Totenacker
morgens tot auf der Wiese gelegen.
«Dabei waren die abends noch kerngesund? Und gestern waren da wieder zwei Kerle am Rand vom Maisfeld. Da hatte ich die Nase voll, bin mit meinem Wagen hin und hab sie zur Rede gestellt. Aber die waren verstockt, haben gar nichts gesagt. Also sag ich: Jetzt ist genug, ich fahr jetzt sofort zur Polizei.»
Wieder musste Hetzel schlucken.
«Und die dann hinter mir her, direkt auf der Stoßstange. Und dann seh ich, dass der Beifahrer eine Pistole hat. Da bin ich durchgedreht.»
Seine Stimme überschlug sich. «Nur noch kreuz und quer gerast. Die immer direkt hinter mir. Auf die Autobahn, ich weiß nicht, wie …» Er schnappte nach Luft. «Mir wird schlecht.»
Van Appeldorn stand auf und legte ihm die Hand auf die Schulter, Schnittges goss ein Glas Wasser ein. «Jetzt atmen Sie erst einmal wieder richtig durch.»
Hetzel nickte und trank.
«Und dann stecken die mich doch tatsächlich in die Anstalt», wisperte er.
«Herr Hetzel, können Sie uns das Auto beschreiben, das Sie verfolgt hat?», fragte van Appeldorn.
«Schwarz?»
«Haben Sie sich das Kennzeichen gemerkt?»
«Gelb?»
«Und die beiden Männer, wie sahen die aus?»
«Weiß nicht, die hatten Hüte auf und Sonnenbrillen?»
Norbert und Bernie sahen sich an.
«Der Doktor glaubt mir!», schrie Hetzel. «Der glaubt mir!»
«Das tun wir ja auch», versuchte Schnittges, ihn zu beschwichtigen. «Wie hieß denn diese holländische Firma, die an Sie herangetreten ist?»
«Weiß nicht. Irgendwas mit Agro B. V.?»
«Aber die Prospekte haben Sie doch sicher noch.»
Hetzel machte ein trotziges Gesicht. «Damit hab ich den Ofen angestocht, wie die mir die Schafe vergiftet haben.»
Dann flackerte wieder Panik auf.
«Und als Nächste sind wir dran, meine Frau und ich! Wir brauchen Polizeischutz!»
Eine halbe Stunde später ließen sie ihn mit einem Peterwagen nach Hause bringen.
Sie hatten ihm versprochen, sich um die Angelegenheit zu kümmern und sich in den nächsten Tagen bei ihm zu melden, bis dahin würde mehrmals am Tag ein Streifenwagen seinen Hof anfahren.
Schnittges wischte sich die Schweißperlen von der Stirn.
«Der gute Dr. Nagel in allen Ehren», sagte er, «aber auch ein Psychiater ist nicht unfehlbar. Wenn du mich fragst, gehört Hetzel in die geschlossene Kolonne.»
«Vermutlich.» Van Appeldorn klang ein wenig erschöpft. «Ich rufe trotzdem mal den Kollegen an, der ihn gestern hopsgenommen hat. Der wird uns ja wohl etwas über den anderen Wagen erzählen können.»
«Mach das. Ich gehe in der Zeit mal ins Netz. Ich meine nämlich, ich hätte neulich etwas in der Zeitung gelesen über einen Agropark am Niederrhein.»
An der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hatte man irgendwann in den Siebziger Jahren alle Dissertationen, die seit Gründung der Medizinischen Akademie eingereicht worden waren, auf Mikrofilm festgehalten, aber erst vor kurzem mit dem Ordnen und Archivieren begonnen.
Jeder andere hätte vermutlich spätestens bei der fünften Warteschleife, die einem irgendeinen elektronischen Quark ins Ohr dudelte, das Handtuch geworfen, aber Peter Cox war ein geduldiger Mensch. Er schaffte es sogar, freundlich zu bleiben, als er nach geschlagenen vierzig Minuten endlich eine studentische Hilfskraft in der Leitung hatte, die mit der Archivierung beschäftigt war.
«Ich helfe Ihnen gern», sagte der junge Mann, «aber ich bräuchte einen schriftlichen Auftrag.»
«Wenn Sie mir Ihre Faxnummer geben, haben Sie den in fünf Minuten auf Ihrem Tisch.»
«Prima, ich melde mich dann bei Ihnen, sobald ich die Arbeit gefunden habe.»
Cox legte auf. Auch Penny hatte eben kurz telefoniert, saß jetzt aber wieder konzentriert an ihrem PC und schaute nicht hoch, also beschloss er, die Niederrhein Post anzurufen. Die Geschichte von Lis und Lisken ging ihm nicht aus dem Kopf.
Der Kulturredakteur war gleich Feuer und Flamme. Sie verabredeten sich für den nächsten Tag in einem Café.
«Bis dahin kann ich ja schon mal ein wenig in unserem Archiv kramen. Ich weiß, dass es dort einige Artikel über die sogenannten Klever Originale gibt.»
«Wunderbar», freute Cox sich, «aber ich muss Schluss machen, bei mir in der Leitung klopft jemand an.»
Es war Arend Bonhoeffer.
«Dein Herr Claassen war eben bei mir wegen des Abgleichs mit der DNA des kleinen Mädchens mit dem Hydrozephalus.»
«Schön, dass es so schnell geklappt hat. Wie lange wird es denn dauern, bis du das Ergebnis hast?»
«Nicht lange»,
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