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Tote Wasser (German Edition)

Tote Wasser (German Edition)

Titel: Tote Wasser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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Erlebnisses trug sie noch am Körper.
    «Ich wollte gerade ins Büro gehen, sah im Arbeitszimmer noch meine E-Mails durch, als ich jemanden im Haus hörte. Ich glaube, dass er vorher schon einmal da gewesen sein muss. Wissen Sie, ein paar Tage zuvor hatte ich so ein Gefühl, als ob jemand in meine Räume eingedrungen wäre, meine Sachen angefasst hätte. Ich dachte schon, ich würde langsam verrückt, aber er hat einen Weg gefunden, ins Haus zu kommen. Hier auf den Shetlands kümmern wir uns nicht besonders um den Schutz vor Einbrechern. Das wissen Sie ja selbst, Jimmy.» Perez fiel auf, wie grau sie im Gesicht war, und dachte, dass sie seit dem Tag, an dem sie Markhams Leiche gefunden hatte, in einem Albtraum gelebt haben musste.
    «Zuerst war er noch ganz höflich», sagte sie. «Er entschuldigte sich dafür, dass er so früh schon störe. Aber dann verwandelte er sich. Als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Er fing an, mich zu beschimpfen. Ich hätte das Leben seiner Tochter ruiniert. Dabei ging es ihm gar nicht so sehr um die Affäre an sich als vielmehr darum, dass ich zugelassen hätte, dass Markham davon Wind bekam. ‹Hätte es Ihnen denn so weh getan, ein bisschen diskret zu sein?› Als hätte ich das mit dem Verhältnis überall hinausposaunt. Dann sagte er, ich hätte einen Mörder aus ihm gemacht. Bis dahin hatte ich ihn einfach nur für einen sehr verwirrten älteren Mann gehalten.» Sie blickte zu Perez hoch. «Ich wollte den Telefonhörer abnehmen, aber er war zu schnell für mich. Und sehr kräftig. Ich nehme an, Boote zu bauen ist eine ziemlich harte körperliche Arbeit.» Sie streckte den Arm nach ihrer Tasse aus, hielt dann aber inne und ließ die Hand auf dem Tisch liegen. «Wie konnte sich jemand, der so wunderbare Boote baut, in eine solche Bestie verwandeln?»
    «Er wollte seine Tochter beschützen», sagte Perez. «So hat es wenigstens angefangen. Und er war überzeugt davon, im Recht zu sein, glaubte, dass der Mord an Markham in gewisser Weise legitim wäre. Für ihn war Markham ein von Grund auf schlechter Mensch.»
    «Aber John kann er doch nicht für einen schlechten Menschen gehalten haben», sagte Rhona Laing. «Niemand hätte John je etwas anderes zugetraut als Freundlichkeit und Großmut.»
    Perez ließ sich das durch den Kopf gehen. Er hatte den Eindruck, dass zu diesem Zeitpunkt schon Watts Überlebenswille, der Wunsch, ungeschoren davonzukommen, die Oberhand gewonnen hatte. Als er John Henderson umbrachte, hatte er gar nicht mehr an Evie gedacht. Er wollte nur sich selber schützen. Gleichzeitig hasste er sich dafür, dass er das tat. Und genau deswegen hatte er dann auch die Staatsanwältin entführt: Er brauchte jemanden, dem er die Schuld geben konnte.
    Rhona erzählte weiter. «Er fesselte mich in ein Stück Persenning und warf mich in einen Lieferwagen, fuhr mit mir zum Jachthafen hinunter. Sonst war niemand unterwegs. Davon abgesehen fällt ein verbeulter weißer Lieferwagen niemandem auf. Als er mich wieder aus dem Wagen holte, Jimmy, habe ich mich gewehrt, aber er war einfach zu kräftig für mich.» Es klang, als schämte sie sich. «Er hob mich hoch, als wäre ich leicht wie eine Feder, und brachte mich unter Deck der
Marie-Louise
, um dann mit ihr nach Hvidahus zu segeln. Eine lange Fahrt. Jetzt weiß ich das, aber in dem Moment wusste ich es nicht. Ich dachte, er wollte mich draußen in der Bucht einfach ins Wasser werfen.»
    Einen Augenblick lang saß sie da, ohne zu sprechen. Von fern hörte man einen Brachvogel auf dem Hügel singen. «In der Kajüte hat er mich zusammengeschlagen, und ich bin wohl ohnmächtig geworden. An die Fahrt nach Hvidahus kann ich mich jedenfalls überhaupt nicht erinnern.»
    Die Prellungen an ihren Armen und die blauen Verfärbungen oberhalb ihrer Wangenknochen hatten Perez einen Schrecken eingejagt, aber er hatte nichts gesagt. Rhona Laing wollte bestimmt kein Mitleid. «Als ich wieder zu mir kam, hatten wir am Pier von Hvidahus angelegt. Er zwang mich, mit ihm zur ehemaligen Lachsfarm zu gehen. Stieß mich vorwärts, mit einem Messer in der Hand.»
    «Aber vorher haben Sie die Quittung von Jamieson’s hinter die Uhr gesteckt», sagte Perez. Er wollte ihr bewusst machen, dass sie trotz ihrer Lage noch einen Rest Kontrolle behalten hatte.
    «Die war in seiner Jackentasche. Ich dachte, vielleicht, wenn das Schlimmste eintritt, hilft sie Ihnen. Vielleicht sind Fingerabdrücke darauf. Ich weiß nicht …» Sie verstummte.
    «Sie hat mir

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