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Totenbeschwörung

Totenbeschwörung

Titel: Totenbeschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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den Rändern. Sie sahen tatsächlich so aus wie Bären, nur dass ihre Arme und Beine über keinerlei Knochen verfügten und allein von elastischem Knorpel gestützt wurden. Sie waren allerdings beweglich genug, sich zu erheben und sich auf ihre unglücklichen Opfer zu stürzen.
    Mehr noch: Nestor sah, wie viele Mäuler sie hatten. Wie der Wächter im Treppenschacht waren sie recht gut bestückt, was das anging – oder vielmehr gerade ausreichend bestückt, zog man in Betracht, was Vasagi im Sinn gehabt hatte, als er sie schuf. Die Kreaturen bestanden aus nichts als Maul, Magen und Muskeln, die alles zu zerquetschen vermochten, was ihnen in die Quere kam. An der Oberseite saßen, im Fell verborgen, winzige, rote Augen. Die zahllosen Mundöffnungen waren klein und rot und eigneten sich hervorragend zum Saugen. Zähne sah Nestor keine, und falls sie doch welche hatten, waren sie nicht groß genug, um aufzufallen. Aber der Geifer, der ihnen aus den Mäulern troff, verdampfte zischend, sobald er den Stein berührte, und Nestor war klar, dass es sich um so etwas wie Säure handelte. Und mit einem Mal verstand er.
    Wenn einen ein derartiges Wesen umfing, konnte man sich nicht mehr rühren, man klebte regelrecht fest wie eine Fliege im Honigglas. Sie erstickten ihre Opfer, zersetzten sie mit ihren Verdauungssäften und schlürften sie schließlich auf. Zurück blieb nichts als ein Haufen sauber abgelutschter Knochen! Doch Nestor war kein Opfer!
    Sein Ei war zwar nur eine Kaulquappe. Aber es war stark und wurde mit jedem Augenblick stärker. Es bezog seine Kraft aus Nestor, der an sich schon eine starke Persönlichkeit war. Die Wächter der Saugspitze hatten Vasagi Gefolgschaft geleistet und jetzt gehörten sie allesamt ihm. Er musste ihnen begreiflich machen, dass er keine weiteren Drohgebärden mehr dulden würde, nicht in seinem eigenen Haus!
    Er blieb stehen, räusperte sich und spie dem sich vor ihm erhebenden Ungeheuer mitten hinein in seine giftigen Eingeweide! Dann wirbelte er auf dem Absatz herum, deutete gebieterisch, drohend mit dem Finger auf die zweite Bestie und herrschte sie in einem Ton, der sie zurückweichen ließ, mental an: MACH, DASS DU WEGKOMMST!
    Er trug einen Teil von Vasagi in sich, und das erkannten diese Wesen nicht minder als die anderen merkwürdigen Geschöpfe, die der Sauger hervorgebracht hatte. Als wären sie Fellbündel, sanken sie auf die Stufen nieder und krochen unterwürfig zurück an ihre angestammten Plätze. In der ganzen Saugspitze gab es nun nichts und niemanden mehr, der sich ihm widersetzt hätte.
    Canker war beeindruckt und hielt sich womöglich noch dichter an ihn, als sie nach oben in die über dem großen Saal gelegenen, ehemaligen Gemächer Vasagis stiegen. Wran und Spiro waren nirgends zu sehen. Sie erkundeten die Stätte auf eigene Faust, eine Tatsache, die Nestor keineswegs entging. Nun, er würde ihnen diese Unverfrorenheit durchgehen lassen ... vorerst zumindest.
    Am oberen Ende der breiten Treppe erstreckten sich nach links und rechts aus Knorpel gefertigte Balkons. Sie waren an Felssimse gefügt und umspannten dicht unter der Decke die Hälfte der riesigen Halle. Hier oben konnte Nestor umhergehen und ein Auge darauf haben, was die gemeinen Knechte und seine Leutnants so trieben. Von der Rückwand der Simse führten Gänge zu kleineren Gemächern, Galerien und Lagerräumen, zu schwindelerregenden, auf Strebepfeilern aus Knorpel ruhenden Beobachtungsplattformen, zu Landebuchten und Stallungen in der Außenwand der Feste, wo jene tiefen Furchen den Fels durchzogen, die so großen Eindruck auf Vasagi gemacht hatten.
    Als Nestor sich vom äußersten Eckturm aus so weit wie möglich nach rechts lehnte, genau nach Süden, konnte er in der Ferne die goldenen Spitzen der Grenzberge ausmachen, während sich der Saum der Wolken hoch oben über der schwankenden Wrathhöhe im Dunst des tödlichen Sonnenlichts silbern färbte. Dieser Anblick rief ihm ins Gedächtnis, wie spät es war, wo er sich befand und wie es um ihn bestellt war. Hatte er sich soeben noch für unbezwingbar gehalten, wurde ihm mit einem Mal klar, dass die Sonne ihn töten konnte, dass er im Vergleich mit der erhabenen Majestät des Felsenturmes ein Nichts war. Dieser Gedanke dämpfte seine Begeisterung merklich ...
    Das mochte ganz gut sein, denn nach dem Ausblick, den die Plattformen, Landebuchten und Beobachtungstürmchen boten, fand Nestor Vasagis Gemächer doch etwas ernüchternd. Offensichtlich hatte der

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