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Totenbraut (German Edition)

Totenbraut (German Edition)

Titel: Totenbraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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erwürgt.“
    „Meine Frau hatte bis zu ihrem letzten Atemzug Angst vor ihr“, knurrte Šime.
    „Das ist nicht wahr!“, rief ich empört. Hilfe suchend blickte ich mich zu Anđelko um.
    Der Priester knetete seine Hände, sein Blick flog. Die Stimmung drohte zu kippen, wir wussten es beide, und er schien zu überlegen, was er tun sollte.
    „Branka musste auch daran glauben!“, kreischte Olja weiter. „Du hast gesagt, du würdest sie bald besuchen, und das hast du getan! Nachts bist du durchs Fenster gekommen und hast sie erwürgt!“
    „Nein!“, schrie ich.
    Pandur starrte mich unheilvoll an. Bei Saniyes Anblick hatte ich kein Entsetzen verspürt, aber jetzt lernte ich die Todesangst kennen.
    „Ich bin kein Ungeheuer!“, beteuerte ich. „Und die Frau im Grab ist auch keines. Es ist nur ein Körper. Eine Hülle, die sich erhalten hat!“
    Ein Zischen aus einem Dutzend Mündern war die Antwort.
    „Nehmt die Pflöcke herunter!“, sagte Anđelko ruhig und trat zu mir. „Ihr glaubt, dass sie ein Vampir ist? Nun, in einem habt ihr Recht: Es gibt tote Vampire und auch lebende. Aber man muss genau prüfen, wen man vor sich hat, damit man keinen Unschuldigen umbringt. Streck die Hand aus, Olja!“
    Ich verstand und atmete auf. Zvonkas Schwester wurde bleich, aber sie gehorchte und trat vor. Anđelko nahm sein Kreuz ab und drückte es ihr auf die Hand. „Nichts!“, rief er. „Wäre sie eine von ihnen, hätte sie vor Schmerz aufgeschrien. Jasna, unterziehst du dich der Prüfung?“
    Ich nickte etwas zu heftig. Meine Knie waren weich, doch ich machte einen Schritt nach vorn. Anđelko wandte sich zu mir um und lächelte beruhigend. „Keine Regung!“, raunte er mir warnend zu. Ich nickte leicht und streckte meine zitternde Hand aus. Er umfasste mein Handgelenk sacht mit der Rechten und hielt sein Kreuz mit der Linken in die Höhe. Dann senkte er es auf meinen Handrücken.
    Der Schmerz flutete so jäh durch meinen Unterarm, dass mein Mund schon aufschrie, bevor ich begriffen hatte. Ich entriss dem Priester den Arm, umklammerte mein Handgelenk und stolperte zurück. Es war nicht mein Handrücken, der brannte, sondern die Stelle, an der seine rechte Hand einmal kurz zugepackt hatte – im selben Moment, in dem das Kreuz meine Haut berührt hatte. An der Innenseite meines Unterarms war eine kaum sichtbare Stichwunde, die schlimmer brannte als tausend Stiche von Brennnesseln. Aber nicht annähernd so schlimm wie der Verrat.
    „Er hat einen Dorn in der Hand!“, schrie ich. „Es ist Betrug! Er hat von Anfang an gewusst, wo das Grab liegt! Mit dem Dorn hat er auch das Pferd zum Scheuen gebracht!“
    Die Dörfler antworteten mir nicht, ich bezweifle, dass sie mir überhaupt zuhörten. Sie starrten nur Anđelko an. Er hängte sich das Kreuz wieder um, ohne mich eines Blickes zu würdigen. „Sieh an, ihr hattet Recht“, sagte er dann trocken. „Fesselt sie!“

Saadabad
     

    E
s war nicht schwer für die Männer, mich zu überwälti gen, auch wenn ich mich mit aller Kraft wehrte. Während ihre groben Hände mich packten, sah ich mich selbst im Spiegel von Oljas Furcht: das Ungeheuer aus der Fremde, das ihre Schwester Zvonka auf dem Gewissen hatte. Ich fühlte ihren tiefen Hass, der ihrer Trauer und Verzweiflung entsprang, und konnte sie sogar verstehen.
    Als ich wenig später mit schmerzendem Kopf wieder zu mir kam, erkannte ich zunächst nur bunte Lichter und verschwommenen Kerzenschein. Nach und nach begriff ich, dass sie mich in den Keller unter dem Schwarzen Turm gebracht hatten. An die Wand gelehnt lag ich mehr, als ich saß, inmitten von zerbrochenen Heiligenbildern. Meine Hände waren auf dem Rücken gefesselt.
    Anđelko saß nicht weit von mir auf dem Bett und betrachtete mich so düster, als würde er mich tatsächlich für einen Vampir halten. Sofort war ich hellwach. Ich wollte auf die Beine springen, doch er schüttelte warnend den Kopf. „Gib dir keine Mühe“, sagte er ruhig.
    Die eingeschnürten Handgelenke pochten im Takt meines rasenden Herzens. Mit einem hastigen Blick erfasste ich die Zerstörung um mich. Jedes einzelne Bild war von der Wand gerissen worden, die Vorhänge lagen am Boden, die Türen der Kommode waren weit geöffnet, sogar der Teppich schlug Falten – offenbar hatte der Pope alles durchwühlt. Wonach hatte er gesucht? Neben seinem Fuß lagen die Scherben der tönernen Figur aus Saniyes Grab.
    „Tja, eure Stumme hat mich tatsächlich übers Ohr gehauen“, sagte Anđelko und

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