Totenblick: Thriller (German Edition)
Klötzchen erkennen.
Linker Hand lag der Bergbau-Technik-Park, der mit seinen beiden gewaltigen, in die Höhe ragenden Abbaumaschinen daran erinnerte, was früher in diesem Areal geschehen war. Die tiefen Löcher vom Tagebau verwandelten sich in das Leipziger Neuseenland. Wie stählerne Dinosaurierskelette erhoben sich der Schaufelradbagger und der Bandabsetzer.
Lackmann folgte dem Polizisten, der bereits die Halde hinunterging, ohne auf ihn zu warten.
Es wäre sicherlich einfacher gewesen, unten an der Aufschüttung zu parken und dann zu laufen, zumal sich mehrere Zubringerstraßen herumzogen, aber auf diese Idee schien niemand gekommen zu sein.
Zwei weiße Gestalten liefen in einem abgesperrten Bereich umher. Lackmann erkannte die Leiche kaum, um die sie herumstaksten, so dicht wucherte das Grün. Die Natur war erstaunlich intakt. Er hatte mit hervorsickernder stinkender Brühe und toten Tieren gerechnet, dabei sah es fast nach Landschaftsschutzgebiet aus, in dem die Vögel zwitscherten.
Die Herrschaften der Spurensicherung waren cleverer gewesen und hatten ihren Transporter auf der nahen Straße abgestellt.
Lackmann näherte sich ihnen. Sie gehörten zum LKA und waren ihm unbekannt. Der Leipziger Kripo und der ständig wachsenden SoKo gingen dank des Bildermörders die Leute aus. »Guten Morgen. Ich bin Kommissar Lackmann.«
»Guten Morgen, Herr Kommissar. Ich bin Trenker, das ist mein Kollege Schröder.« Trenker, der eher an Bud Spencer als an einen drahtigen Bergsteiger erinnerte, grüßte ihn mit einem Handzeichen, das gleichzeitig bedeutete, näher zu kommen. Schröder hielt sich im Hintergrund und brachte einen Koffer zum Transporter zurück. »Wir haben schon alles gesichert. Viele Spuren gab es nicht. Niedergetrampeltes Gras, der Abdruck von geschraubten Profilsohlen und«, er zeigte auf den Toten, »den hier.«
Lackmann sah der Leiche ins Gesicht und erkannte Gunther Sterz, der noch die Polizeihandschellen sowie einen Gips am rechten Arm trug.
Der Mörder hatte ihn mit verschiedenen, sehr kräftig leuchtenden Farben überschüttet, wie es aussah. Die Farbe quoll sogar aus seinem Mund und verströmte einen intensiven Geruch, der sich gegen den Duft der geknickten Halme durchsetzte.
Um Sterz herum lagen die Fotos von berühmten Gemälden, die bereits als Neuinszenierung vom Täter benutzt worden waren: Marat, Kleopatra, Guernica.
Ein Papier war zu einer engen Röhre zusammengerollt und schaute zwischen den geöffneten Lippen hervor.
»Die Hämatome im Gesicht sind älter und stammen vom Überfall«, erklärte Trenker. »Die Farbe, die Sterz auf und vermutlich in sich hat, ist Ölfarbe. Wie es aussieht, ist er damit in Verbindung mit dem Papier erstickt worden. Das Röhrchen diente als eine Art Trichter.«
»Holen Sie die Rolle bitte raus«, bat Lackmann.
Trenker nahm eine lange Pinzette und zog damit das triefende Blatt hervor. Behutsam rollte er es auf.
Lackmann beugte sich nach vorne, um am breiten SpuSi vorbeischauen zu können. Trotz der bunten Schlieren erkannte er das Motiv: Es handelte sich um eine Filmaufnahme von Psycho. Die Szene unter der Dusche. Das Ende von Marion Crane war auch das Ende von Sterz.
Lackmann betrachtete den Polizistenmörder mitleidslos. Er hatte bekommen, was er verdiente. Gleichzeitig bedeutete es, dass ihr Mörder seine Drohung wahrgemacht hatte, den Fälscher zu töten.
Und er hatte Peter Rhode vermutlich zusammen mit dem begleitenden Beamten in seiner Gewalt.
Lackmann tastete nach seinem Metallfläschchen, in dem er den Wodka aufbewahrte. Er fand es, zog es heraus und nahm einen Schluck: Das Exempel war statuiert worden.
Was wollte der Mörder dann noch mit Rhode?
Die Antwort, die er sich selbst geben musste, lautete: Totenblick.
Es konnte sein, dass sein Vorgesetzter zu denen gehörte, die ihr verrückter Mörder als Opfer auserkoren hatte.
»Ich gehe wieder zum Wagen zurück. Den Obduktionsbericht gleich an mich«, bat Lackmann und sah zur flachen Haldenspitze hinauf. Nachdenklich begann er mit dem Rückweg.
Es eskalierte immer weiter, und er war froh, nicht mehr zur SoKo Bildermorde zu gehören. Die Sorge um Rhode machte ihm schon genug zu schaffen.
Frida Bernanke war erst nach einer Stunde tot am Boden des Fahrstuhlschachtes gefunden worden, nachdem sich das Chaos rund um die Brandstelle in der Büttnerstraße gelegt hatte. Vom SEK-Lockvogel, der die Rolle des Fälschers übernommen hatte, fehlte jede Spur. Er schien ebenso in die Hände des oder
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