. Dahinter tauchte eine hochgewachsene, schmale Silhouette auf, die mit einer Pirouette ins Zimmer wirbelte. » Ta-da! Ich bin zu Hause!« Im hellen Licht, das durch die Tür ins Zimmer fiel, konnte man nur die Umrisse der Gestalt erkennen,

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