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Totenbeschwörung

Totenbeschwörung

Titel: Totenbeschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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zu Hause sein, sicher hinter den dicken Wänden, geborgen in den Hallen und labyrinthischen Gängen der Saugspitze. Oh, ihm würde schon nichts geschehen, solange er sich und sein Reittier vom tödlichen Glanz der Sonne fernhielt. Doch allein das Wissen darum, dass bald Lanzen aus Licht durch die Nebel der Sternseite stoßen und auf Wrathas Türme und Zinnen herniederbrennen würden, genügte, ihn zu höchster Eile anzuspornen. Denn stand erst einmal die Sonne am Himmel, erwiesen sich die Wamphyri und ihre Gefolgsleute durchweg als Feiglinge.
    Diejenigen unter ihnen, die mehr Mut bewiesen hatten, waren nicht mehr am Leben. Sie hatte dasselbe Schicksal ereilt, das nun der »Lady« Carmen bevorstand; und dies bedeutete den Tod – selbst für Untote!
    Zahar überlief ein Schauder, als er inmitten der vom Boden aufsteigenden Nebelschwaden landete. Er hievte Carmen vom Rücken des Fliegers herab, warf sie sich über die Schulter und erklomm einen geröllübersäten Bergsattel, der im Schatten mehrerer Felsvorsprünge lag. Oben angekommen, sah er, dass sich die ersten Sonnenstrahlen bereits am südlichen Horizont entlangtasteten, doch es würde noch eine Weile dauern, bis sie darüber hinwegfluteten. Zwischen den Felsen fand er einen steinigen Flecken Erde, auf dem er Carmen anpflockte. Mit der Linken hämmerte er die Eisenholzpfähle in den Boden, denn seine rechte Hand und sein rechter Arm schmerzten noch immer. Das wandelbare Fleisch war zwar dabei zu heilen, doch war der Prozess bei Weitem noch nicht abgeschlossen. Als er ihre Hand- und Fußgelenke mit unzerreißbaren Lederriemen an die Pflöcke fesselte, überlief ihn abermals ein Schauder. Zweimal sprang er sogar auf, drehte sich blitzschnell um sich selbst und blickte sich nach allen Seiten um, weil er mit einem Mal das Gefühl hatte, bei seinem Tun beobachtet zu werden. Solche Ahnungen waren ihm nicht neu, er hatte Ähnliches auch früher schon erlebt, damals, als Vasagi der Sauger noch lebte und zugegen war.
    Vasagi war ein Meister in der Kunst der Verwandlung und des Gedankenlesens, und sein Mienenspiel suchte seinesgleichen. Doch der Sauger war tot und Nestor mittlerweile Herr über die Saugspitze ... Dennoch schauderte Zahar. Vielleicht ahnte er den Schatten Vasagis in der Nähe, spürte, dass der Geist seines ehemaligen Gebieters keine Ruhe fand und rastlos in den Bergen umging, wo er voller Angst auf den Sonnauf wartete, in alle Ewigkeit dazu verdammt, jedes Mal aufs Neue zu verbrennen und sich in stinkenden Rauch aufzulösen ...
    Endlich war Zahar fertig und Carmens untoter Leichnam festgezurrt – gerade noch im rechten Moment! Denn die goldene Glut kroch über die südlichen Felsspitzen, setzte die Gipfel in Flammen und tauchte den Bergrücken in ihr giftgelbes Licht. Doch noch war die Sonne selbst auf ihrem steten Weg nach Osten nicht zu sehen. Zahar war klar, dass der glühende Feuerball, wenn er denn auftauchte, das Letzte sein würde, was er zu Gesicht bekäme. Es wurde Zeit für ihn zu verschwinden.
    Abermals überkam ihn das Gefühl, beobachtet zu werden. Doch er hatte es eilig, und statt darauf zu achten, rannte er zurück zu seiner Bestie. Im nächsten Augenblick hatte sie sich in die Luft geschwungen, ging in einen sanften Gleitflug über und schwebte auf die Findlingsebene hinaus. Zahar spürte geradezu, wie der Gluthauch des goldenen Ungeheuers die Luft um ihn herum in reines Gift verwandelte, und ihm war, als höre er in seinem Rücken die goldenen Klauen schon über die Felsen scharren. Doch er fürchtete den Feuertod so sehr, dass er sich kein einziges Mal umwandte, sondern sich in seinem Sattel zusammenkauerte und, den Blick starr nach vorn gerichtet, wie ein Pfeil auf die Wrathhöhe zuschoss.
    Hinter ihm, wo sich zwischen den Felsvorsprüngen allmählich das Sonnenlicht breit machte und immer näher an Carmens Füße kroch, erkannte der Vampir in ihr endlich die Gefahr und bäumte sich auf. Schreiend erwachte sie aus dem Schlaf der Untoten, den sicheren Tod vor Augen ...
    Doch noch etwas anderes kam herangekrochen! Aus dem Schatten der ringsum stehenden Felsen löste sich eine in einen Umhang gehüllte Gestalt. Sie trug ein Tuch vor dem Gesicht, in das zwei Löcher geschnitten waren, hinter denen ein Paar gelblich glühender Augen flammte. Das Wesen nahm einen Stein, zertrümmerte die Pflöcke aus Eisenholz und half Carmen auf. Schluchzend stolperte sie hinter der Gestalt her, weg aus der drohenden Umarmung der Sonne. Der Unbekannte

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