Totenacker
konnte.
«Wo ist die Verteidigung?»
Er musste selbst grinsen. Von den Bambini bis zur Nationalmannschaft – die Trainer brüllten immer dieselben Sätze.
Heuvens von der KTU kam jetzt schon zum dritten Mal ins Aus gelaufen, ließ sich ins Gras fallen und pikste sich in den Finger, um seinen Blutzuckerspiegel zu messen.
«Geht’s noch?», fragte van Appeldorn und ließ sich neben ihm nieder.
«Klar. Es ist herrlich, mal wieder zu spielen. Ich hab mich lange nicht getraut wegen dem Diabetes. Dabei muss ich nur ein bisschen aufpassen.» Damit schob er sich ein Täfelchen Traubenzucker in den Mund.
«Das ist gut. Wir brauchen dich, du bist der einzige Linksfuß in der Mannschaft.»
Dann sprang er wieder auf.
«Schuster, spiel ab, verdammt! Rechts ist alles frei. Wir sind doch hier nicht beim Ballett!»
«Ja, ja», bölkte Schuster zurück. «Sprüche klopfen kann ich auch. Der Ball ist rund, und das Spiel hat neunzig Minuten.»
«Von wegen neunzig Minuten. Für euch zweimal zwanzig, sonst brauchen wir hier Sauerstoffzelte», murmelte van Appeldorn.
«Hintermann!», schrie er dann.
Drei Spieler verhakten sich und purzelten übereinander.
«Du meine Güte, das kann man sich ja nicht angucken. Wo ist das nächste Einmannloch?»
Er pfiff ab. «Mannschaftsbesprechung nach dem Duschen. Ab in die Kabine, Jungs.»
Sie kamen, manche japsend, zwei humpelnd, alle schweißnass und ausgesprochen fröhlich.
«Bestell schon mal ’ne Runde, Coach!»
Die Torwartfrage war schnell geklärt. «Look ist immer noch eine Bank, Hut ab.»
Das fand Look auch.
«Und Heuvens spielt Linksaußen», verkündete van Appeldorn und wischte mit einer energischen Handbewegung den Zweifel aus den Gesichtern. «Er ist der Einzige, der mit links abziehen kann, oder? Es kann sein, dass er zwischendurch mal kurz sticksen muss, aber das werdet ihr ja wohl aufgefangen kriegen.»
«Ich finde uns eigentlich gar nicht so schlecht», meldete sich der junge Derks zu Wort. «Aber wenn wir gewinnen wollen, brauchen wir eine vernünftige Taktik.»
«Was verstehst du denn davon, Grünschnabel?»
Derks bekam rote Ohren, redete aber tapfer weiter. «Wir müssen an unserer Abseitsfalle arbeiten.»
«Jau, dat is’ ja mal ’ne ganz neue Taktik!»
«Wir müssen uns doch auf ein Wort einigen, bei dem alle einen Schritt nach vorne gehen …»
«Muschi!», rief einer, «wie wär’s damit?»
«Über Fragen der Taktik unterhalten wir uns nächste Woche», glättete van Appeldorn die Wogen. «Wie sieht es mit dem Training am Samstag aus? Sind wir vollzählig, oder hat jemand Dienst?»
Immer noch aufgekratzt, fingen sie an, von ihren Tageserlebnissen zu erzählen.
Van Appeldorn hörte nur mit halbem Ohr zu, er schaute auf die Uhr und bestellte einen Kaffee, was ihm ein Naserümpfen vom Wirt einbrachte.
«Ich mach mich vom Acker.» Heuvens klopfte ihm auf den Rücken. Auch die anderen älteren Kollegen hatten ihre Sporttaschen geschultert.
Die Jungen hockten mittlerweile am runden Tisch in der Ecke und wurden immer lauter.
«Mich haben sie ja im Moment zur Autobahnpolizei abkommandiert, aber ich sag euch, da werd ich nicht alt. Nur Bekloppte unterwegs. Heute Mittag, zum Beispiel, liefern sich zwei Karren ein privates Rennen. Vor unseren Augen! Ohne Rücksicht auf Verluste, über den Standstreifen, quer über alle Spuren. Und einer von denen lässt plötzlich seine Kiste stehen, springt über die Leitplanke und ab in den Wald. Hat fast ’ne halbe Stunde gedauert, bis wir das Männeken eingefangen hatten. Und dann erzählt der uns einen vom Pferd, von wegen, die Mafia wär hinter ihm her und wollte ihn umbringen, und er bräuchte Polizeischutz. Wir haben erst gedacht, der will sich bloß rausreden, klar, damit wir ihn nicht an die Hammelbeine kriegen. Aber der hielt sich dran, und da haben wir gemerkt, dass der wirklich verrückt war. Haben ihn dann ins Krankenhaus gebracht, und der Doc hat dann auch die netten Onkels mit dem blauen Auto und der schönen weißen Jacke geholt.»
Van Appeldorn stellte seine Tasse ab und ging zum Tisch hinüber.
«Ist spät, Jungs, Zeit für euren Schönheitsschlaf.»
«Jawoll, Trainer», rief Derks. «Und keinen Sex vorm Spiel!»
Peter Cox betrachtete das Spitzenmuster der Birkenzweige, das die Straßenlaterne an die Schlafzimmerdecke malte.
Penny neben ihm schlief ruhig.
Sie hatten sich lange und langsam geliebt, danach war auch er kurz eingenickt, jetzt aber dachte er wieder an den Mann, der heute
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