Totenacker
Ich dachte, du wüsstest vielleicht davon.»
«Ich? Dann hätte ich es euch doch wohl gesagt.» Jetzt schwoll auch Cox der Kamm.
Penny atmete hörbar aus. «Ach, Mist, sorry, ich wollte dich nicht so anblaffen. Es ist nur, van Gemmerns Leute rennen hier rum wie kopflose Hühner. Weil dieser Arsch – entschuldige –, weil unser Einstein nicht in der Lage ist, zu delegieren. Die Küche sei ‹No-Go-Area›, hat er ihnen eingebläut. Und wo er die bisher genommenen Fingerspuren versteckt hat, weiß kein Mensch. Wo sind wir denn hier? Im Kindergarten?»
Cox verstand die Welt nicht mehr. Klaus van Gemmern war immer da und ruhte nicht eher, bis er seine Aufgabe hundertprozentig erfüllt hatte. Niemals.
«Sei nicht böse, wenn ich ein bisschen langsam bin, aber nochmal bitte zum Mitschreiben: Van Gemmern ist zu einem Kongress nach Italien gefahren?»
«Richtig.»
«Ohne seine Ermittlungen abzuschließen?»
«Nicht einmal ansatzweise, Peter. Du hast doch gehört, was Norbert gesagt hat: Das Labor wartet auf die Proben. Und seine Mitarbeiter hier erzählen uns auf einmal was von Brandstiftung auf der Tenne und dass die Reifenspuren am Bahndamm zu Schravens Mercedes passen könnten. Alles ohne Hand und Fuß. Und festlegen wollen die sich auf gar nichts, bevor ihr Chef nicht wieder da ist. Das kann doch nicht sein! Es muss doch einen Plan B geben für den Fall, dass Klaus mal krank ist oder im Urlaub.»
«Wenn ja, kenne ich ihn nicht.» Cox wunderte sich selbst, dass er noch nie darüber nachgedacht hatte. Aber das war ja eigentlich auch Toppes Aufgabe.
«Ich werde Klaus schon auftreiben», versuchte er, sie zu beruhigen.
«Wenn du sein Handy meinst, vergiss es. Das habe ich schon dreimal versucht, er hat es ausgeschaltet.»
Cox hörte, dass sie mit jemandem sprach.
«Super», sagte sie dann. «Jetzt hat auch noch Bernie Schaum vorm Mund. Norbert hat ihm gerade Gereons Exhumierung aufs Auge gedrückt, weil er selbst um die Zeit den Coach für dieses dämliche Fußballspiel geben muss und ich persönlich involviert sei.» Er hörte sie schlucken. «Was ich zweifelsohne bin.»
«Wir sehen uns um zwei im Büro, wenn der Holländer kommt», sagte sie dann leise.
Cox entspannte sich. «Ich umarme dich.»
«Ich dich auch.»
«Gut.»
Van Appeldorn schaute auf die Uhr. Bis Petrus Zomer kam, blieb ihm noch genug Zeit, mal eben nach Hause zu fahren und zu schauen, wie die Dinge dort standen.
Ulli würde noch bei der Arbeit sein und Paul in der Kita, und er fragte sich, wie sein Onkel allein zurechtkommen mochte. Heute Morgen beim Frühstück war er ziemlich still gewesen.
Fricka saß am Küchentisch und las die Tageszeitung. Aus einem Topf auf dem Herd duftete es gut.
«Du kochst?», staunte van Appeldorn.
Der Onkel lachte. «Zu viel der Ehre, ich taue nur eine Minestrone auf, die Ulli eingefroren hatte. Aber den Parmesankäse dazu habe ich frisch gerieben.» Er legte die Zeitung weg. «Machst du Mittagspause? Deine Lieben kommen doch erst in einer Stunde.»
Van Appeldorn zog einen Stuhl heran und setzte sich rittlings darauf. «Mittagspause ist ein Fremdwort in meinem Beruf. Nein, ich wollte nur mal sehen, wie es dir so geht.»
«Wie es einem Mann geht, der frisch verliebt ist. Deine Ulli ist eine Traumfrau. Aber ein leichtes Leben hat sie nicht. Als ich zu Bett ging, war es nach zehn, und du warst immer noch nicht zu Hause.»
«Das ist nicht die Regel», entgegnete van Appeldorn und kämpfte das schlechte Gewissen nieder, das sofort seinen Kopf reckte. «Und wenn es doch einmal vorkommt, dann trägt Ulli das mit. Deshalb funktioniert es mit uns so gut.»
«Das sehe ich ja, aber pass auf, dass du das nicht irgendwann für selbstverständlich hältst.»
«Den Fehler mache ich mit Sicherheit nicht», erwiderte van Appeldorn gleichermaßen ernsthaft.
«Da bin ich froh», sagte Fricka, und seine Stimme klang belegt. «In deinem Alter weiß man oft nicht, wie kostbar das ist, was man hat.»
Dann stand er auf, ging zum Herd, lüpfte den Topfdeckel, rührte um und schaltete die Herdplatte aus. «Fertig!»
Er feixte. «Und du wolltest also mal kontrollieren, ob dein alter Onkel euch nicht aus Schusseligkeit die Bude abgefackelt hat.»
«Jetzt hör aber auf!»
Fricka setzte sich wieder und kicherte. «Das ist das Schöne am Alter: Wenn einem danach ist, kann man ungestraft Gemeinheiten von sich geben. Nein, aber jetzt mal ohne Blödsinn, Ulli und ich haben heute früh alles abgesprochen. Wir essen gleich
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