Tote Männer Milch (German Edition)
sollte mir doch billig sein… Erst wenn er die Barrikade durchbricht, sind meine 500 Euro flöten, dachte sie kichernd und hielt sich zügelnd die Hand vor den Mund.
Paul hatte sich ausgestreckt und lag wieder schlafend auf der Couch. Mit schräg geneigtem Kopf schätzte Isolde den ihr zur Verfügung stehenden Platz auf dem Ledersofa ab. Sie zählte gedanklich bis 100 und begann ihr Haar zu entflechten. Dann stand sie auf, kniete sich zu ihm nieder und küsste ihn sanft auf die Stirn. Paul schlief unruhig, das fiel ihr sofort auf. „Ruhig, ganz ruhig“, sprach sie leise, wobei sie zärtlich über seine Haare streichelte wie eine Mutter, die sich um ihr fieberndes Kind sorgte. Pauls rechter Arm lag auf seinem Bauch, die Finger in einem geraden Winkel in ihre Richtung deutend – wie zurechtgelegt, dachte Isolde, auch wenn sie nervös zuckten. Isolde wertete es als gutes Omen.
„Für immer und ewig“, flüsterte sie, als sie Paul den Ring überstreifte – bis dass der Tod uns scheidet , lag ihr noch auf den Lippen, aber das sagte sie nicht. Fand es unpassend, geradezu grotesk. Ausgerechnet jetzt, wo das Leben in ihr brodelte, sollte sie an den Tod denken? Nein, dachte sie, küsste seinen Ring, faltete ihre rechte Hand in die seine, so dass sich beide Ringe berührten und legte ihren Kopf darauf. Ich liebe dich, ich liebe dich so sehr. Sie sprach es nicht aus, aber lauschte dem Nichtgesagten mit geschlossenen Augen hinterher, während sie mit ihrer linken Hand Pauls Oberschenkel streichelte. Diesmal blieb es ihr erspart, ihren Liebsten umständlich zu entkleiden. Heute trug er nur leichte Short und ein Unterhemd. Heute schien alles viel leichter, viel vertrauter. Heute schien alles in die richtigen Bahnen gelenkt, stellte sie fest, als ihre Lippen sanft den seidenen Stoff seiner Hose berührten.
Diesmal falle ich auf dich verdammte Hexe nicht herein! Messerscharf fixierte Paul durch seine halb geschlossenen Augen Isolde, wie sie in ihrem weißen Gewand und ihren ellenlangen Haaren wie eine aus dem Märchenwald entwurzelten Fee gleich auf seinem Sofa kniete.
„Lass das!“, fauchte Paul plötzlich los.
Im gleichen Moment packte er Isolde an ihren langen Haaren und stieß sie zurück. Isolde begriff die Situation nicht. Starrte ihn an, ohne zu wissen, ohne zu verstehen. Sie raffte sich blitzartig auf. Stürzte sich auf ihn, wie jemand, der einem geistesverwirrten Menschen vor einer Kurzschlusshandlung bewahren möchte. Dabei entwickelte sie erstaunliche Kräfte. Ihre Hände hielt sie wie Schraubzwingen um seine Arme geklammert, ihre angewinkelten Beine auf seinen Unterleib gestemmt. Paul stöhnte vor Schmerz. Er spürte ihre Knochen auf seinen Eiern.
„Hör auf damit! Du elende Schabracke!“, schrie er schmerzverzerrt.
Vergeblich versuchte er sich aus seiner misslichen Lage zu befreien, aber Isolde ließ nicht locker.
„Sei still!“, keuchte sie ihn an, „Hör auf damit, so mit mir zu reden, bitte hör auf damit!“ Isolde atmete schwer. „Bitte“, flehte sie erschöpft, „bitte, sei ruhig, ganz ruhig.“
Sie hatte sich überanstrengt. Einzelne Strähnen klebten ihr wie Seetang im Gesicht. Schweiß tropfte ihr von der Nase. Ihre Hände waren nass geschwitzt, zitterten, gaben nach. Paul spürte es, blieb ganz ruhig. Lauerte auf den entscheidenden Moment. Seine Augen wie Giftpfeile auf Isolde gerichtet, die zu straucheln begann. Er spürte, wie sich ihre Beine lockerten. Wie sie ihren Schoß an seinen Schwanz zu reiben begann, der nicht anschwoll, keinerlei Regung gegenüber dieser Frau zeigte. Dieser Bekloppten, die ihn mit diesem weltfremden Glanz in ihren Augen anlächelte und sich wie in Trance hin und her bewegte.
„Hör auf damit! Du einfältige Kuh!“
Isolde schüttelte verzweifelt den Kopf und hielt sich die Ohren zu. In diesem Augenblick schlug Paul ihr ins Gesicht. Schlug nochmals zu, weil sie nicht reagierte, ihn nur wie ein Schaf anglotzte. Er konnte ihren Anblick nicht mehr ertragen, zerrte sie an ihren langen Zotteln von sich herunter. Isolde polterte wie ein achtlos weggeworfener Gegenstand zu Boden. Sie verletzte sich mit dem Arm an der Tischkante, gab aber keinen Laut von sich. Sie lag einfach nur da. Mit diesem genügsamen Erstaunen im Gesicht wie jemand, der einem Versehen zum Opfer gefallen ist und nun darauf wartete, dass man sich seiner reumütig annimmt. Ihn um Verzeihung bittet, ihn tröstend in die Arme schließt. Isolde war nicht nachtragend. Sie konnte verzeihen, ja,
Weitere Kostenlose Bücher