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Totenbeschwörung

Totenbeschwörung

Titel: Totenbeschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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auch gern mit mir auf die Sonnseite fliegen und in den düsteren Wäldern dein Glück versuchen?«
    »Ich habe doch gar nichts gesagt.« Gorvi zuckte die Achseln und zügelte sein Tier etwas. »Ich wollte nur ein Gespräch beginnen, das ist alles. Du hast also einen Gefangenen gemacht. Aber einen ganz schön hochmütigen, wenn mich nicht alles täuscht.«
    Abermals wandte Nestor den Kopf, um zu Gorvi zurückzublicken, und diesmal kräuselten sich seine Lippen ein bisschen, als er rief: »Du willst also wissen, wer ich bin, Gorvi der Gerissene? Dann sprich mit mir, nicht über mich! Ich heiße Nestor – Lord Nestor von den Wamphyri, und was ich mit Sicherheit nicht bin, ist ein Gefangener!«
    »Eh?«, zeigte Gorvi sich überrascht, wenn nicht empört. »Aber ...«
    »Kein Aber!«, schnitt Wran ihm das Wort ab. »Bei meinem offiziellen Empfang wirst du alles Wissenswerte erfahren. Doch bis dahin halte deine Nase heraus! Ich unterweise den jungen Lord Nestor in den Sitten und Gebräuchen, die wir in unserer Feste pflegen, und erkläre ihm, wer wohin gehört und wofür verantwortlich ist, je nachdem, welches Stockwerk er bewohnt. Unsere Zeit ist knapp bemessen. Also mach, dass du wegkommst!«
    Gorvi nahm die Zügel kürzer und ließ sich zurückfallen.
    Stolz fuhr Wran fort: »Die direkt darüber liegenden Geschosse – ziemlich viele, wie du siehst – gehören mir. Mir und meinem Bruder Spiro. Dort haben wir die Kontrolle über die Hauptabfallgruben und die Methankammern. Das ist eine sehr große Verantwortung, eine schwere Bürde, die auf unseren Schultern lastet ... Aber sie sind schließlich auch breit genug, sie zu tragen! Ohne die unermüdlichen Anstrengungen der Gebrüder Todesblick gäbe es in der Feste weder Heizung noch Licht und zu guter Letzt wäre sie unbewohnbar. Unsere Irrenstatt umfasst sieben große Stockwerke mit hohen Decken. Sie sind in der Tat riesig und haben auch eine entsprechende Ausdehnung in die Breite. Weißt du, im Gedächtnis an unsere ehemalige Stätte in Turgosheim haben wir den Ort Irrenstatt genannt. Auch wenn unser verwunschenes altes Heim im östlichen Vorgebirge kein Vergleich zu der neuen Irrenstatt ist. Und erst die Ausstattung!
    Wir verfügen über Landebuchten, Bottiche zum Züchten von Kreaturen, Räumlichkeiten aller Art, Hallen und Ställe. Wenn in Turgosheim die Tributzahlungen bevorstanden, war kaum noch frisches Fleisch zu bekommen. Wir haben Vieh gehalten, um unseren Speiseplan aufzustocken. Und hier?! Die Sonnseite ist eine einzige gut bestückte Speisekammer, ein Bienenstock voller Honig, ein unerschöpflicher Vorrat an Leckereien ... was immer du willst.« Mit einem widerwärtigen Kichern warf er einen Seitenblick auf Nestor.
    Während sie höherstiegen, begann Nestor allmählich zu frösteln, denn die Kälte drang ihm bis auf die Knochen. Bald ... würde ihm das nicht mehr viel ausmachen. Vorerst jedoch saß er noch im Sattel wie ein Eiszapfen. Doch wie dem auch sei, er wurde abgelenkt, als aus einer gähnenden Landebucht plötzlich Spiro Todesblick auf dem Rücken eines Fliegers auftauchte. »Ho, Bruder!«, rief er Wran ausgelassen zu. »Du hast es also ein für alle Mal geklärt und den Sauger gibt es nicht mehr. Ich für mein Teil habe niemals daran gezweifelt, wie es ausgehen würde. Aber was hast du mit ihm angestellt ... und wer ist dein Freund dort?« Seine Augenbrauen zogen sich zu einem Stirnrunzeln zusammen, als er Nestor erst einen Blick zuwarf und ihn dann unverhohlen anstarrte.
    Nestor erwiderte den Blick und prägte sich Spiros Äußeres in allen Einzelheiten ein. Die Brüder waren offenkundig Zwillinge, wahrscheinlich sogar eineiige, auch wenn sie sich in ihren Eigenarten und der Art, sich zu kleiden, so deutlich voneinander unterschieden wie der Tag von der Nacht. Denn während Wran tatsächlich ganz wie ein Lord aussah – jedenfalls so, wie Nestor sich immer einen Lord vorgestellt hatte – wirkte Spiro viel eher wie ein Landstreicher oder Rowdy. Er gab sich wie ein Rüpel, die Unterlippe hing ihm herab und sein Gesichtsausdruck war in erster Linie bösartig. Seine Kleidung war, gelinde gesagt, unansehnlich. Ein Lederfetzen als Hemd, ein schmutziger Lendenschurz und ein Tuch um die Stirn, um das ungekämmte Haar aus den feurigen, blutroten Augen zu halten. Abgesehen davon und von der Tatsache, dass Wran einen kleinen, schwarzen Leberfleck am Kinn hatte, glichen sich die beiden Brüder wie ein Ei dem anderen. Beide waren groß, breitschultrig und ein

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