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Tote reden nicht - Gyllander, V: Tote reden nicht - Det som vilar pa botten

Tote reden nicht - Gyllander, V: Tote reden nicht - Det som vilar pa botten

Titel: Tote reden nicht - Gyllander, V: Tote reden nicht - Det som vilar pa botten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Varg Gyllander
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der Pfad sehr schmal, nur eine Schneise durch den Dschungel, den die Männer aus dem Dorf mit ihren Macheten frei hielten. Ansonsten wäre er innerhalb weniger Tage zugewachsen. Die Dorfbewohner hatten aber immer dafür gesorgt, dass der Weg passierbar war, damit sie Wasser aus dem Fluss holen und sich selbst und ihre Wäsche dort waschen konnten.
    Der Regen duftete auf eine Art, die überreifen Früchte und das verrottende Laub auf eine andere. Was auch immer es war, alles duftete stark.
    Die Puppe hatte helle Kleider, weiße Haut und blondes Haar. Sie lag mitten auf dem Weg. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Verblüfft hielt sie inne. Die warnenden Worte ihrer Mutter klangen ihr in den Ohren, aber eine viel stärkere Kraft hatte sich ihrer bemächtigt. Die Puppe lockte sie. Ihre kleinen, weißen Arme streckten sich ihr entgegen, und sie lächelte sie an. Sie hockte sich vor der Puppe hin, stellte den Eimer beiseite und blieb einfach mitten auf dem Weg sitzen. Was hatte die Puppe dort verloren? Hatte sie jemand verloren? Keines der Mädchen im Dorf besaß so eine Puppe. Man spielte mit Grasbüscheln, um die man ein paar Lumpen wickelte. Die Puppen des Dschungels. Langsam streckte sie die Hand nach der schönen Puppe aus.
    Gerade als sie sie anfassen wollte, legte ihr jemand eine Hand auf den Mund. Ihr stieg ein beißender Geruch von Schweiß und Tabak in die Nase. Sie wollte schreien, aber kein Ton kam über ihre Lippen. Sie konnte den Mund nicht öffnen.
    Mercedes Nunes setzte sich mit verzerrtem Gesicht auf. Sie unterdrückte den aufsteigenden Schrei mit der Hand. Ihre Augen waren aufgerissen, und das Herz klopfte in ihrer Brust.
    Sie stand auf, goss sich aus einer Flasche ein Glas Wasser ein und trank durstig. Ihr Atem beruhigte sich, und sie setzte sich wieder auf den Rand ihrer Koje.
    Mercedes Nunes war es gewohnt. Sie träumte jede Nacht denselben Traum.
    Sie wünschte sich, dass es nur ein Traum wäre.
    Der weiche Teppich dämpfte alle Geräusche. Pia Levin blätterte in einer Zeitschrift, die auf dem Tisch neben dem tiefen Besuchersessel aus weichem, weißem Leder lag. Sie verzog beim Blättern das Gesicht, da die Verletzung an ihrem Handgelenk spannte. Das Verarzten war schnell gegangen. Kompresse und Fixierpflaster. Sie hatte die Wunde nicht nähen lassen wollen. Ihre Brust schmerzte, aber sie glaubte, dass die Rippen der Herzmassage bei der Wiederbelebung standgehalten hatten. Sie hatte sich geweigert, ins Krankenhaus zu gehen. So schlimm sei es nicht. Ein wenig Wasser in der Lunge überlebt man.
    Die Frau in den Dschungelkleidern hatte auch nicht darauf bestanden.
    »Es ist Ihre Entscheidung«, hatte sie gesagt.
    Nachdem Levin sich etwas erholt und man an Bord ein paar trockene Kleider für sie aufgetrieben hatte, klingelte ihr Handy. C. wollte mit ihr sprechen. Sie eilte los. Die Dschungelfrau und die Fische konnten warten. Bald würden die Assistenten eintreffen und ihr behilflich sein können.
    Das oberste Stockwerk des Präsidiums war eine andere Welt. Eine Welt, in der C. über eine kleine Armee Handlanger in ordentlichem Tuch und Experten für alle bürokratischen Regeln verfügte, die die Arbeit der Polizei bestimmten und für die Pia Levin nie sonderliches Verständnis aufgebracht hatte.
    Die Zeitschrift handelte auf Hochglanzpapier verschiedene polizeigewerkschaftliche Themen ab und brachte außerdem Reportagen. Sie überflog einen Artikel über die Zentralisierung der Polizei, der mit dem Bild eines abgemagerten Polizisten illustriert war, der an einer Kette am Fußgelenk einen großen Granitblock hinter sich herschleifte. Der Polizist streckte die Hände nach einem hohnlächelnden Einbrecher mit einer schwarzen Augenmaske, einem Brecheisen in der Hand und einem Geldsack über der Schulter aus, bekam ihn aber nicht zu fassen.
    Die Bildunterschrift entlockte ihr ein Lächeln: »Die Fußfessel der Zentralisierung ist der beste Freund der Ganoven.«
    »Sitzt du hier und liest kommunistische Propaganda?«
    C war auf den Gang getreten, ohne dass Levin es bemerkt hatte. Ihr Lächeln erlosch. Man konnte nie wissen, ob C Witze machte oder etwas ernst meinte. Daher war es ratsam, derartige Äußerungen mit einem Schweigen zu quittieren.
    »Ich blättere nur«, erwiderte Levin und hörte selbst, wie klein sie sich machte. Ihre Stimme verriet ihre defensive Haltung. Sie hatte immer noch den Geschmack des Fischteichs im Mund. Ihre Kopfschmerzen wurden immer stärker.
    »Du kannst jetzt reinkommen«,

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