Totenbeschwörung
Zeitpunkt schon seit einiger Zeit verschwunden, und wie es aussah, war er auf Starside nicht untätig gewesen. Was genau sich in jener verhängnisvollen Nacht in Perchorsk ereignete, weiß niemand mit allerletzter Sicherheit. Die meisten Überlebenden hatten die Anlage bereits verlassen, als die Raketen abgefeuert wurden. Aber was sie zu berichten hatten ... Nun, es kann sich nur um das Werk des Necroscopen gehandelt haben. Wer sonst wäre in der Lage gewesen, die Toten von Perchorsk wieder zum Leben zu erwecken?«
Die beiden hatten die oberen Magmasse-Ebenen hinter sich gelassen und waren in einen Bereich vorgedrungen, den bisher keiner von ihnen betreten hatte. Das Metall und Plastik der Wände und des Fußbodens war mit dem Gestein verschmolzen und grauenhaft verzerrt. Überall sah man merkwürdig geformte Höhlungen, so als habe hier ein Feuer oder eine aggressive Säure gewütet. Ringsum waren die Wände versengt, und die Verfärbungen deuteten auf heftige chemische Reaktionen hin.
Goodly blieb stehen. Seine Miene verhärtete sich in dem düsteren Licht. Mit einer Kopfbewegung lenkte er Trasks Blick auf die nur vage erkennbaren und dennoch auf unbestimmte Art furchteinflößenden Ausformungen in der Magmasse. Obwohl Trasks letzter Satz eigentlich keine Frage, sondern eher eine Feststellung gewesen war, gab der Hellseher ihm eine Antwort, und zwar in der für ihn typischen Art, indem er abermals den Faden weiterspann:
»Die Toten sind erwacht, das ist geschehen. Die Toten von Perchorsk haben sich aus dem Glas, Stein und Metall, das sie umgab, erhoben – die Toten der Magmasse, die bei der Katastrophe mit den unmöglichsten Gerätschaften und Werkzeugen, womit auch immer sie gerade beschäftigt waren, verschmolzen wurden. Verrottende und mumifizierte Kreaturen, halb Mensch, halb Maschine, welche die Explosion mit allem Möglichen verbunden und darin eingeschlossen hatte! Tote, Zwitterwesen, deren entstellte Körper wahrscheinlich genau in diese grauenhaften Ausformungen in der Magmasse passen. Sie haben die Raketen durch das offene Tor gejagt!«
Trask nickte. Mit gedämpfter Stimme entgegnete er: »Das jedenfalls haben uns die Russen erzählt. Aber außer Harry kann niemand die Toten dazu gebracht haben! Er starb auf Starside; er hat uns sogar alle zusammengetrommelt, damals in der Zentrale in London, damit wir zusehen konnten. Und mit der Kraft seiner Gedanken hat er den Abgrund zwischen den Welten ein letztes Mal überbrückt und die Toten zu Hilfe gerufen, um das Tor zu verschließen. Diese Toten, ganz recht ...« Abermals streifte sein Blick die Aushöhlungen in der Magmasse, doch er wandte ihn sofort wieder ab.
»Zum Glück haben sich unsere Wissenschaftler geirrt. Was auch immer dieses Tor ist und woraus es auch bestehen mag – die sowjetischen Atomraketen vermochten es nicht zu zerstören. Es hat sie einfach geschluckt. Kein Rückstoß, nichts! Wir wissen noch nicht einmal, ob sie überhaupt losgegangen sind. Vielleicht hätte man das in die Überlegungen mit einbeziehen sollen. Immerhin handelt es sich bei diesem Tor um eine Einbahnstraße!«
Goodly ergriff ihn am Arm, sah sich nach allen Seiten um und sagte: »Wir müssen eine Abbiegung verpasst haben. Irgendwo da hinten ... gibt es etwas, das du dir ansehen solltest. Außerdem glaube ich nicht, dass wir in dieser Richtung weiter nach Tzonov und seinem Besucher Ausschau zu halten brauchen.«
Während sie sich daranmachten, den Weg wieder zurückzugehen, fragte Trask: »Warum wolltest du, dass wir uns das alles nochmal durch den Kopf gehen lassen?«
»Um mir noch einmal über die Fakten klar zu werden«, erwiderte Goodly. »Was die Zukunft angeht, bin ich ja ganz gut, aber mit der Vergangenheit habe ich es nicht so. Und den interessantesten Teil hast du ja ohnehin weggelassen. Ich rede von der Zeit, als Dschingis Khuv hier das Sagen hatte und er Jazz Simmons durch das Tor nach Starside geschickt hat.«
Die Magmasse lag nun hinter ihnen. Mit seinen zahllosen Abzweigungen wirkte der Gang, der sich vor ihnen erstreckte, mehr denn je wie ein alter Londoner U-Bahn-Tunnel. Schließlich gelangten sie an ein Brandschott in einer Nische zur Linken, auf dem ein Schild prangte, das vor radioaktiver Strahlung warnte. »Ah!«, nickte Goodly. »Da ist es.«
Trask warf einen Blick auf das Schild, sah ein zweites Mal hin und schüttelte den Kopf. »Das ist doch eine glatte Lüge«, sagte er, »um unverbesserlich Neugierige wie dich und mich fernzuhalten. Mein
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