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Totenbraut (German Edition)

Totenbraut (German Edition)

Titel: Totenbraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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ich, dass keiner zu dem eingeschlagenen Fensterladen schauen würde. Und mein Gebet wurde erhört.
    Anđelko spähte in den Schacht. „Gib mir die Fackel!“, befahl er Manko und stieg die Treppe hinunter.
    Verstohlen betrachtete ich die Dörfler: ihre misstrauischen, düs teren Mienen, gezeichnet von Wochen der Furcht und von der Hoffnungslosigkeit eines drohenden Hungerwinters. Sie wichen meinem Blick aus. Nur Olja starrte mich feindselig an. Ich war froh, als Anđelko endlich wieder ans Tageslicht trat.
    „Dein Schwiegervater war ein frommer Mann“, sagte er nur und gab Manko die Fackel zurück. Er weiß es nicht! , dachte ich mit einem Gefühl der Erleichterung, das mich schwindelig machte. Danilo hat nicht verraten, wo sie seinen Bruder finden!
    Der Priester deutete auf Simeon, der sich bereits wieder zu regen begann. „Sperrt den armen Teufel ein, bis er wieder zu Verstand kommt“, sagte er gönnerhaft. „Am besten in einen der Türme. Evica, sieh nach, wo die Verstorbene aufgebahrt ist, und pass auf, dass kein Tier in die Stube kommt. Und du, Jasna, bring mich zu eurem Stall. Wir müssen das Grab eines Vampirs auf eurem Hof finden. Und dazu brauche ich ein schwarzes Pferd. Keine Stute.“
    „Ein Vampir? Bei uns?“ Ich versuchte überrascht zu klingen. „Und wo ist mein Mann?“, setzte ich energisch hinzu. „Warum ist er nicht bei euch?“
    Der Priester wandte sich an die Dörfler. „Geht vor. Ich habe mit Jasna zu reden.“
    Anđelko wartete, bis die Gruppe ein ganzes Stück vorausgelaufen war, dann gingen wir gemeinsam zum Stall. Ich suchte den Waldrand mit Blicken ab und hoffte, dass Dušan sein Versprechen hielt und Vampir in Sicherheit brachte.
    „Dein Mann ist bei mir im Pfarrhaus“, raunte der Priester mir zu. „In Sicherheit, das hoffe ich zumindest. Es geht ihm gut – nun, bis auf die Tatsache, dass sie ihn nicht gerade sanft behandelt haben.“ Er seufzte und schüttelte den Kopf. „Die Leute hassen ihn wirklich. Aber vielleicht ändert sich das, wenn wir den Vampir endlich gefunden haben.“
    „Hat er wirklich von einem gesprochen?“, fragte ich.
    Anđelko wiegte den Kopf. „Nicht direkt. Es scheint ein großes Geheimnis zu sein. Aber ich verstehe es, auch zwischen den Worten zu lesen. Und den Weg wird uns das schwarze Pferd zeigen!“
    Sie holten den jüngsten Rappen aus dem Stall. Sein Fell war staubig und die Mähne zerrauft, lange Zeit hatte sich niemand mehr richtig um ihn gekümmert. Es entging mir nicht, wie angewidert Olja das zerbrochene Geschirr auf dem Hof und den leeren Hühnerstall betrachtete. Weitere Fackeln wurden entzündet und herumgereicht, während ich dem Rappen den Zaum anlegte und Anđelko den Zügel gab. Der Priester war nervös, ruhelos schweifte sein Blick über die Anhöhe und den Waldrand.
    „Gehen wir“, murmelte er. Er führte den Rappen über den Hof und an der Mauer entlang.
    Die Männer und Olja folgten uns in einiger Entfernung. Ich konnte ihre Blicke im Nacken spüren und kam mir vor, als würde ich eine Rolle in einem Gauklerstück spielen: die Gutsherrin, die ich längst nicht mehr war. Wer bin ich überhaupt?, dachte ich bitter. Die Geliebte eines Räubers und Lügners?
    Ich riss mich zusammen und zwang mich, mit erhobenem Kopf neben Anđelko weiterzugehen.
    Der Priester führte den Rappen um den Schwarzen Turm herum, an meinem ehemaligen Turm vorbei und von dort aus über die Anhöhe. Jovans Grab lag noch offen da, doch das Tier scheute auch in seiner Nähe nicht.
    Die Oktobersonne hatte ihre Kraft bereits verloren und ein kalter Wind ließ die Fackelfeuer fauchen. Nach einer Stunde hatte das Pferd immer noch nichts gefunden. Unmut machte sich breit.
    „Was ist, wenn es hier keinen Vampir gibt?“, rief Pandur. „Wo suchen wir dann? Oder hat der Dhampir dich absichtlich an der Nase herumgeführt, Pope?“
    Anđelko sah aus, als hätte er jetzt gerne geflucht, aber er schüttelte nur den Kopf und zerrte verbissen am Zügel. Das Pferd war gelangweilt, es senkte den Kopf und versuchte ein Maulvoll Gras zu rupfen, das zwischen zwei Schneehügeln hervorlugte. Der Priester legte ihm die rechte Hand auf den Widerrist und zog mit der Linken mit aller Kraft am Zügel. Dann führte er es ein Stück weiter bergab, in Richtung des Weges, auf dem ich immer zum Dorf gegangen war.
    „Vielleicht am Waldrand ... ! “, rief ein Mann unwillig von hinten.
    In diesem Augenblick quiekte das Pferd, stieg auf die Hin terbeine und machte einen Satz zur Seite.

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