Totenbeschwörung
irrsinnig, was ihn letztlich zu seinem Entschluss bewogen hatte, war die Tatsache, dass der Nekromant Lord Nestor Leichenscheu es für richtig hielt, Wrathas Pläne zu unterstützen. Und was Nestor recht war, sollte Canker nur billig sein. Der Hunde-Lord hing so sehr an seinem jungen Freund, dass Nestor nur einen Vorschlag zu machen brauchte, und schon war Canker Feuer und Flamme.
Bei einem Treffen in der Wrathspitze ersannen die drei einen Plan, eine Strategie, gegen die Szgany vorzugehen, und setzten sie schon beim nächsten Sonnunter in die Tat um. Sie nahmen ihre Krieger und Leutnants, selbst noch die Anwärter auf einen solchen Posten, und fielen gemeinsam über die Sonnseite her.
Es wurde ein Raubzug, an den sie sich noch lange erinnern sollten!
Wratha hatte keine Ahnung, wie man einen Krieg führt, und weder Nestor noch Canker waren darin bewandert. Darum war ihr Plan simpel. Ein Trupp sollte die Szgany aufstöbern und sie dem nächsten, dessen Formation einem Trichter glich – vorn weit auseinandergezogen und nach hinten zu immer enger, sodass niemand hindurchschlüpfen konnte –, in die Arme treiben. Ein dritter Trupp lag im Hinterhalt, um jeden etwaigen Fluchtversuch zunichte zu machen und die Beute zurückzutreiben, damit man sie abschlachten konnte.
Kaum eine Stunde nach Sonnunter überquerten Nestor, Canker und Wratha mit ihren Truppen das Grenzgebirge etwa auf halber Strecke zwischen dem Tor zu den Höllenlanden auf der Sternseite und dem auf der Sonnseite gelegenen Siedeldorf, also wenig mehr als achtzig Kilometer westlich der Stelle, an der der Große Pass in die Sternseite mündete. Während Canker mit seiner Schar in den Hügeln über der Sonnseite landete und eine Rast befahl, um zu warten, teilten Nestor und Wratha ihre Truppen auf und steuerten das Waldgebiet an. Wratha hielt sich in westlicher Richtung, Nestor dagegen nach Osten, dann vollführten sie einen Schwenk, um in einer Entfernung von circa drei Kilometern parallel nebeneinander herzufliegen. Um sicherzugehen, dass man sie auch wirklich sah, hielten sie sich ein gutes Stück unterhalb der Wolkendecke. Die Szgany sollten das Grollen und Getöse der Krieger schon von Weitem vernehmen.
Jede Travellersippe, die sich dort unten aufhielt, würde zunächst in Deckung gehen und reglos verharren, die Übelkeit erregenden Ausdünstungen aus den Stoßdüsen der Krieger, die sich in Schwaden aus dem nächtlichen Himmel herabsenkten, klaglos ertragen und darauf warten, dass der Schrecken hoch oben vorüberzog. Doch sobald sie sich wieder sicher fühlten, würden sie aus ihren Schlupflöchern kommen, sich in kleine Gruppen aufteilen und nach geeigneteren Verstecken suchen. Einige würden Glück haben und es schaffen zu entkommen, ehe die Falle zuschnappte. Andere hingegen würden den Wamphyri direkt in die Arme laufen.
Wie dunkle Gewitterwolken stoben Wratha, Nestor und ihre Horden über den Himmel. Auf ihrem Weg nach Süden besetzten sie strategische Stellen des Waldgebietes mit ihren Kriegern oder ließen hier und da einen Flieger samt seinem Reiter zurück, um nach Plätzen Ausschau zu halten, von denen sie sich problemlos wieder in die Lüfte erheben konnten. Derart knüpften sie die Maschen ihres Netzes und zogen es immer weiter in Richtung Süden.
Nachdem die beiden Gruppen den Wald etwa sieben oder acht Kilometer hinter sich gelassen hatten, vollführten sie in der Luft eine Zangenbewegung und vereinten sich wieder. Bis auf Nestor und Wratha und ihre jeweiligen Stellvertreter lenkten die Reiter der verbliebenen Flieger ihre Tiere hinab, ohne jedoch den Boden zu berühren. Sie saßen ab und mit leeren Sätteln schraubten sich die Bestien wieder in den Himmel. Während der Lord und die Lady hoch oben eine Kehrtwendung beschrieben und zurück nach Norden jagten, ins Herzstück ihrer Falle, bahnten sich ihre Knechte am Boden einen Weg durch das Unterholz auf die Grenzberge zu und veranstalteten dabei einen Heidenlärm.
Ganze Scharen verängstigter Szgany wurden so alle in eine Richtung gescheucht. Hinter ihnen brüllten und grölten die Vampirknechte, zur Linken und Rechten fauchten und zischten ungeheure Kampfkreaturen. Die Nacht war erfüllt von Gefahr: Überall sahen sie blöde mit dem Kopf nickende Flugbestien, hörten das Grunzen monströser, schwer gepanzerter Krieger, und wie aus dem Nichts konnte aus dem Dunkel jederzeit irgendwo ein hünenhafter Leutnant auftauchen.
Unterdessen ...
... war Canker mit seiner Meute von den
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